Schatztruhen unserer Kultur
In Deutschland gibt es 12.600 Bibliotheken, in denen alljährlich von 94 Millionen Besuchern 453 Millionen Medieneinheiten entliehen werden. Die Zahl der Benutzer nimmt zu, wissenschaftliche Bibliotheken sind oft überfüllt. Beeindruckende Zahlen lagen den Experten vor, und die Vorsitzende der Enquetekommission "Kultur in Deutschland" , Gitta Connemann , CDU, fühlte sich zu großen Worten veranlasst:
"Ich glaube alle, die hier heute in diesem Saal sind, sind sich einig, dass Bibliotheken ohne Zweifel zu den Schatztruhen unserer Kultur gehören. Sie zählen nicht nur zum Bestand, sondern sie sind auch immer zugleich Medium der Bewahrung unserer Kultur und zwar auch im Zeitalter der modernen Informations – und Kommunikationstechnologie."
Allerdings bietet die Realität ein anderes Bild . Bibliotheken werden geschlossen oder müssen ihre Angebote reduzieren, Öffnungszeiten kürzen oder mobile Bibliotheken ganz einstellen, oft fehlt das Geld für Neuerwerbungen. Die Experten sind sich mit Frau Connemann einig, worauf die Krise in erster Linie zurückzuführen ist:
"Es liegt daran, dass der Erhalt der öffentlichen Bibliotheken zu den so genannten freiwilligen Leistungen zählt, die häufig und leider viel zu oft den Haushaltskonsolidierungszwängen zum Opfer fallen."
Es ist kaum verwunderlich, wenn sich die Fachleute in einem einig sind: der Unterhalt von öffentlichen Bibliotheken muss zu einer Pflichtaufgabe werden. Den Einwand aus der Politik, auch dann hinge ihre finanzielle Ausstattung von der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand ab, lässt Georg Ruppelt von der Bundesvereinigung Deutscher Biliotheks- und Informationsverbände nicht gelten. Er ist sich sicher, dass der Status als Pflichtaufgabe in jedem Fall einen gewissen Schutz vor finanzieller Auszehrung garantiert:
"Wir erleben täglich, dass Bibliotheken im Grunde die einzigen sind, die in einer Kommune überhaupt noch in irgendeiner Weise zur Disposition gestellt werden können. Mit einer Pflichtaufgabe "kulturelle Bildung , Förderung von Bibliotheken" wäre zumindest der Tatsache ein Riegel vorgeschoben, dass Bibliotheken in der Sonntagsrede gelobt werden und drei Tage später im Grunde sofort der Kürzung zum Opfer fallen. Es wird ja nicht gespart, auf die hohe Kante gelegt, es wird ja gekürzt und weg gestrichen, und dann ist es ein für alle Mal weg."
Es fehle, so klagen die zu Wort kommenden Experten fast einhellig, in Deutschland offenbar die gemeinsame Überzeugung, dass Bibliotheken einen wesentlichen Teil der Bildungschancen und des Kulturerbes ausmachen. Regine Wolf–Hauschild, Büchereidirektorin der Stadtbücherei Heidelberg verweist auf Länder wie die USA, Finnland, Singapur und andere, um deutlich zu machen, was sich hier in den Köpfen ändern muss:
"Viele Leute kennen die öffentlichen Bibliotheken aus ihrer Jugendzeit. Das ist die Wahrnehmung, die viele Leute in der Bundesrepublik noch haben. Wenn ich in den USA, in Singapur , Finnland oder Frankreich hingehe, dann sind die Bibliotheken die Träger des kulturellen Gedächtnisses, werden beachtet, und ich denke, es ist eine Haltung, und diese Haltung müsste in Deutschland verändert werden."
Auf Vorbilder im Ausland , wo der Unterhalt von öffentlichen Bibliotheken ausdrücklich als staatliche Pflichtaufgabe begriffen wird, blicken auch andere neidvoll. Noch einmal Georg Ruppelt:
"Es ist vollkommen undenkbar, dass in Südtirol oder in Finnland daran gedacht werden könnte, eine Bibliothek zu streichen. Wir versprechen uns davon eine besondere Aufmerksamkeit, einen Imagewandel der Bibliotheken, nicht nur in den Köpfen der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, sondern auch im Bewusstsein der Allgemeinheit . Das ist in den Ländern, die ich genannt habe, völlig anders. Von allen Ländern, die da genannt sind, steht Deutschland immer bei allen Vergleichen am unteren Ende."
