Christian Kreiß: Gekaufte Forschung – Wissenschaft im Dienst der Konzerne
Europa Verlag, München 2015
240 Seiten; 18,99 Euro
Wissenschaft ist käuflich
Der Einfluss von Konzernen auf die universitäre Forschung hat zugenommen. Christian Kreiß kennt dieses Problem aus eigener Anschauung und liefert viele Beispiele. Doch ganz ausgewogen ist sein Buch nicht.
Die Freiheit der Wissenschaft gilt an deutschen Universitäten als hohes Gut und wird immer wieder gegen Eingriffe aus verschiedenen Richtungen verteidigt. Wenn aber Großkonzerne mit Geld winken, werden Wissenschaftler gerne schwach. Deshalb hat der Einfluss der Industrie auf die Forschung in den letzten Jahren ständig zugenommen.
Auch Christian Kreiß, der Autor dieses Buches, geriet in Versuchung, als ihm die Stiftungsprofessur einer renommierten Universität angetragen wurde. Eine Unternehmensberatung hatte das Geld für die Professur zum Thema Investmentbanking zur Verfügung gestellt. Solche Stiftungsprofessuren gewährleisten beste Kontakte in die Wirtschaft. Viele Universitäten freuen sich über die Unterstützung und sehen Gelder aus der Wirtschaft als Bestätigung ihrer Forschungsqualität.
Meist nach fünf Jahren werden Stiftungslehrstühle dann von der Universität übernommen und die Professoren fortan mit Steuergeldern bezahlt. Durch die Auswahl der Professuren beeinflussen die Unternehmen die Wahl der Forschungsschwerpunkte einer Universität. Denn es werden nur solche Themenfelder bearbeitet, die den Segen der Geldgeber haben; und es bewerben sich mehrheitlich Kandidaten, deren Meinung mit der Stiftung oder des dahinter stehenden Unternehmens übereinstimmt.
Wenig neue Erkenntnisse
Christian Kreiß zählt in seinem Buch Beispiele auf, wie die Wirtschaft die akademische Forschung direkt oder indirekt beeinflusst. So gelang es der internationalen Tabakindustrie über Jahrzehnte Untersuchungen zum Passivrauchen zu verfälschen oder zu verzögern. Dabei war der Sachverhalt längst klar. Anerkannte Wissenschaftler ließen sich in die Verwirrungstaktik der Konzerne einspannen, und bekamen dafür reichlich Unterstützung. Nicht viel anders verlief die scheinbar kontroverse Wissenschaftsdebatte um den menschgemachten Klimawandel. Besonders groß ist der Einfluss der Industrie auch in Medizin und Pharmazie.
Aufwendige klinische Studien sind ohne die Unterstützung der Pharmakonzerne gar nicht mehr durchführbar. Und natürlich sind die Unternehmen an der Einführung neuer Medikamente interessiert.
Das Buch greift ein wichtiges Thema auf. Dabei findet sich im Durcheinander der Aufzählungen wenig Neues. Viele der Beispiele, die auf den Leser niederprasseln, hat der Autor aus den Medien und anderen Sachbüchern übernommen. Argumente, die nicht zu seiner Meinung passen, lässt er weg. So beklagt Christian Kreiß den geringen Anteil von Impfgegnern auf akademischen Lehrstühlen und macht dafür die Pharmaindustrie verantwortlich. Er erwähnt nicht, dass wissenschaftliche Traditionen und Netzwerke hierfür verantwortlich sein könnten.