Schöpfen, Springen, Strömen
Sasha Waltz' "Women" wurde beim "Tanz im August" in Berlin mit 20 Tänzerinnen uraufgeführt. Das neue Stück der zukünftigen Chefin des Berliner Staatsballetts zeigt Fruchtbarkeitsriten und die Frau sowohl als Hohepriesterin als auch als ungezähmtes Tier.
Die Berliner Choreografin und zukünftige Chefin des Berliner Staatsballetts Sasha Waltz hat im Rahmen von Tanz im August eine Uraufführung gezeigt. "Women" – ein Stück für 20 Tänzerinnen feierte am Abend in der St. Elisabeth Kirche in Berlin-Mitte Premiere.
Schöpfen, Strömen, Wiegen, Wallen; kleine Sprünge und zum Himmel erhobene Arme als Vertikalbewegung, eine tiefe Mitte oder das Stampfen der Füße als Betonung der Horizontale und des Bezugs zur Erde – das Bewegungsmaterial, mit dem Sasha Waltz ihr jüngstes Stück "Women" eröffnet, ist ihrer atemberaubenden Produktion "Sacre du Printemps" entliehen. Doch während in "Sacre" Choreografie und Musik Strawinskys eine umwerfende Allianz eingingen, präsentiert sich "Women" als kultisches Weihe-, Weib- und Mysterienspiel, in den man einen Bezug zu dem, was ritualisierte Weiblichkeit heute sein kann und könnte, vergeblich sucht.
Grausame Kulthandlungen
Inspiriert von der Installation "The Dinnerparty" der US-amerikanischen Künstlerin Judy Chicago, lässt auch Sasha Waltz im zweiten Teil drei zum Dreieck geformte Tische aufbauen, an dem sich eine absurde, zunehmend orgiastische Speisung vollzieht. Fruchtbarkeitsriten treffen auf Motive von Waschung und Geburt, die Frau als Hohepriesterin und wildes, ungezähmtes Tier – trotz durchaus starker tänzerischer und szenischer Momente und einer sicheren Raumchoreografie entwickelt "Women" Bilder einer angeblich archaischen, mindestens aber natürlichen und bei allen blutigen, grausamen Kulthandlungen immer schönen Weiblichkeit, die kaum so ernst genommen werden können, wie sie gemeint sind. Noch schwerer wiegt allerdings, dass die Choreografie die Vorstellung der Frau und des Frauseins wiederum in ein enges Korsett presst und den Tänzerinnen kaum Möglichkeiten gibt, sich wirklich frei zu entfalten.