Florian Werner ist Autor von Sachbüchern und Prosa, spielt Fußball in der Deutschen Autorennationalmannschaft, lehrt als Gastdozent an verschiedenen Hochschulen und arbeitet für den Hörfunk.
Angela Merkel als "Merkusalem" oder "Die Ewige"
Im September 2041 wird Angela Merkel - 87-jährig - zum zehnten Mal deutsche Bundeskanzlerin, prophezeit unser Autor Florian Werner in einer Satire zum aktuellen Wahlausgang. Sie ist inzwischen alternativlos und wird "Die Ewige" genannt, angesichts ihres Alters auch mal "Merkusalem".
Wir schreiben den 25. September 2041. Soeben ist Angela Merkel mit überwältigender Mehrheit zum zehnten Mal zur deutschen Bundeskanzlerin gewählt worden. Sie habe "unendlich viel darüber nachgedacht", ob sie noch einmal kandidieren solle, erklärte die rüstige 87-jährige zu Beginn ihres Wahlkampfs in der Talkshow "Anne Will". Aber sie fühle sich noch "neugierig und stark genug", es ein weiteres Mal zu versuchen.
Die Wahrheit ist: Merkel ist inzwischen alternativlos. Ihre innerparteilichen Kritiker und Konkurrenten sind über die Jahre einfach weggestorben - selbst ihren Intimfeind Horst Seehofer, der immerhin 30 Jahre lang Ministerpräsident von Bayern war, hat Merkel überlebt. Aus den Reihen der SPD wagt schon seit Jahrzehnten niemand mehr, als Kandidat gegen sie anzutreten. Und die Grünen sowie Die Linke geben sich damit zufrieden, abwechselnd den Juniorpartner in einer CDU-geführten Koalition zu stellen.
Die besorgten Bürger im Salzbergwerk Asse
Auch die "Merkel-muss-weg"-Rufer sind über die Jahre zunächst heiser geworden und schließlich ganz verstummt. Die letzten besorgten Bürger haben sich nach der vorletzten Wahl von der Bundesrepublik losgesagt und einen eigenen, an den Werten des christlichen Abendlandes orientierten Staat auf deutschem Boden gegründet. Unbestätigten Berichten zufolge befindet sich dieser auf einem Sandsteinfelsen nordwestlich von Helgoland oder in einem aufgelassenen Stollen des Salzbergwerks Asse.
Für jüngere Wähler - das heißt: alle unter 40 - ist der Ausdruck "Merkel" inzwischen gleichbedeutend mit "Kanzlerin" und "CDU-Vorsitzende", so wie der Markenname "Tempo" synonym für Papiertaschentücher steht. Kaum vorstellbar, dass diese Frau einmal herablassend als "Kohls Mädchen" bezeichnet wurde. Auch der Spitzname "Mutti" ist längst passé: Im politischen Berlin wird Merkel hinter ihrem Rücken "Omi", "Großmütterchen der Nation" oder - wegen ihrer fließenden Russischkenntnisse - "Babuschka" genannt. Manche Kommentatoren nennen sie wegen ihres biblischen Alters ehrfürchtig "Merkusalem", andere schlicht und einfach "Die Ewige".
Um das Geheimnis von Merkels Langlebigkeit haben sich über die Jahre zahlreiche Legenden gebildet. Einige Verschwörungstheoretiker behaupten, Merkel sei als junge Physikerin, damals noch in der DDR, im Rahmen eines Experiments mit radioaktiven Strahlen beschossen worden, die ihr politische Unverwundbarkeit und ein ewiges Leben verleihen. Natürlich sind das nur Gerüchte - dennoch hat die Internationale Union für reine und angewandte Chemie jüngst vorgeschlagen, das neuentdeckte radioaktive Element mit der Ordnungszahl 119 zu Ehren der deutschen Kanzlerin auf den Namen "Merkelium" zu taufen.
"Merkel-Raute" in Wirklich eine Dehnübung
Ihre Finger sind noch so flink und gelenkig wie eh und je, Merkel schreibt nach wie vor um die 2000 Kurznachrichten pro Tag. Alles Übungssache, wie sie unlängst in der Talkshow "Anne Will" verriet: Die vielbelächelte "Merkel-Raute" sei in Wirklichkeit eine Dehn-Übung gewesen, um rechtzeitig einer Sehnenverkürzung der Finger vorzubeugen. Die einzige Konzession an das Alter: Merkel benutzt zum Simsen ein iPhone 30 mit extragroßem Display.
Auch Merkels Gedächtnis ist noch hervorragend. Nur wenn man sie auf den Bundestagswahlkampf 2017 anspricht, wissen Sie noch, damals?, verengen sich ihre Augen zu messerscharfen Schlitzen, sie guckt, als müsste sie angestrengt nachdenken, und sagt schließlich: 2017, das war doch das Jahr, in dem dieser Dings gegen mich angetreten ist, dieser … Martin Schmidt? Michael Schulz? Na, wie hieß er noch gleich?
Eine weitere Kandidatur für die Bundestagswahl 2045 will Angela Merkel nicht ausschließen.