Sachbuchbestenliste Mai

    Über einzelne Menschen und die ganze Menschheit

    07:03 Minuten
    Vier der besten Sachbücher im Mai: "Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden" von Lori Gottlieb; "Beute, Ernte, Öl" von Ian Morris; "Akten Einsicht: Geschichten von Frauen und Gewalt" von Christina Clemm; "Simone de Beauvoir: Ein modernes Leben" von Kate Kirkpatrick.
    Die Sachbuchbestenliste hat diesmal zwei dritte Plätze: "AktenEinsicht" von Christina Clemm und "Simone de Beauvoir: Ein modernes Leben von Kate Kirkpatrick. © Hanser blau, DVA, Kunstmann, Piper
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    Mit erzählerischer Kraft und psychologischem Hintergrundwissen erzählt Therapeutin Lori Gottlieb Geschichten aus ihrer eigenen Praxis in Los Angeles. Damit springt sie gleich auf Platz eins der Sachbuchbestenliste.
    Deutschlandfunk Kultur, ZDF und "Die Zeit" präsentieren gemeinsam die stärksten Sachbücher des Monats. Gekürt werden die Titel von einer Jury aus 30 Kritikerinnnen und Kritikern.

    1 (-) Lori Gottlieb: "Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden"
    Aus dem Englischen von Elisabeth Liebl
    Hanser Verlag, München 2020
    528 Seiten, 25 Euro

    Buchcover zu Lori Gottliebs "Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden".
    Lori Gottlieb arbeitet als Therapeutin in Los Angeles. © Hanser Blau / Deutschlandradio
    Ein Auf und Ab der Gefühle: Mit erzählerischer Kraft und psychologischem Wissen berichtet die Therapeutin Lori Gottlieb aus ihrer eigenen Therapiepraxis. Alle Gefühle, die die Patienten empfinden, kennt auch der Leser: Abwehr, Widerstand, Trauer, Enttäuschung, Wut, Erstaunen, Hoffnung und immer wieder diese zarte Liebe zu diesem krummen, widerstandsfähigen menschlichen Leben. 61 Punkte

    2 (1) Ian Morris: "Beute, Ernte, Öl - Wie Energiequellen Gesellschaften formen"
    Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer
    DVA, München 2020
    432 Seiten, 26 Euro

    Das Bild zeigt das Cover des neuen Buchs von Ian Morris. Es heißt "Beute Ernte Öl - Wie Energiequellen Gesellschaften formen"
    Ian Morris schreibt über Energiequellen in der Geschichte der Menschheit.© DVA / Deutschlandradio
    Der britische Archäologe Ian Morris zeichnet das ganz große Bild: die Entwicklung der Menschheit in drei Stufen. Er stellt dar, wie die Art der Energiegewinnung auch die soziale Moral bestimmt. Gesellschaften der "Jäger und Sammler" würden egalitär handeln, während in modernen, fossilen Gesellschaften Toleranz, aber auch ungleiche Verteilung von Ressourcen vorherrschten. Das Ergebnis: der Kampf ums Öl. 40 Punkte

    3 (4) Christina Clemm: "AktenEinsicht: Geschichten von Frauen und Gewalt"
    Kunstmann, München 2020
    206 Seiten, 20 Euro

    Buchcover: "AktenEinsicht: Geschichten von Frauen und Gewalt" von Christina Clemm. Grafisch eist eine große Menge von Frauen dargestellt.
    Gewalt gegen Frauen, berichtet von einer Anwältin für Strafrecht. © Verlag Antje Kunstmann GmbH
    Jede dritte Frau wird zum Gewaltopfer. Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches Phänomen, auch wenn es nur selten in die Öffentlichkeit gerät. Die Strafrechtsanwältin Christina Clemm erzählt Geschichten von Frauen, die körperliche und sexualisierte Gewalt erlebt haben. Dabei schildert sie nicht nur Fallbeispiele, sondern gibt auch Einblicke in die Arbeit von Justiz und Polizei. Eine wichtige Studie gegen das Schweigen. 38 Punkte

    3 (-) Kate Kirkpatrick: Simone de Beauvoir: Ein modernes Leben
    Aus dem Englischen von Erica Fischer und Christine Richter-Nilsson
    Piper Verlag, München 2020
    528 Seiten, 25 Euro

    Buchcover zu Kate Kirkpatricks "Simone de Beauvoir - Ein modernes Leben".
    Kate Kirkpatrick schreibt über ein facettenreiches Intellektuellen-Leben.© Piper
    Simone de Beauvoir ist eine der bekanntesten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts und zugleich eine der umstrittensten: Sie schockierte durch ihre freie Verbindung mit Jean-Paul Sartre und durch die frühfeministische Studie "Das andere Geschlecht". Die englische Historikerin Kate Kirkpatrick hat eine Biografie über die Existenzialistin geschrieben und zeichnet ein komplexes Bild – jenseits von Klischees und vorschnellen Urteilen. 38 Punkte

    5 (1) Brendan Simms: "Hitler. Eine globale Biografie"
    Aus dem Englischen von Klaus-Dieter Schmidt;
    DVA, München 2020
    1056 Seiten, 44 Euro


    Brendan Simms ist Professor für Geschichte an der Universität Cambridge und legt eine neue Biografie über Adolf Hitler vor. In seiner Studie vertritt er eine originelle These: Hitlers Denken richtete sich nicht etwa, wie allgemein angenommen, vorrangig gegen den "Bolschewismus", sondern gegen "Anglo-Amerika". Hitlers globaler Expansionskrieg war vor allem ein Angriff auf das angloamerikanische Lebensmodell. 30 Punkte
    Buchcover: "Hitler: Eine globale Biographie" von Brendan Simms. Zu sehen ist ein historisches Militärfoto.
    Brendan Simms entwickelt neue Thesen zu Hitlers Motiven.© Deutsche Verlags-Anstalt

