Sänger, Poet, Clown Hans-Eckardt Wenzel

Ansingen gegen die "Monolog-Kultur"

34:10 Minuten
Der Musiker Wenzel mit Zigarette in der Hand vor einer heruntergekommenen Wand
Der Liedermacher und Musiker Hans-Eckardt Wenzel © Salvadore Brandt
Moderation: Ulrike Timm |
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Seit über 40 Jahren prägt der in der DDR aufgewachsene Künstler Hans-Eckardt Wenzel die deutsche Liedermacherszene. Mit scharfem Blick analysiert er die Gegenwart, überträgt sie mit rauer Stimme in Musik. Kunst für die Schwachen in der Gesellschaft.
Das Etikett "Liedermacher", das ihm oft verpasst wird, mag Hans-Eckardt Wenzel eigentlich nicht. "Lieder macht man nicht, Lieder schreibt man", sagt Wenzel, der gerade seine 44. CD herausgebracht hat. Der Begriff klingt für ihn "nach Häkeln und nach Folklore, als ob es keine richtige Arbeit wäre".

Partisan mit Clowns-Maske

Begonnen hat er mit dem Lieder schreiben vor mehr als 40 Jahren in der DDR. Mit einem Diplom als Kulturwissenschaftler in der Tasche war für ihn von Anfang an klar, dass er freischaffender Künstler sein wollte.
Nicht ganz einfach in der DDR der frühen 80er Jahre: "Als Partisan musste man da arbeiten", erinnert sich Wenzel, zeitweilige Auftrittsverbote und auch mal ein Gefängnisaufenthalt inbegriffen.
Als erstes Projekt gründete Wenzel das "Liedertheater Karls Enkel". Jahrzehntelang trat er mit Steffen Mensching als Clown auf.
Die Clowns-Maske hatte Vorteile, denn "ein Clown kann Fragen stellen und Sachen sagen, die man als normaler Mensch nicht sagen könnte. Und das ist nicht nur ein Versteckspiel vor Zensur, sondern wenn ich eine Clowns-Maske habe, denke ich anders, formuliere anders, meine Stimme ist anders, ich bin ein anderer Mensch in dieser Rolle."

Fragen gegen die Monologe in Echo-Kammern

Um Fragen, wie sie ein Clown oder ein Kind in aller Naivität stellen kann, geht es auch in Wenzels neuester CD "Wo liegt das Ende dieser Welt".
Fragen zu stellen sei sehr wichtig, sagt er, denn "wir leben ja in einer Art Monolog-Kultur. Wir kriegen dauernd Antworten auf Fragen, die wir gar nicht gestellt haben." In der Politik, aber auch in den Echo-Kammern der Sozialen Netzwerke findet er eine "schlechte Dialog-Kultur": Leute, die nicht mehr zuhören, verhärtete politische Fronten.
An dieser gesellschaftlichen Situation kommt Wenzel manches altbekannt vor - er hat das Gefühl, dass die Menschen gerade wieder "in ihrer Verzweiflung und Frustration sehr alleingelassen sind".

"Schönheit kann uns zu einem 'ja' hintreiben"

Seine Antwort sind Lieder, nachdenklich, heiter-melancholisch: "Man stärkt sich an einem schönen Gegenstand, an der Schönheit, nicht an hasserfüllten politischen Diskussionen. Und die Schönheit hat die Möglichkeit, uns zu einem 'ja' hinzutreiben".
Seine Lieder versteht Wenzel in gewissem Sinn als Volksmusik: "Die Pop-Kultur möchte gern König werden und Sieger werden. Aber die Folk-Musik oder Volksmusik ist etwas, das sich um die Schwachen der Gesellschaft kümmert, um die einfachen Leute."
(pag)
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