Sängergemeinschaft mit Tradition
Die Marienkirche ist eines der schönsten Gotteshäuser in Berlin. Es ist eine Kirche mit einer langen Geschichte und einem Traditionschor: Die Marienkantorei besteht heute aus 90 Mitgliedern, die zu Gottesdiensten und Konzerten geistliche Musik von Brahms über Mozart bis Bach singen.
"Es staut sich, die Wut springt euch aus den Augen, ihr wollt eigentlich losbrüllen, haltet’s gerade noch zurück und hinter den geschlossenen Zähnen sprecht ihr das. Noch mal. D –Moll. Leise beginnen. Und drei und vier."
Wenn Marie-Louise Schneider ihren Chor dirigiert, kommt sie mächtig in Fahrt. Die 35-Jährige steht breitbeinig, die Knie gebeugt, wie ein Sprinter vor dem Start. Immer wieder macht sie einen großen Schritt auf ihre insgesamt 90 Sänger zu, dann wieder zurück. Die Arme hat sie weit zu den Seiten ausgestreckt, groß sind die Gesten.
Seit zweieinhalb Jahren ist die zierliche Frau mit den braunen halblangen Haaren Kantorin der St.-Marienkirche in Berlin-Mitte. Ein Amt mit Tradition. Schon seit 500 Jahren singen Chöre in der Marienkirche. Am Anfang nur Knaben aus dem anliegenden Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster, erzählt Marie-Louise Schneider.
Frau Schneider: "Aber diese Schülerchor-Zeit war eigentlich schon länger in der Krise. Schon 1790 hat man gemerkt, dass das nicht mehr so gut funktionierte mit den Schülern, die Eltern haben dann auch mal gesagt, ihr müsst lernen. Und dann kam man auf die Idee, auch gemischte Chöre, also Frauen, mit in die Chöre zu lassen. Und das allererste Konzert, was die gemacht haben, war in der Marienkirche, 1791, und das war überhaupt das erste Konzert, das mit einem gemischten Chor in Deutschland stattfand."
Auch heute tritt der Chor in der Marienkirche auf, eine der ältesten in Berlin, viele sagen, eine der schönsten. Der rot-geklinkerte, mittelalterliche Bischofssitz mit dem spitzen Turm, der Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut wurde, beeindruckt.
Ein 70 Meter langes Mittelschiff, hohe, geschwungene Decken und die barocke Wagner-Orgel von 1723, sagt Matthias Spacke. Der braun gebrannte 43 Jahre alte Bass arbeitet als Kongress-Manager.
Herr Spacke: "Die Kirche ist wirklich sehr eindrucksvoll, und ich glaube, dass das schon ausschlaggebend ist, warum man da singt, das ist schon sehr erhaben. Die Atmosphäre ist ein bisschen - wenn man sagt mystisch, ist es ein bisschen hoch gegriffen, aber es hat schon was Geheimnisvolles an sich."
Frau Schneidewind: "Also, ich habe oft geheult bei der Generalprobe, vor Ergriffenheit.Jedes Konzert ist für sich neu, schön, wunderbar. Ich bin so begeistert immer, dass ich früher die Generalproben gebraucht habe, um meine Emotionen niederzuhalten. Sonst hätte ich die Aufführung gar nicht singen können."
Christel Schneidewind-Kloppenborg singt seit neun Jahren in der Marienkantorei. Die ehemalige Ingenieurin für Landkartentechnik ist heute 75. Die Mitglieder des Chores sind bunt gemischt - Studenten, Berufstätige und Rentner, von Mitte 20 bis Mitte 70.
Gesungen wird Geistliches aus Barock, Klassik und Moderne. Mozarts Requiem, Stücke von Benjamin Britton oder Johann-Wilhelm Härtel und natürlich die großen Oratorien von Bach. Die waren besonders zu DDR-Zeiten beliebt, erzählt Kantorin Marie-Louise Schneider.
Schneider: "Wenn man in Berlin und in der DDR Oratorien hören wollte, dann ging man eben in die Marienkantorei, das war das erste Haus am Platz. Die hatten damals hier immer ausverkauftes Haus, haben drei, viermal Weihnachtsoratorien aufgeführt an einem Wochenende im Advent, das war konkurrenzlos."
Die Tradition der Kirchenmusik und Chöre hat ihre Spuren hinterlassen an St. Marien. Einflussreiche Chorleiter und Komponisten wie Johann Crüger, Carl Friedrich Zelter oder Eduard Grell haben hier gearbeitet. Ein Schatz, sagt Marie-Louise Schneider.
Schneider: "Wir haben teilweise handschriftliche Sachen, richtig im Koffer, bei Leuten gefunden. Von dem Otto Dienel, der im 19. Jahrhundert ein großer Organist war, auch über die Landesgrenzen hinaus deutschlandweit und darüber hinaus bekannt war - der hat viel hinterlassen an Orgelstücken, die kennt man auch, die sind auch editiert. Aber der hat eben auch einiges für den Chor geschrieben, was wir bei den Nachfahren der Familie Dienel noch im Schrank schlummerte, im Koffer."
