Hören Sie zum Thema auch den Beitrag "Magischer Realismus - Salman Rushdie feiert 70. Geburtstag" von Kai Clement aus unserer Sendung "Studio 9":
Audio Player
Mit Märchen für die Meinungsfreiheit
Sein islamkritisches Buch "Die satanischen Verse" machte Salman Rushdie berühmt und gleichzeitig zum meistgehassten Autor der Welt. Islamisten trachteten ihm nach dem Leben, seine Bücher wurden auf offener Straße verbrannt. Heute wird Rushdie 70 Jahre alt.
Wäre es nach dem iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini gegangen, hätte Salman Rushdie den heutigen Tag nicht erlebt: Am 14. Februar 1989 verhängte Khomeini eine Fatwa gegen den britisch-indischen Autor, der inzwischen die US-Staatsbürgerschaft besitzt. Weil dessen 1988 erschienenes religionskritisches Buch "Die satanischen Verse" in den Augen der Ayatollahs "gegen den Islam, den Propheten und den Koran" gerichtet sei, setzten sie ein Kopfgeld von mehreren Millionen Dollar auf Rushdie aus.
Geboren wurde Rushdie 1947 als Sohn eines muslimischen Geschäftsmannes im indischen Bombay. Mit 14 wurde er nach England in ein englisches Elite-Internat geschickt. Danach studierte er in Cambridge Geschichte und arbeitete als Journalist und Werbetexter. Sein Aufwachsen in einer muslimischen Familie in Bombay schilderte Rushdie 2011 in einem Videogespräch mit seinem ebenfalls aus Bombay stammenden Schriftstellerkollegen Suketu Mehta:
Seinen Durchbruch als Schriftsteller erzielte Rushdie 1981 mit dem Roman "Mitternachtskinder", der 2013 auch verfilmt wurde. Sein größter Erfolg jedoch wurde - nicht zuletzt infolge der gegen ihn verhängten Fatwa - "Die satanischen Verse": ein Weltbestseller, der in 40 Sprachen übersetzt wurde und sich mehr als 25 Millionen Mal verkaufte.
Den Autor zwang das Todesurteil allerdings dazu, jahrelang im Untergrund zu leben: immer umgeben von Leibwächtern, immer auf der Flucht, immer wieder andere Wohnungen. Auch seinen Namen änderte er: Aus Salman Rushdie wurde "Joseph Anton" – eine Reminiszenz an Rushdies Lieblingsschriftsteller Joseph Conrad und Anton Tschechow. Unter dem Titel "Joseph Anton" erschien 2012 auch seine Autobiografie, die die neun Jahre seines Lebens im Untergrund beschreibt.
Mit Märchen die Welt erzählen
Erst als die Fatwa gegen ihn 1998 formal für beendet erklärt wurde, wurde aus Joseph Anton wieder Salman Rushdie. 1999 siedelte er in die USA über und lebt und schreibt seitdem überwiegend in New York.
Auch in seinen neueren Romanen wie "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte" (2015) verwendet Rushdie die für ihn typische Technik des "magischen Realismus": die Verbindung von Schilderungen des realen Lebens mit märchenhaften und fantastischen Elementen.
"Ich war immer der Ansicht, dass Geschichte und Märchen zwei Arten sind, die Geschichte der Menschheit zu erzählen", so Rushdie 2015 im Gespräch mit DLF-Literaturkritiker Denis Scheck.
(Das beim Tischtennis geführte Interview gibt es hier zum Nachlesen). Auch im Gespräch mit dem Sender France 24 äußerte sich Rushdie zu "Zwei Jahre, acht Monate und achtundzwanzig Nächte":
Rushdies neuer Roman "The Golden House" erscheint im September. Darin beleuchtet der Autor anhand der Geschichte eines jungen Filmemachers die letzten acht Jahre US-amerikanischer Politik: von Obama bis Donald Trump. Es solle der ultimative Roman über Identität, Wahrheit, Terror und Lügen werden, verspricht er.
Politisches Lebensthema: Meinungsfreiheit
Auch politisch engagiert sich Rushdie für Meinungsfreiheit und gegen Zensur: Derzeit führt er gemeinsam mit der kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood eine PEN-Kampagne gegen die Vertreibung von Schriftstellern an.