Vom Weg eines Straßenmusikers in die Philharmonie
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Von seinen Liedern sagt Pippo Pollina, dass sie Hoffnung verschenken. Er selbst ist geprägt durch Gewalt der Mafia in den 1980er-Jahren in seiner Geburtsstadt Palermo. Er verließ sein Land, spielte in Fußgängerzonen – und heute in großen Konzertsälen.
"Musik ist mir das Wichtigste", sagt Pippo Pollina. Nach der Ermordung des Chefredakteurs einer Anti-Mafia-Zeitung, für die Pollina als junger Mann arbeitete, verließ er 1985 Sizilien. Er tourte durch Europa – statt der geplanten drei Monate drei Jahre: "Ich glaube, ohne diese Erfahrung wäre ich bestimmt nicht der Mensch, der ich heute bin." Die wichtigste Lektion dieser Zeit sei die Erkenntnis: "Alles entsteht aus dem Moment."
Seit der Schweizer Liedermacher Lina Bardill ihn in der Fußgängerzone von Luzern entdeckte, feiert Pollina von Jahr zu Jahr größere Erfolge: Er bekommt Auszeichnungen und tritt mit Musikerkollegen wie Konstantin Wecker, Rebecca Bakken oder Sven Faller und vielen anderen in immer größeren Konzertsälen auf. "Ich versuche, sehr ehrlich zu sein, wenn ich komponiere", sagt Pollina. Beim Publikum kommt das an. "Meine Musik schafft es, Hoffnung und Visionen zu verschenken."
Regierung in Rom eine "totale Enttäuschung"
Obwohl er seit über 20 Jahren mit seiner Familie in der Schweiz lebt, fühlt sich Pollina seiner Geburtsstadt Palermo inzwischen wieder sehr verbunden. Seit dem Machtverlust der Cosa Nostra Mitte der 1990er-Jahre sei die Kriminalität dort nicht mehr so prägend: "Man spürt in der Stadt, dass es eine gewisse Befreiung gibt, dass die Stadt viel sicherer geworden ist." Die aktuelle Regierung in Rom ist für ihn allerdings eine "totale Enttäuschung". Wie viele andere Italiener macht er sich wegen "des populistischen Elements in der Regierung ganz große Sorgen".
Nach über 20 veröffentlichten Musikalben, der Komposition einer Oper und Auftritten in Filmen schreibt der 55-jährige Pollina gerade seinen ersten Roman. Seine nächste Tournee beginnt Anfang März. Zusammen mit den deutschen Musikern Werner Schmidbauer und Martin Kälberer geht er auf seine zweite "SÜDEN-Tour". Geplant sind 100 Konzerte in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz, bei denen die Musiker im Wechsel italienisch und bayerisch singen. Dabei kommen verschiedene Kulturen zusammen, schwärmt Pollina: "Ich glaube, das ist eine Vision von Europa, letztendlich sollte Europa genau so sein – ein Territorium, wo verschiedene Kulturen zusammenleben."
(cg)