Sachbuchbestenliste Januar

Berlin, ein Briefwechsel und ein bildender Künstler

07:46 Minuten
Drei der besten Sachbücher im Januar: "Berlin" von Jens Bisky; "Der Briefwechsel" von Reinhart Kosseleck und Carl Schmitt; "Das Denken ist beim Malen das Malen - Gerhard Richter, Leben und Werk" von Armin Zweite.
Drei der besten Sachbücher im Januar: "Berlin" von Jens Bisky; "Der Briefwechsel" von Reinhart Kosseleck und Carl Schmitt; "Das Denken ist beim Malen das Malen - Gerhard Richter, Leben und Werk" von Armin Zweite. © Rowohlt, Suhrkamp, Schirmer/Mosel
Audio herunterladen
Jens Bisky ist es gelungen, der meistbesprochenen Stadt im Land neue Facetten abzuringen. Sein Buch steht nun ganz oben in der Liste. Gleich fünf Bücher sind im Januar neu eingestiegen – eines über Gerhard Richter schafft es gleich auf Platz drei.
Deutschlandfunk Kultur, ZDF und "Die Zeit" präsentieren gemeinsam ihre Bestenauswahl aktueller Sachbücher des Monats. Gekürt werden die Titel von einer Jury aus 30 Kritikerinnnen und Kritikern.

1 (2) Jens Bisky: Berlin
Rowohlt Berlin; 976 S., 38 Euro

Buchcover zu "Berlin: Biographie einer großen Stadt"
Über Berlin war eigentlich schon alles gesagt - bis Jens Biskys Buch herauskam. © Rowohlt Berlin
Dem Journalisten Jens Bisky gelingt das Unmögliche: der meistbesprochenen Stadt in Deutschland neue Facetten abzuringen. Sein Berlin-Buch beginnt im 17. Jahrhundert, als die Stadt zu neuer Größe aufsteigt, sich mit Rom und Paris messen will. Bisky porträtiert eine Metropole der Widersprüche: Ort der Macht, der Teilung, der Repression und zugleich des Widerstands und des ewigen Experiments. 58 Punkte

2 (4) Reinhart Koselleck, Carl Schmitt: Der Briefwechsel: 1953–1983
Suhrkamp; 500 S., 42 Euro


Drei Jahrzehnte lang schrieben sich der Staatsrechtler Carl Schmitt und der Historiker Reinhart Koselleck Briefe. So verschieden die beiden Intellektuellen auch waren: Sie verbanden philosophische Interessen und historische Fragen. Der Briefwechsel offenbart Schmitts randständige Stellung nach 1945, Kosellecks Uni-Karriere in der Bundesrepublik und beider Blick auf die politischen Entwicklungen ihrer Epoche. 52 Punkte
Buchcover zum Briefwechsel zwischen Reinhart Koselleck und Carl Schmitt.
Staatsrechtler trifft Historiker: Im Briefwechsel kommentieren Reinhart Koselleck und Carl Schmitt 30 Jahre deutsche Geschichte.© Suhrkamp Verlag

3 (–) Armin Zweite: Gerhard Richter. Leben und Werk. Das Denken ist beim Malen das Malen
Schirmer/Mosel, 480 S., 128 Euro

Cover des Buches von Armin Zweite "Das Denken ist beim Malen das Malen - Gerhard Richter - Leben und Werk" 
Armin Zweite schreibt über den weltweit bekannten Maler, der 1932 in Dresden geboren wurde. © Cover: Schirmer/Mosel
Das Buch des Kunsthistorikers Armin Zweites durchmisst das Werk des bedeutendsten lebenden deutschen Künstlers Gerhard Richter. Über sein Leben erfährt man wenig, über das Werk wiederum alles. Zweite legt in einer erkenntnistheoretischen Tiefe und zeitgeschichtlichen Finesse offen, was Richters europäisch geprägtes Schaffen für die globale Kunst bedeutet. Ein Buch, das im wahrsten Sinne die Augen öffnet. 46 Punkte

4 (1) Ivan Krastev, Stephen Holmes: Das Licht, das erlosch
Aus dem Englischen von K. Schuler; Ullstein; 368 S., 26 Euro


Ivan Krastev und Stephen Holmes analysieren die Krise der Demokratie in Osteuropa: Früher ging es um Kapitalismus gegen Kommunismus, heute stehen sich Liberale und deren enttäuschte Nachahmer gegenüber. Die Osteuropäer lehnen den Liberalismus ab und preisen sich als wahre Europäer, die der Seelenlosigkeit des Westens echte Bindung und familiäre Werte entgegensetzen. Eine verblüffende Analyse. 41 Punkte
Buchcover zu "Das Licht, das erlosch" von Ivan Krastev und Stephen Holmes.
Ivan Krastev und Stephen Holmes rechnen mit dem Osten ab. Oder vielmehr mit denen, die dort die Demokratie gefährden: Putin, Orbán, Kaczynski und Trump.© Ullstein

5 (4) Naomi Klein: Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann
Hoffmann und Campe; 352 S., 24 Euro

