Die flinken Hände beim "Damengambit"
05:45 Minuten
Die 24-jährige Dresdnerin Filiz Osmanodja spielt seit ihrem fünften Lebensjahr Schach und mittlerweile ist sie Schach-Großmeisterin. Ein wenig durch Zufall spielt sie in der Netflix-Serie „Damengambit" mit – zumindest als Hand-Double der Heldin.
"Am meisten fasziniert mich der mentale Sieg, den man erringen kann. Wenn man eine Variante berechnet, also im Voraus, und gewinnt, dann ist das ein sehr besonderes Gefühl und das hat mir immer gefallen."
Filiz Osmanodja spielt Schach, seit sie fünf ist. Zunächst mit dem Vater und dem zwei Jahre älteren Bruder. Wenig später dann im Verein, dem USV TU Dresden, wo sie auf viele schachbegeisterte Kinder trifft, und richtig Feuer fängt.
Bereits zwei Jahre später bestreitet sie erste größere Turniere, nimmt sogar an der Jugendmeisterschaft teil. Sie belegt bei den Mädchen den dritten Platz. Im darauffolgenden Jahr, mit acht, gewinnt sie die Deutschen Meisterschaften. Spätestens jetzt ist ihrem Vater Osman Osmanodja das Talent seiner Tochter klar:
"Besonderes bei Filiz, außer die Erfolge, die sie hatte, war, dass sie als Mädchen einmalig oder zweimal hat sie selber einmal geschafft, unter den Jungs Deutscher Meister zu sein. Das war sehr besonders."
Nach der Grundschule wechselt Filiz auf ein Sportgymnasium, erhält zweimal die Woche Schachunterricht und trainiert, üblicherweise allein in ihrem Zimmer, stundenlang die unterschiedlichen Schachphasen: Eröffnung, Mittelspiel, Endspiel. Die verschiedenen Eröffnungsvarianten muss man auswendig lernen, sagt sie, das Mittelspiel ist am spannendsten:
Nach der Grundschule wechselt Filiz auf ein Sportgymnasium, erhält zweimal die Woche Schachunterricht und trainiert, üblicherweise allein in ihrem Zimmer, stundenlang die unterschiedlichen Schachphasen: Eröffnung, Mittelspiel, Endspiel. Die verschiedenen Eröffnungsvarianten muss man auswendig lernen, sagt sie, das Mittelspiel ist am spannendsten:
"Dort kommen viele Elemente zusammen, zum Beispiel Taktik, forcierte Varianten, Strategien. Das kann man sehr gut trainieren, indem man sich Partien von großen Meistern anguckt."
Und auf einmal bei Netflix
Genau wie Beth Harmon, Protagonistin in der hochgelobten Mini-Serie des vergangenen Jahres: "Das Damengambit". Man muss kein Schachspieler sein, um sich für Beth Harmons Geschichte begeistern zu können. Anya Taylor-Joy spielt eine Frau, die versucht, sich in der männerdominierten Schachwelt durchzusetzen. Dabei sind es größtenteils gar nicht ihre Hände, die in wenigen Zügen ihre Gegner schachmatt setzen, sondern die von Filiz Osmanodja:
"Ich kam darauf über eine Facebook-Anzeige. Da wurde eine Schachspielerin gesucht in Berlin, die als Double zur Verfügung stehen würde und einige Partien auswendig lernen kann. Und da habe ich ein Bild meiner Hände eingeschickt, und die haben in etwa gepasst, und dann bin ich in den Szenen zu sehen, wo es um schnelles Schach geht, wo Speed Chess gespielt wird."
Die 24-jährige Schachspielerin hält die Serie "Damengambit" für sehr authentisch. Am besten und am überraschendsten aber findet Filiz, wie realistisch der Lebensstil eines Schachspielers dargestellt wird.
Die 24-jährige Schachspielerin hält die Serie "Damengambit" für sehr authentisch. Am besten und am überraschendsten aber findet Filiz, wie realistisch der Lebensstil eines Schachspielers dargestellt wird.
"Das geht los mit den ersten Turnieren, die sind ganz einfach in irgendwelchen Turnhallen, das war bei mir genauso. Man reist als Schachspieler sehr viel von Turnier zu Turnier, ist wenig zu Hause und auf den Turnieren, da spielt man eigentlich Schach den Tag über, dann geht man Abendessen, vielleicht mit anderen Schachfreunden und am nächsten Tag dasselbe."
Frauen sind unterrepräsentiert
Seit einigen Jahren nimmt Filiz an internationalen Schachturnieren teil. Spielt dort hauptsächlich gegen Männer. Erst 2019 gewann sie bei den Europameisterschaften bereits in der ersten Runde gegen den bulgarischen Großmeister Kiril Georgiev. Bis heute hat keine Frau den Titel bei den offenen Weltmeisterschaften gewonnen. Noch immer spielen deutlich weniger Frauen als Männer bei den Profis. Es sei nicht leicht, sich in der männerdominierten Schachwelt zu behaupten, erklärt Filiz:
"Die meisten reagieren ganz cool, weil sich viele Schachspieler auch davon abstrahieren, wenn sie gegen eine Frau spielen, aber manche sind dann schon mitgenommen und äußern sich nach der Partie inadäquat. Wollen einen belehren. Man merkt schon, wenn das aus Ärger geschieht."
Das Leben neben dem Schach
Warum so wenige Frauen an die Spitze des Schachsports gelangen, wisse sie auch nicht. Bereits in den Vereinen gebe es trotz einiger Programme nach wie vor nur wenig Mädchen, sagt sie, das wirke vielleicht "abschreckend".
2020 war auch für Filiz Osmanodja ein besonderes Jahr. Von März an fanden wegen der Corona-Pandemie keine Wettkämpfe mehr statt. Auch die Europameisterschaft und die Mannschaftsolympiade wurden abgesagt. Osmanodja nutzte die gewonnene Zeit, um ihr Medizinstudium an der Berliner Charité abzuschließen. Als Radiologin möchte sie dort künftig arbeiten – und weiterhin Schach spielen. Im deutschen Kader will sie bleiben, ihr Rating verbessern und weiterhin an Europameisterschaften teilnehmen.
"Wenn ich allein auf Turniere gefahren bin, das war schon manchmal hart. Besonders, wenn man verliert. Aber im Endeffekt haben die Siege im Schach das immer wieder für mich aufgewogen. Aus jeder Verlustpartie lernt man ja, wie im Leben."