Wie Wissen zu Bildern wurde
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Daten entfalten ihr volles Potential, wenn sie gut dargestellt werden. Die visuelle Vermittlung von Wissen ist eine alte Kulturtechnik mit einer rosigen Zukunft. In ihrem Buch versammelt Sandra Rendgen Meilensteine der Geschichte der Infografik.
Der Datenjournalismus erlebt momentan sein goldenes Zeitalter. Eingeläutet wurde es mit dem Aufkommen des Internets und webbasierter Tools, erklärt die Kunsthistorikerin Sandra Rendgen im Deutschlandfunk Kultur. Redakteure, Grafiker und Statistiker würden gerade immer neue Methoden entwickeln, um Daten zu visualisieren.
Motiviert von dieser Situation hat Rendgen ein neues Buch veröffentlicht, dass die Geschichte der Infografik in Europa vom Mittelalter bis heute nachzeichnet. Die heutige Lage bedürfe einer historischen Rückversicherung, so Rendgen: "Wo kommen wir her, was gab es schon? Das wollen Kollegen wissen, um neue Ideen zu entwickeln."
Christliche Geschichte wird mitvermittlet
Bei ihrer Recherche konnte die Kunsthistorikerin nach eigener Aussage aus "unendlich viel Material" schöpfen. Dabei sei es ihr Ziel gewesen, eine Übersicht zusammenzustellen, die möglichst viele Aspekte abbilde – auch Dinge, die ungewohnt und ein bisschen schräg seien.
Für heutige Betrachter sei das bei vielen Grafiken des Mittelalters der Fall, erläutert Rendgen. Dass Infografiken Dinge auf einen Blick erläutern würden, sei ein Mythos. Vielmehr seien sie in einen "kontextuellen Rückraum" eingebunden. Insbesondere bei mittelalterlichen Karten werde dies deutlich: Auf ihnen würden nicht nur geographische Informationen vermittelt, sondern auch christliche Figuren und Geschichten. "Heute sind wir nicht mehr genug bewandert in der Theologie, um das dann gleich zu verstehen", so Rendgen.
Wie lassen sich Daten visualisieren?
Über das große Zeitalter der Seefahrer und Entdecker, in dem sich die wissenschaftliche Kartographie entwickelt habe, die wir heute kennen, schlägt Rendgen einen Bogen ins 19. Jahrhundert. Mit dem Aufkommen der Statistik hätten sich die Tabellen nur so angehäuft – darunter viele, die nicht einmal mehr Experten auf den ersten Blick verstanden hätten.
Laut der Kunsthistorikerin waren es Wissenschaftler aus Schottland und Frankreich, die sich die aus heutiger Sicht naheliegende Frage stellten: "Wie können wir das visuell verarbeiten?" So wurde die Basis gelegt für Infografiken, mit denen wir immer noch täglich konfrontiert seien, von Börsenkursen bis hin zu Wahlgrafiken.
Sandra Rendgen endet ihr Buch nicht zufällig mit dem Jahr 2000: "Hier beginnt eine neue Epoche, die jetzt läuft und sehr spannend ist, weil wir in einer Welt leben, in der uns, technisch gesehen, unendlich viele neue Möglichkeiten zur Verfügung stehen."
(rod)