Nick Bostrom: Superintelligenz
Suhrkamp, Berlin 2014
480 Seiten, 28 Euro
Unter dem Zepter der Maschinen
Die Tage der Menschheit als Krone der Schöpfung sind gezählt, glaubt der Oxforder Philosophieprofessor Nick Bostrom. Mit Unmengen an technischen Fakten und Computertheorie entwirft er in seinem Buch eine Horrorversion der Zukunft. Doch wichtige Fragen bleiben unbeantwortet.
Fußball spielende Roboter, automatische Staubsauger, Apples Sprachassistentin Siri – dass Maschinen menschliche Intelligenz simulieren, gehört längst zum Alltag. Auf den ersten Blick wirkt das auf viele wie harmlose Spielerei. Für den Oxforder Philosophieprofessor Nick Bostrom ist es jedoch weit mehr. Er sieht in den digitalen Arbeitserleichterungen Vorboten einer Entwicklung, an deren Ende die Auslöschung der Menschheit stehen könnte. Und zwar spätestens dann, wenn sich all die Errungenschaften der Künstlichen-Intelligenz-Forschung zu einem Puzzle zusammenfügen – zu einer Maschine, die über eine sogenannte Superintelligenz verfügt.
Dieses unberechenbare maschinelle Wesen, mutmaßt Bostrom, erblickt vielleicht schon in diesem Jahrhundert die Welt. Es verfügt über einen Intellekt, "der die menschliche kognitive Leistungsfähigkeit in nahezu allen Bereichen weit übersteigt" und damit selbständig agieren wird, ohne dass noch jemand Einfluss nehmen kann – so das Szenario des Wissenschaftlers. Wird dieser Roboter den Menschen "freundlich gesinnt" sein? Bostrom erklärt das zur Schlüsselfrage und mahnt zu Wachsamkeit: Das existenzielle Risiko einer feindlichen Übernahme durch die Maschinen zu reduzieren, sei die "größte und letzte Aufgabe der Menschheit."
Statt Erhellung produziert Bostrom vor allem Beklemmung
Mit seinem Buch will er dazu einen Beitrag leisten. Deshalb nimmt er zunächst allen Zweiflern den Wind aus den Segeln. Experten sind sich nämlich absolut uneins darüber, ob die Entstehung einer Superintelligenz überhaupt realistisch ist. Doch laut Bostrom sprechen die Zahlen dafür. Steigende Wachstumsraten führten dazu, dass die Wirtschaft im Jahr 2100 rund 34 Mal reicher sei als heute. Damit sei die Aussicht auf eine Superintelligenz gegeben. Ausführlich skizziert er mögliche Wege dorthin. Schritt eins ist, überhaupt erst einmal Künstliche Intelligenz zu schaffen – zum Beispiel über klassische Problemlösungssoftware, durch Gehirn-Emulation oder durch Cyborgisierung, das heißt, indem man Computerchips in biologische Gehirne implantiert.
Schon hier stellt sich das Gefühl ein, man befände sich mitten im Horrorkabinett. Das Problem: Man wird mit so vielen technischen Details überschüttet, dass man kaum folgen kann. Statt Erhellung produziert Bostrom deshalb vor allem Beklemmung. Sein Vorhaben, aufzuklären geht damit völlig nach hinten los. Das ändert sich leider auch nicht, wenn er zum eigentlichen Kern seines Buches kommt, dem Szenario einer Machtübernahme durch die Superintelligenz. Dorthin sei es nur einer weiterer kleiner Schritt, denn die künstlichen Intelligenz-Gestalten könnten sich nun ganz ohne menschliche Hilfe permanent selbst optimieren. Werden sie schleichend das Zepter an sich ziehen? Verdrängen sie den biologischen Mensch in die Nische?
Antworten darauf hat auch Bostrom nicht – so sein Fazit, aufgeblasen mit mathematischen Formeln und Computertheorie. Das ist schade, denn das Thema ist zu wichtig, als dass man es einer spekulativen Polemik überlässt sollte.