Betrug per KI

Wozu braucht es Menschen im Schach?

03:14 Minuten
Schachfiguren stehen und liegen auf einem Schachbrett.
Schach-Weltmeister Magnus Carlsen wirft seinem Gegner Hans Niemann vor, bei einer Partie betrogen zu haben. © dpa / picture alliance / Michael Bihlmayer
Von Charles Schildge |
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Die jüngsten Betrugsvorwürfe im Schach werfen jetzt Fragen auf, die zwar nicht neu sind, aber im Zeitalter der KI-getriebenen Schachprogramme immer mehr an Brisanz gewinnen. Wäre es nicht sinnvoller, Computer machen es gleich unter sich aus?
Im direkten Vergleich mit der neuen Generation intelligenter Maschinen schneidet der Schachprofi ungefähr so (gut) ab wie ein Faultier beim Marathonlauf mit dem Weltrekordler Kipchoge. Mittlerweile können die besten Schachprogramme 70 Millionen Stellungen innerhalb einer Sekunde durchrechnen.
Einerseits ist die Leistung dieser Schachprogramme beeindruckend. Genauer genommen beeindruckt der menschliche Erfindungsgeist. Andererseits bedrohen diese Programme die Existenz des Profi-Schachs.

Noch mehr Sicherheitsmaßnahmen?

Das Ende der Geschichte wäre erreicht, wenn die Grundbedingungen von Wettkampfsport, Chancengleichheit und Ergebnisoffenheit, nicht mehr gewährleistet werden können.

Eine Möglichkeit wäre, die Sicherheitsmaßnahmen noch weiter zu verschärfen. Aber wie heißt es so schön: Sicherheitsvorkehrungen sind da, um umgangen zu werden. Um wirklich sicher zu gehen, müssten Carlsen und Niemann schon nackt in einem Glaskasten in der Gobiwüste spielen. Wollen wir das wirklich sehen?
Liefe das nicht letztlich auf ein endloses Katz- und Mausspiel zwischen Betrügern und der Schachpolizei hinaus? Wäre es da nicht sinnvoller, wir überließen die Schachmeisterschaften gleich komplett den Programmen und erfreuten uns an den originellen Zügen der hyperintelligenten Maschinen?

Der Mensch braucht Schach

Und: Programme können nicht betrügen. Nach diesem Vorbild könnten sich dann auch andere Sportarten schon mal auf eine betrugsfreie Zukunft ohne Menschen vorbereiten. Etwa Fußball ohne die Hand Gottes. Und warum dann nicht gleich in allen betrugsanfälligen Bereichen des menschlichen Lebens den Menschen abschaffen? Politik, Wirtschaft, Casinos – ohne Menschen, ohne Betrug?

Aber diese Welt, so verlockend sie auch anmutet, wäre sicher keine lebenswerte Welt mehr. Ohne den Menschen und seine Betrügereien wäre sie vielleicht perfekt. Doch sie wäre vor allem eins: blass, monoton und langweilig.
Die Welt braucht den Menschen. Schach braucht den Menschen und, viel wichtiger, der Mensch braucht Schach, und sei es nur, um sich seiner eigenen Schwächen bewusst zu bleiben!

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