Satellitenmission Grace-FO

Wie deutsche Wissenschaftler die Klimaentwicklung erforschen

Frank Flechtner im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
So wenig Meereis wie in diesem Jahr gab es an den Polen noch nie. Zwei deutsche Satelliten starten am Dienstag ins All, um mehr Daten zur Einordnung der Klimaentwicklung zu liefern. Missionsleiter Frank Flechtner erklärt, wie die Mission funktioniert.
Wenn am Dienstag vom kalifornischen Weltraumbahnhof Vandenberg aus die nächste Falcon-9-Rakete von SpaceX ins All geschickt wird, werden auch zwei deutsche Satelliten an Bord sein: Die Mission Grace-Follow-on, ein Gemeinschaftsprojekt von NASA und Helmholtz-Zentrum Potsdam, soll weitere Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit die Eisschmelze in Arktis und Antarktis Ausdruck und Folge des Klimawandels ist.
Seit 15 Jahren bereits beobachten die Forscher vom Helmholtz-Zentrum Potsdam die Entwicklung des Meereises an den Polen mit den Vorgänger-Satelliten Grace. "Wir haben, als wir 2002 Grace gestartet haben, eigentlich gar keine Vorstellung gehabt, wie viel Eis in Grönland oder in der Antarktis oder auf den großen Inlandgletschern verloren geht", sagte Frank Flechtner, der die Mission auf deutscher Seite leitet, im Deutschlandfunk Kultur. "Aber man sieht schon aus den 15 Jahren, dass es eigentlich kein linearer Verlust an Eismassen ist, sondern dass es auch eine Beschleunigung der Eisverluste gibt."

Noch lässt sich nicht sagen, ob dahinter der Klimawandel steht

Ob diese Veränderungen Ausdruck des Klimawandels sind, ist derzeit noch nicht restlos klar, meint Flechtner. Denn dafür reiche der Beobachtungszeitraum noch nicht aus. "Um wirklich statistisch signifikante Aussagen zu machen, ob sich was verändert, braucht man lange Zeitreihen." Etwa zwei bis drei Dekaden seien dafür notwendig. "Deshalb starten wir in wenigen Tagen die Nachfolgemission."
Die Eisdecke auf dem Arktischen Ozean am Nordpol
Seit Jahren geht die Eisdecke in der Arktis zurück - und die Geschwindigkeit nimmt zu.© Ulf Mauder/dpa
Die beiden Satelliten von Grace-FO werden in ungefähr 490 Kilometern Höhe in einem Abstand von 220 Kilometern hintereinander herfliegen und das Erdschwerefeld vermessen. "Man muss sich vorstellen, wenn der erste der beiden Satelliten über einen Berg fliegt – nehmen wir mal als Beispiel einen Eisberg –, dann wird der durch diese Masse angezogen", erklärt Flechtner. "Das ist das Gravitationsgesetz, zwei Massen ziehen sich an." Dadurch veränderten sich der Abstand zwischen diesen beiden Satelliten. "Das sind ganz, ganz kleine Effekte, also, ungefähr um das Zehntel eines menschlichen Haares verändert sich der Abstand der beiden."

Grace-FO ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA und des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. Geplant ist sie zunächst für die Dauer von fünf Jahren, eine Verlängerung ist möglich. Die ersten wissenschaftlichen Daten von Grace-FO sollen im Sommer vorliegen.

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