    6 (-) Bernd Ladwig: "Politische Philosophie der Tierrechte"
    Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
    411 Seiten, 22 Euro

    Buchcover zu Bernd Ladwigs "Politische Philosophie der Tierrechte".
    Bernd Ladwig befasst sich mit Tierrechten aus philosophischer Sicht.© Suhrkamp/Insel Verlag
    Der Berliner Politologe Bernd Ladwig hält es für ein moralisches Grundgebot, Säugetieren kein Unrecht zuzufügen. Die Praxis des Tötens von Nutztieren zur Fleischerzeugung sei immer mit Leid und Schmerz verbunden, schreibt der Philosoph. Die These seiner neuen Moraltheorie: Tiere können ihre Rechte selber nicht verteidigen, also müssen wir Menschen auf ihre Interessen Rücksicht nehmen. 28 Punkte

    7 (9) Michael Hampe: "Die Wildnis. Die Seele das Nichts"
    Hanser Verlag, München 2020
    304 Seiten, 26 Euro

    Buchcover "Die Wildnis, die Seele, das Nichts" von Michael Hampe. Zu sehen ist eine grafische Darstellung von Gräsern und Wildblumen.
    Michael Hampe schreibt über Schein und Wirklichkeit.© Hanser
    Wo findet das wirkliche Leben statt? Muss man den Rückzug suchen in die unberührte Natur? Oder nach der Unsterblichkeit greifen? Diese Fragen verknüpft Michael Hampe in einer Reflexion, die auch eine Erzählung sein könnte. Hampes Text hilft, zu erkennen, wie uns die Unterscheidung zwischen Schein und Wirklichkeit daran hindert, mit unserem Leben tatsächlich klarzukommen. 25 Punkte

    7 (-) Christian Maté: Medizin ohne Ärzte - Ersetzt künstliche Intelligenz die menschliche Heilkunst?
    Residenz Verlag, Salzburg/Wien 2020
    176 Seiten, 22 Euro

    Buchcover zu Christian Maté "Medizin ohne Ärzte - Ersetzt künstliche Intelligenz die menschliche Heilkunst?".
    Welches Potenzial hat Künstliche Intelligenz und Big Data in der Medizin?© Residenz Verlag
    Was über Jahrhunderte als ärztliche Kunst bezeichnet wurde, können Maschinen jetzt schon besser: Krankheiten diagnostizieren, individuelle Behandlungen auswählen oder operative Eingriffe durchführen. Sind Ärzte aus Fleisch und Blut bald überflüssig? Das fragt der Arzt und Autor Christian Maté und zeigt: Ganz so weit wird es wohl nicht kommen. Aber beim Arzt der Zukunft werden andere Fähigkeiten wichtiger sein als heute. 25 Punkte

    7 (-) Tingyang Zhao: "Alles unter einem Himmel, Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung"
    Aus dem Chinesischen von Michael Kahn-Ackermann
    Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
    266 Seiten, 22 Euro

    Buchcover zu Zhao Tingyangs "Alles unter dem Himmel: Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung".
    Zhao Tingyang denkt nach über die "gerechte Weltordnung".© Suhrkamp/Insel Verlag
    Hierarchisch strukturiert wie eine chinesische Familie: So sieht die gerechte Weltordnung des Philosophen Zhao Tingyang aus. Er will die Welt retten mit einem chinesischen Prinzip namens "Tianxia", was in etwa "Alles unter dem Himmel" bedeutet. Wenn wir Menschen dieses nicht ausgrenzende Prinzip befolgten, glaubt Zhao, so entstehe eine Welt ohne Nationalstaaten und Feindseligkeit – und ohne Demokratie. 25 Punkte

    10 (-) Michael Kraske: "Der Riss. Wie die Radikalisierung im Osten unser Zusammenleben zerstört"
    Ullstein Verlag, Berlin 2020
    352 Seiten, 20 Euro

    Der RissMichael Kraske
    Michael Kraske schreibt über Rechte in Sachsen.© ullstein / Deutschlandradio
    Der Journalist Michael Kraske ist kurz nach der Einheit aus dem Sauerland nach Leipzig gezogen. Seit Jahren beobachtet er schon, wie in Sachsen rechte Strukturen in der Bevölkerung und in den Behörden Fuß fassen und demokratische Kräfte massiv angreifen und einschüchtern. In seinem Buch berichtet er über seine erschreckenden Erfahrungen und fordert schließlich einen "New Deal Ost". 24 Punkte

    So funktioniert die Abstimmung:
    Jedes Jurymitglied vergibt an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.

    Die Jury der Sachbuch-Bestenliste:

    René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur)
    Peter Arens (ZDF)
    Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur)
    Ralph Bollmann (FAS)
    Stefan Brauburger (ZDF)
    Alexander Cammann (DIE ZEIT)
    Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel)
    Heike Faller (DIE ZEIT)
    Daniel Fiedler (ZDF)
    Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch)
    Manuel J. Hartung (DIE ZEIT)
    Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur)
    Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur)
    Inge Kutter (DIE ZEIT)
    Hannah Lühmann (DIE WELT)
    Ijoma Mangold (DIE ZEIT)
    Susanne Mayer (DIE ZEIT)
    Tania Martini (taz)
    Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur)
    Jutta Person (freie Literaturkritikerin)
    Bettina von Pfeil (ZDF)
    Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung)
    Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur)
    Anne Reidt (ZDF)
    Anna Riek (ZDF)
    Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte)
    Hilal Sezgin (freie Autorin)
    Catrin Stövesand (Deutschlandfunk)
    Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)
    Julia Voss (Leuphana-Uni Lüneburg

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