"Sakrales geht weit über das Kirchliche hinaus"
Veruschka, alias Vera Gräfin Lehndorff, war das erste deutsche Topmodell. In den 60er und 70er-Jahren schmückte sie über 800 Coverseiten. Vor allem in Zeiten des "Warenaustausches" - zu Weihnachten - bedauert sie das Verschwinden des Sakralen aus unserer Gesellschaft.
Heilig sind mir die Tiere, die sind mit wirklich heilig, die Natur, ich fühle mich damit sehr verbunden, sie sind mir heilig, die Tiere ganz besonders, und darunter leide ich auch sehr, was mit den Tieren geschieht und wie wir mit Tieren umgehen.
An jedem Tag lese ich furchtbare Geschichten. Das ist ein Teil, den ich als heilig sehe, das Tier. Jeden Hund, den ich auf der Straße sehe, muss ich Kontakt machen, jedes Tier.
Die Geschichte Jesu finde ich eine symbolisch schöne Geschichte für uns, auch wenn man das neue Testament liest, das kann man sehr viel herausholen. Bloß dieser Warenaustausch, der jetzt entsteht an Weihnachten, das ist so entrückt von allem Sakralen, das es bedeutungslos geworden ist und für mich in der Weise auch nicht feierbar ist.
Ich hab auch schon im Flugzeug gesessen am Weihnachtstag, weil ich von New York oder nach New York flog. Da bin ich auch nicht sentimental – ach wie furchtbar, jetzt sitze ich im Flugzeug, ich könnte doch unterm Baum sitzen mit meinen Freuden und meiner Familie.
Dieses Kopfschütteln auf der Straße, wie oft habe ich das erlebt. Einfach so böse einen anschauen und dann den Kopf schütteln und lachen. Selbst aus den Fenstern haben sie gehangen, weiß ich noch, in München, als ich ankam, weil ich hatte einen Minirock an. Erst mal passten mir die Röcke eh nie, weil ich so lange Beine habe, da wurde immer gezogen, da hieß es immer: Frauenknie sind hässlich. Aber ich meine, da kam der Minirock und da haben die Leute sich aus dem Fenster gehängt und haben sich totgelacht.
Ich finde das jetzt eine sehr aufregende Phase meines Lebens, denn das ist auch ein sich Auseinandersetzen mit sich selbst und dem Alter und der Veränderung des Gesichtes, des Körpers, der Haut, alles wird ja anders. Irgendwo hab ich so Freundschaft geschlossen mit diesem ganzen Prozess.
Ich habe kein Make-up auf der Haut. Das ist mir mittlerweile Wurst. Ich sage: Entweder habe ich auch jetzt schönes Gesicht. Wenn ich es nicht mehr habe, dann habe ich nie ein schönes Gesicht habe. Es gibt diesen Satz von Immanuel Kant, der sagt: Es gibt eine innere Schönheit oder es gibt eine anhängende Schönheit. Ich möchte eine innere Schönheit und die ist der Geist. Darauf kommt es an. Im Alter ist gerade der Geist wichtig.
Das Verschwinden des Sakralen in unserer Gesellschaft, das bedauere ich zutiefst. Deswegen leben wir so seelenlos. In vielen Leben gibt es das alles nicht mehr, und wir haben auch den Kontakt dazu verloren, denn wir auch wir hatten das viel mehr. Damit meine ich jetzt nicht Kirche, sondern Sakrales geht ja weit über das Kirchliche hinaus.
Ich bin jetzt nicht in dem Sinne ein religiöser Mensch, der einer Religion angehört. Ich habe mich sehr mit dem Buddhismus beschäftigt, und ich finde ihn immer noch eine der für mich wichtigsten Philosophien. Aber ich lehne diese Religionen ab, diese organisierten Gruppen, das artet ja immer irgendwie aus, und deswegen bin ich nicht Mitglied einer religiösen Gemeinschaft.
Über Vera Gräfin Lehndorff:
Sie war Germany’s first Topmodel: Veruschka, alias Vera Gräfin Lehndorff. In den 60er und 70er-Jahren schmückte sie über 800 Coverseiten, als femme fatale, als melancholische Fee oder unnahbare Göttin. Für den Photographen Richard Avedon war die Verwandlungskünstlerin die schönste Frau der Welt.
