Säuseln statt Dramatik
Giuseppe Verdis "Macbeth" ist eine der düstersten Opern überhaupt. Nun war sie im Essener Aalto-Musiktheater zu sehen. Die Besucher erlebten graues Mittelmaß und wurden enttäuscht.
Giuseppe Verdis "Macbeth" ist eine der düstersten Opern überhaupt. Eine Liebesgeschichte gibt es nicht, was einen klaren Bruch mit der Epoche des Belcanto darstellte. Dafür Morde, Wahnsinn, Hexen, Geister. Das neue Team am Essener Aalto-Musiktheater hatte sich dieses Stück zum Start seiner ersten Saison ausgesucht.
16 Jahre lang hat Stefan Soltesz das Haus geprägt und in die Bundesliga geführt. Sein Nachfolger als Generalmusikdirektor, der Tscheche Tomas Netopil, bekam herzlichen Begrüßungsapplaus und ein paar Bravorufe in der Pause. Am Ende fiel der Beifall deutlich zurückhaltender aus. Er hat Verdi fast jede Dramatik ausgetrieben, dirigierte kleinteilig, apart in den Übergängen und Klangmischungen, doch ohne theatralischen Atem.
Essen spielt nicht die knackige, leidenschaftliche italienische Urfassung, sondern die spätere, für die Pariser Oper überarbeitete Version. Sie hat einen ausgefeilteren Orchesterpart, aber auch eine völlig überflüssige Ballettszene im dritten Akt.
Netopil dirigiert das ganze Stück, als wäre es eine Oper von Massenet, leise, fein, mit langen, lyrischen Bögen. Wenn Verdi die Hexen und Mörder mit tänzerischer, scheinbar leichter Musik auftreten lässt, muss ein Dirigent dahinter die Abgründe, den Zynismus, die schwarze Ironie entdecken. Bei Netopil klangen diese Passagen oft einfach nur hübsch.
16 Jahre lang hat Stefan Soltesz das Haus geprägt und in die Bundesliga geführt. Sein Nachfolger als Generalmusikdirektor, der Tscheche Tomas Netopil, bekam herzlichen Begrüßungsapplaus und ein paar Bravorufe in der Pause. Am Ende fiel der Beifall deutlich zurückhaltender aus. Er hat Verdi fast jede Dramatik ausgetrieben, dirigierte kleinteilig, apart in den Übergängen und Klangmischungen, doch ohne theatralischen Atem.
Essen spielt nicht die knackige, leidenschaftliche italienische Urfassung, sondern die spätere, für die Pariser Oper überarbeitete Version. Sie hat einen ausgefeilteren Orchesterpart, aber auch eine völlig überflüssige Ballettszene im dritten Akt.
Netopil dirigiert das ganze Stück, als wäre es eine Oper von Massenet, leise, fein, mit langen, lyrischen Bögen. Wenn Verdi die Hexen und Mörder mit tänzerischer, scheinbar leichter Musik auftreten lässt, muss ein Dirigent dahinter die Abgründe, den Zynismus, die schwarze Ironie entdecken. Bei Netopil klangen diese Passagen oft einfach nur hübsch.
Bei der Aufführung fehlt die Spannung
In diesem musikalischen Gesamtkonzept können sich die Sänger nicht entfalten. Der Finne Tommi Hakala als Macbeth, Gun-Brit Barkmin als Lady und der fulminanten chinesische Bass Liang Li als Banquo haben gute Stimmen. Aber wenn ihnen das Temperament ausgetrieben wird, berühren sie einen nicht.
Auch Regisseur David Hermann verweigert die Dramatik. Er interpretiert den "Macbeth" küchenpsychologisch. Schon während der Ouvertüre treffen sich die Macbeths am Grab ihres Kindes. Dieses Trauma führt zur Mordlust, die Hexen und Mörder treten gar nicht auf, weil sie sich in Macbeths Kopf befinden. Das nimmt den aus dem Off singenden Chören Wucht und Wirkung.
Das Konzept könnte dennoch aufgehen, wenn Hermann in der Personenführung genauer gearbeitet hätte. Aber Tommi Hakala muss viel zu oft gruselig die Augen rollen und mit dem Dolch in die Luft stechen. Das wirkt hilflos, auch szenisch kommt keine Spannung auf.
Schade, das dunkle Bühnenbild hätte mehr ermöglicht. Gleich zu Beginn fliegt ein entwurzelter Baum im Nebel in die Höhe, das schafft eine packende Atmosphäre. Die allerdings gleich wieder durch Videoprojektionen, die an abstrakte Bildschirmschoner erinnern, vernichtet wird.
Auch unter Soltesz war in Essen nicht alles Gold, vor allem nicht in seinen letzten Jahren. Aber in diesem grauen Mittelmaß sollte sich das Aalto-Musiktheater nicht einrichten. Von den nächsten vier Premieren sind zwei Übernahmen bereits vorhandener Inszenierungen von Starregisseuren. Ein eigenes Profil entwickelt ein Opernhaus auf diese Weise nicht.
Auch Regisseur David Hermann verweigert die Dramatik. Er interpretiert den "Macbeth" küchenpsychologisch. Schon während der Ouvertüre treffen sich die Macbeths am Grab ihres Kindes. Dieses Trauma führt zur Mordlust, die Hexen und Mörder treten gar nicht auf, weil sie sich in Macbeths Kopf befinden. Das nimmt den aus dem Off singenden Chören Wucht und Wirkung.
Das Konzept könnte dennoch aufgehen, wenn Hermann in der Personenführung genauer gearbeitet hätte. Aber Tommi Hakala muss viel zu oft gruselig die Augen rollen und mit dem Dolch in die Luft stechen. Das wirkt hilflos, auch szenisch kommt keine Spannung auf.
Schade, das dunkle Bühnenbild hätte mehr ermöglicht. Gleich zu Beginn fliegt ein entwurzelter Baum im Nebel in die Höhe, das schafft eine packende Atmosphäre. Die allerdings gleich wieder durch Videoprojektionen, die an abstrakte Bildschirmschoner erinnern, vernichtet wird.
Auch unter Soltesz war in Essen nicht alles Gold, vor allem nicht in seinen letzten Jahren. Aber in diesem grauen Mittelmaß sollte sich das Aalto-Musiktheater nicht einrichten. Von den nächsten vier Premieren sind zwei Übernahmen bereits vorhandener Inszenierungen von Starregisseuren. Ein eigenes Profil entwickelt ein Opernhaus auf diese Weise nicht.