Zu sehen ist das Cover des Buches "Green New Deal" der kanadischen Publizistin Naomi Klein.
Was in den 20er-Jahren mit dem New Deal möglich war, könnte laut Naomi Klein auch heutzutage funktionieren: Eine sozial- und klimagerechte Transformation der Gesellschaft.© Hoffmann und Campe / Deutschlandradio
Die kanadische Aktivistin Naomi Klein fordert in ihrem aktuellen Buch stimmgewaltig eine politische Wende um 180 Grad. Nur ein "Green New Deal", der Umwelt- und Sozialpolitik gleichzeitig anspricht, kann den Planeten noch retten. Klein ist radikal und macht daraus keinen Hehl: Eine CO2-Steuer ist ihr nicht genug. Sie plädiert für Konsumverzicht, härtere Lohnsteuern und eine radikale linke Sozialpolitik. 31 Punkte

5 (–) Ulrich Pfisterer: Raffael: Glaube, Liebe, Ruhm
C.H. Beck, 384 S., 58 Euro

Das Cover von Ulrich Pfisterers Buch "Raffael - Glaube - Liebe - Ruhm" aus dem Verlag C.H. Beck
Kunsthistoriker Ulrich Pfisterer schreibt über Raffael und Klischees.© Cover: C.H. Beck
Die Kunstgeschichte sagt den Renaissance-Malern eine Obsession für das Göttliche nach. Der Kunsthistoriker Ulrich Pfisterer knüpft sich einen der größten Maler dieser Zunft vor, um das Klischee zu hinterfragen: das Multitalent Raffael. Pfisterer legt dar, dass sich Raffael nicht nur mit der christlichen Mythologie beschäftigte, sondern auch mit Architektur, Umwelt und ganz profan: dem Menschen an sich. 31 Punkte

7 (7) Andreas Reckwitz: Das Ende der Illusionen
Suhrkamp; 305 S., 18 Euro


Buchcover zu "Das Ende der Illusionen" von Andreas Reckwitz.
Wohin entwickelt sich die Gesellschaft? Andreas Reckwitz versucht sich an einer Erklärung.© Suhrkamp Verlag
Nach der wegweisenden Studie "Gesellschaft der Singularitäten" beschäftigt sich Andreas Reckwitz in seiner Essaysammlung mit dem Strukturwandel der Gesellschaft. Der Soziologe seziert die neue Klassengesellschaft, die postindustrielle Ökonomie, die Konflikte um Kultur und Identität und den Imperativ der Selbstverwirklichung, woraus Erschöpfung und Demokratiemüdigkeit entspringen. 27 Punkte

8 (–) Kristen Ghodsee: Warum Frauen im Sozialismus besseren Sex haben
Aus dem Englischen von U. Schäfer und R. Barth; Suhrkamp, 277 S., 18 Euro

Auf dem Cover ist neben dem Namen der Autorin und dem Titel eines muskulöse Speerwerferin im roten Trikot zu sehen.
Wie hängt die Qualität von Sex aus weiblicher Sicht vom Gesellschaftssystem ab, in dem frau lebt?© Cover: Suhrkamp
War in Schlafzimmern sozialistischer Länder tatsächlich mehr los als in kapitalistischen Betten? Für die US-Ethnologin Kristen Ghodsee ist die Sache klar: Frauen im Sozialismus hatten besseren Sex, weil sie ökonomisch unabhängig waren. Die Amerikanerin gewinnt dem sozialistischen Realismus seine Vorteile ab und regt den Leser dazu an, dem Kapitalismus eine Prise Erotik einzuhauchen. 25 Punkte

8 (–) Quinn Slobodian: Globalisten - Das Ende der Imperien und die Geburt des Neoliberalismus
Aus dem Englischen von S. Gebauer; Suhrkamp, 522 Seiten, 32 Euro

Das Buchcover zeigt einen modernen, holzvertäfelten Plenarsaal.
Historiker Quinn Slobodian geht dem Neoliberalismus auf den Grund.© Cover: Suhrkamp / Collage: Deutschlandradio
Wer glaubt, das Wort "neoliberal" habe ausgedient, sollte dieses Buch lesen: Der kanadische Historiker Quinn Slobodian legt mit seiner Studie eine Geschichte des Neoliberalismus vor – von 1918 bis zur Gegenwart. Das Werk bietet präzise Analysen und zeigt, warum die neoliberale Weltanschauung keineswegs politische Freiheit impliziert. Gerade Staaten wie China beweisen: Neoliberalismus kann auch autoritär sein. 25 Punkte

9 (–) Malcom Gladwell: Die Kunst, nicht aneinander vorbeizureden
Aus dem Englischen von J. Neubauer; Rowohlt; 384 Seiten, 22 Euro

Die Illustration zeigt das Cover eines Buches von Malcolm Gladwell. Das Werk beschäftigt sich mit den psychologischen und kulturellen Faktoren, die unser Reden und Verhalten bestimmen.
Analysiert die psychologischen und kulturellen Faktoren, die unser Reden und Verhalten bestimmen: Bestseller-Autor Malcolm Gladwell.© Rowohlt / Deutschlandradio
Der Psychologe Malcom Gladwell beschreibt in seinem Buch dramatische Fälle des Aneinandervorbeiredens und offenbart, warum unsere Zusammentreffen mit Fremden so oft scheitern. Für den Psychologen ist klar: Erst Vertrauen schafft gelungene Kommunikation. Seine Schrift ist ein Plädoyer dafür, sich im Alltag sowie auf politischem Parkett zu öffnen, zu hinterfragen und schließlich Vorurteile abzubauen. 22 Punkte
Mehr zum Thema