Vera Lehndorff, wie sie sich heute nennt, wurde 1939 in ostpreußischen Steinort geboren, ihr Vater gehörte zu den Widerstandskämpfern des 20. Juli 1944 und wurde von den Nazis hingerichtet – für seine Tochter ein lebenslanges Trauma. Nach ihrer Modelkarriere wandte sie sich der Kunst zu und gilt als eine Pionierin der Körperbemalung. Lange lebte Vera Lehndorff in New York, 2005 zog sie von dort nach Berlin.
Serie im Überblick:
"Was mir heilig ist" - Prominente geben Antwort
An jedem Tag lese ich furchtbare Geschichten. Das ist ein Teil, den ich als heilig sehe, das Tier. Jeden Hund, den ich auf der Straße sehe, muss ich Kontakt machen, jedes Tier.
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Ich hab auch schon im Flugzeug gesessen am Weihnachtstag, weil ich von New York oder nach New York flog. Da bin ich auch nicht sentimental – ach wie furchtbar, jetzt sitze ich im Flugzeug, ich könnte doch unterm Baum sitzen mit meinen Freuden und meiner Familie.
Dieses Kopfschütteln auf der Straße, wie oft habe ich das erlebt. Einfach so böse einen anschauen und dann den Kopf schütteln und lachen. Selbst aus den Fenstern haben sie gehangen, weiß ich noch, in München, als ich ankam, weil ich hatte einen Minirock an. Erst mal passten mir die Röcke eh nie, weil ich so lange Beine habe, da wurde immer gezogen, da hieß es immer: Frauenknie sind hässlich. Aber ich meine, da kam der Minirock und da haben die Leute sich aus dem Fenster gehängt und haben sich totgelacht.
Ich finde das jetzt eine sehr aufregende Phase meines Lebens, denn das ist auch ein sich Auseinandersetzen mit sich selbst und dem Alter und der Veränderung des Gesichtes, des Körpers, der Haut, alles wird ja anders. Irgendwo hab ich so Freundschaft geschlossen mit diesem ganzen Prozess.
Ich habe kein Make-up auf der Haut. Das ist mir mittlerweile Wurst. Ich sage: Entweder habe ich auch jetzt schönes Gesicht. Wenn ich es nicht mehr habe, dann habe ich nie ein schönes Gesicht habe. Es gibt diesen Satz von Immanuel Kant, der sagt: Es gibt eine innere Schönheit oder es gibt eine anhängende Schönheit. Ich möchte eine innere Schönheit und die ist der Geist. Darauf kommt es an. Im Alter ist gerade der Geist wichtig.
Das Verschwinden des Sakralen in unserer Gesellschaft, das bedauere ich zutiefst. Deswegen leben wir so seelenlos. In vielen Leben gibt es das alles nicht mehr, und wir haben auch den Kontakt dazu verloren, denn wir auch wir hatten das viel mehr. Damit meine ich jetzt nicht Kirche, sondern Sakrales geht ja weit über das Kirchliche hinaus.
Ich bin jetzt nicht in dem Sinne ein religiöser Mensch, der einer Religion angehört. Ich habe mich sehr mit dem Buddhismus beschäftigt, und ich finde ihn immer noch eine der für mich wichtigsten Philosophien. Aber ich lehne diese Religionen ab, diese organisierten Gruppen, das artet ja immer irgendwie aus, und deswegen bin ich nicht Mitglied einer religiösen Gemeinschaft.
Über Vera Gräfin Lehndorff:
Sie war Germany’s first Topmodel: Veruschka, alias Vera Gräfin Lehndorff. In den 60er und 70er-Jahren schmückte sie über 800 Coverseiten, als femme fatale, als melancholische Fee oder unnahbare Göttin. Für den Photographen Richard Avedon war die Verwandlungskünstlerin die schönste Frau der Welt.
Vera Lehndorff, wie sie sich heute nennt, wurde 1939 in ostpreußischen Steinort geboren, ihr Vater gehörte zu den Widerstandskämpfern des 20. Juli 1944 und wurde von den Nazis hingerichtet – für seine Tochter ein lebenslanges Trauma. Nach ihrer Modelkarriere wandte sie sich der Kunst zu und gilt als eine Pionierin der Körperbemalung. Lange lebte Vera Lehndorff in New York, 2005 zog sie von dort nach Berlin.
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