Wunderbar und hochpolitisch
Am Wochenende eröffnet die São Paulo Biennale fürs Publikum. Der Kunstkritiker Carsten Probst hat die große Kunstschau bereits gesehen und zeigt sich "ausgesprochen positiv überrascht" über deren "unglaublichen Drive".
Motto der diesjährigen São Paulo Biennale: "How to create things that don't exist". Angesichts der "riesigen Armutsproblematik" in Brasilien gehe es dabei um die Frage, wie man eine gerechtere Gesellschaft schaffen könne, sagte Probst.
Politische Kunst ohne Propaganda
"Den Kuratoren ist es gelungen, eine Schau zu machen, die völlig politisch ist, durch und durch politisch, ohne politische Statements", lobte der Kritiker. Es sei keine Schau, die sich in politischer Propaganda ergehe, "sondern sie setzen auf sehr viele junge Künstler, denen sie die Vorgabe gegeben haben: Lasst euch nicht irritieren vom Anbranden der internationalen Kunstmarktes!"
Herausgekommen sei "eine wunderbar kuratierte Ansammlung von einzelnen Arbeiten, Installationen, architektonischen kleinen Ambientes", bei denen Dokumentarisches mit arrangierten Landschaften wechsle: "Insgesamt geht es den Künstlern formal darum, dass sie improvisierte kleine Installationen machen, dass sie Ambientes schaffen, durch die man hindurchflanieren kann."
Den Menschen und ihren Themen nahe kommen
Die São Paulo Biennale habe sich schon oft als "Bildungsinstitution für die Massen" verstanden, so Probst weiter. Sie verzichte bewusst auf den "hehren" Kunstcharakter und komme den Menschen mit ihren Themen sehr nahe. "Das hat einen unglaublichen Drive. Das habe ich so eigentlich bisher bei keiner Biennale erlebt, dass das so eine Dynamik, so eine Energie hat, dass man spürt, hier interagiert auch das Publikum mit diesen Kunstwerken." Da der Eintritt kostenlos ist, erreicht die Biennale von São Paulo einen sehr großen Besucherkreis: "Es ist in jedem Fall ein Fest."