Sammelband: "Marilyn Monroe - Mythos und Muse"

"Das traurigste Mädchen der Welt"

Undatierte Aufnahme der US-amerikanischen Schauspielerin Marilyn Monroe.
Undatierte Aufnahme der US-amerikanischen Schauspielerin Marilyn Monroe. © picture alliance / dpa
Von Manuela Reichart |
Im Sommer wäre sie 90 Jahre geworden: Eine schnoddrige Erinnerung von Truman Capote oder eine Hommage von Arthur Miller versammelt nun der Geburtstagsband "Marilyn Monroe – Mythos und Muse". In diesen Texten kommt man der Schauspielerin sehr nah.
Wenn sie tatsächlich ihren 90. Geburtstag hätte feiern können, wenn sie nicht 1962 an einer Überdosis Barbituraten gestorben wäre, dann hätte sie wohl wie einst Marlene Dietrich als alte Frau sagen können: Ich bin zu Tode fotografiert worden. Die Monroe hatte immer ein besonderes und – wie bei allen großen Kinostars – nicht erklärbares Verhältnis zur Kamera. Sie wurde von dem Kamaraauge geliebt und begehrt. Woher diese Intensität kam, das versuchen Filmwissenschaftler und Kinomenschen stets aufs Neue zu ergründen.

Dem Mythos Marilyn Monroe auf der Spur

Die Berliner Publizistin Barbara Sichtermann ist dem Mythos Marlin Monroe auf der Spur, in dem sie (was vor ihr auch schon andere getan haben) den Star vor allem unter den Bedingungen der prüden 1950er-Jahre betrachtet. Wäre sie später geboren, hätte sie dann erst Karriere gemacht, wäre ihr Leben vielleicht glücklicher verlaufen. Diese Konjunktiv-Betrachtung überzeugt nicht wirklich und führt ebenso wenig weiter, wie die Vorstellung, sie habe ihre Regisseure und Kollegen nur deswegen durch ihre Unpünktlichkeit und Textschwäche zur Verzweiflung gebracht, weil sie sich nachts so lange vorbereitet habe.

Miller sucht Gründe für gemeinsames Scheitern

Der stärkste Text in dieser hübschen Geburtstagssammlung (die auch eine schnoddrige Erinnerung von Truman Capote und eine literarische Hommage von Joyce Carol Oates enthält) ist der ihres Ex-Ehemanns Arthur Miller. Allein die Überschrift nimmt ein: "Das traurigste Mädchen der Welt". Er versucht, zu verstehen, wie und wer sie war. "In einem Moment besaß sie die Härte der Straße, und dann wieder erhob sie sich zu einer lyrischen und poetischen Sensibilität, die wenige Menschen über ihre frühe Jugend hinaus bewahren". Arthur Miller war in dieser (vor 30 Jahren geschriebenen) Hommage auch den Gründen ihres gemeinsamen Scheiterns auf der Spur. Das ist eine berührende und erhellende Lektüre.
Ihre Kollegin Jane Russel hat einmal gesagt, "was Marilyn so entscheidend von anderen Sexsymbolen unterschied, war ihre Verletzlichkeit."

Barbara Sichtermann (Hg.): Marilyn Monroe – Mythos und Muse
Ebersbach & Simon, Berlin 2016
144 Seiten, 16,80 Euro

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