Im kommenden Jahr sollen die Stücke vorgetragen werden, dann in einer neu ausgemalten Marienkirche. Ein neuer Meilenstein in der Jahrhunderte langen Geschichte dieses Hauses.
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
Wenn Marie-Louise Schneider ihren Chor dirigiert, kommt sie mächtig in Fahrt. Die 35-Jährige steht breitbeinig, die Knie gebeugt, wie ein Sprinter vor dem Start. Immer wieder macht sie einen großen Schritt auf ihre insgesamt 90 Sänger zu, dann wieder zurück. Die Arme hat sie weit zu den Seiten ausgestreckt, groß sind die Gesten.
Seit zweieinhalb Jahren ist die zierliche Frau mit den braunen halblangen Haaren Kantorin der St.-Marienkirche in Berlin-Mitte. Ein Amt mit Tradition. Schon seit 500 Jahren singen Chöre in der Marienkirche. Am Anfang nur Knaben aus dem anliegenden Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster, erzählt Marie-Louise Schneider.
Frau Schneider: "Aber diese Schülerchor-Zeit war eigentlich schon länger in der Krise. Schon 1790 hat man gemerkt, dass das nicht mehr so gut funktionierte mit den Schülern, die Eltern haben dann auch mal gesagt, ihr müsst lernen. Und dann kam man auf die Idee, auch gemischte Chöre, also Frauen, mit in die Chöre zu lassen. Und das allererste Konzert, was die gemacht haben, war in der Marienkirche, 1791, und das war überhaupt das erste Konzert, das mit einem gemischten Chor in Deutschland stattfand."
Auch heute tritt der Chor in der Marienkirche auf, eine der ältesten in Berlin, viele sagen, eine der schönsten. Der rot-geklinkerte, mittelalterliche Bischofssitz mit dem spitzen Turm, der Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut wurde, beeindruckt.
Ein 70 Meter langes Mittelschiff, hohe, geschwungene Decken und die barocke Wagner-Orgel von 1723, sagt Matthias Spacke. Der braun gebrannte 43 Jahre alte Bass arbeitet als Kongress-Manager.
Herr Spacke: "Die Kirche ist wirklich sehr eindrucksvoll, und ich glaube, dass das schon ausschlaggebend ist, warum man da singt, das ist schon sehr erhaben. Die Atmosphäre ist ein bisschen - wenn man sagt mystisch, ist es ein bisschen hoch gegriffen, aber es hat schon was Geheimnisvolles an sich."
Frau Schneidewind: "Also, ich habe oft geheult bei der Generalprobe, vor Ergriffenheit.Jedes Konzert ist für sich neu, schön, wunderbar. Ich bin so begeistert immer, dass ich früher die Generalproben gebraucht habe, um meine Emotionen niederzuhalten. Sonst hätte ich die Aufführung gar nicht singen können."
Christel Schneidewind-Kloppenborg singt seit neun Jahren in der Marienkantorei. Die ehemalige Ingenieurin für Landkartentechnik ist heute 75. Die Mitglieder des Chores sind bunt gemischt - Studenten, Berufstätige und Rentner, von Mitte 20 bis Mitte 70.
Gesungen wird Geistliches aus Barock, Klassik und Moderne. Mozarts Requiem, Stücke von Benjamin Britton oder Johann-Wilhelm Härtel und natürlich die großen Oratorien von Bach. Die waren besonders zu DDR-Zeiten beliebt, erzählt Kantorin Marie-Louise Schneider.
Schneider: "Wenn man in Berlin und in der DDR Oratorien hören wollte, dann ging man eben in die Marienkantorei, das war das erste Haus am Platz. Die hatten damals hier immer ausverkauftes Haus, haben drei, viermal Weihnachtsoratorien aufgeführt an einem Wochenende im Advent, das war konkurrenzlos."
Die Tradition der Kirchenmusik und Chöre hat ihre Spuren hinterlassen an St. Marien. Einflussreiche Chorleiter und Komponisten wie Johann Crüger, Carl Friedrich Zelter oder Eduard Grell haben hier gearbeitet. Ein Schatz, sagt Marie-Louise Schneider.
Schneider: "Wir haben teilweise handschriftliche Sachen, richtig im Koffer, bei Leuten gefunden. Von dem Otto Dienel, der im 19. Jahrhundert ein großer Organist war, auch über die Landesgrenzen hinaus deutschlandweit und darüber hinaus bekannt war - der hat viel hinterlassen an Orgelstücken, die kennt man auch, die sind auch editiert. Aber der hat eben auch einiges für den Chor geschrieben, was wir bei den Nachfahren der Familie Dienel noch im Schrank schlummerte, im Koffer."
Im kommenden Jahr sollen die Stücke vorgetragen werden, dann in einer neu ausgemalten Marienkirche. Ein neuer Meilenstein in der Jahrhunderte langen Geschichte dieses Hauses.
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.