In Deutschland herrscht nicht nur eine weite Kluft zwischen öffentlichen Bekenntnissen zur Bedeutung von Bibliotheken und ihrer finanziellen Ausstattung. Auch hier erweist sich der Föderalismus als Hemmschuh. Überregionale Kooperation ist schwierig. Eher erfindet man das Rad zu hohen Kosten 16 Mal neu, wie beklagt wurde. Ein Beispiel für die absurden Folgen ist das Schicksal der Internet –Bibliothek. 70 kommunale Bibliotheken haben sie auf Initiative und mit massiver Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung ins Leben gerufen. Jetzt steht sie vor dem Aus. Claudia Lux, Vorsitzende des Deutschen Bibliothekenverbandes und Generaldirektorin der Stiftung Zentral – und Landesbibliotheken in Berlin, versteht die Welt nicht mehr:
" Dieses Projekt muss Ende dieses Jahres geschlossen werden, obwohl viele Menschen es nutzen, obwohl es dem täglichen Bedarf, den täglichen Fragen der Menschen in diesem Land tatsächlich eine Antwort gibt. Warum ? Weil es niemanden gibt, der 70 Kommunen, die zusammen arbeiten, irgendwo auffängt, der über die Länder irgendwo die Finanzierung dafür bietet. Schaffen Sie etwas dafür."
Obwohl das Internet und die digitale Technik längst mit Macht ihren Einzug in die meisten deutschen Bibliotheken gehabt haben, fehlt es auch in diesem Bereich bis heute an einheitlichen Standards. Auch deshalb findet die Forderung nach einer stärkeren Rolle des Bundes viel Unterstützung. Dabei steht ein Bibliotheksgesetz ebenso zur Diskussion wie ein Bibliotheksentwicklungsplan oder eine Bibliotheksentwicklungsagentur. Claudia Lux plädiert eindringlich für ein Bibliotheksgesetz:
Ob die Politik den Appell der Fachleute nicht nur hört, sondern auch die erwünschten Folgerungen daraus zieht, ist die große Frage.
Allerdings bietet die Realität ein anderes Bild . Bibliotheken werden geschlossen oder müssen ihre Angebote reduzieren, Öffnungszeiten kürzen oder mobile Bibliotheken ganz einstellen, oft fehlt das Geld für Neuerwerbungen. Die Experten sind sich mit Frau Connemann einig, worauf die Krise in erster Linie zurückzuführen ist:
"Es liegt daran, dass der Erhalt der öffentlichen Bibliotheken zu den so genannten freiwilligen Leistungen zählt, die häufig und leider viel zu oft den Haushaltskonsolidierungszwängen zum Opfer fallen."
Es ist kaum verwunderlich, wenn sich die Fachleute in einem einig sind: der Unterhalt von öffentlichen Bibliotheken muss zu einer Pflichtaufgabe werden. Den Einwand aus der Politik, auch dann hinge ihre finanzielle Ausstattung von der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand ab, lässt Georg Ruppelt von der Bundesvereinigung Deutscher Biliotheks- und Informationsverbände nicht gelten. Er ist sich sicher, dass der Status als Pflichtaufgabe in jedem Fall einen gewissen Schutz vor finanzieller Auszehrung garantiert:
"Wir erleben täglich, dass Bibliotheken im Grunde die einzigen sind, die in einer Kommune überhaupt noch in irgendeiner Weise zur Disposition gestellt werden können. Mit einer Pflichtaufgabe "kulturelle Bildung , Förderung von Bibliotheken" wäre zumindest der Tatsache ein Riegel vorgeschoben, dass Bibliotheken in der Sonntagsrede gelobt werden und drei Tage später im Grunde sofort der Kürzung zum Opfer fallen. Es wird ja nicht gespart, auf die hohe Kante gelegt, es wird ja gekürzt und weg gestrichen, und dann ist es ein für alle Mal weg."
Es fehle, so klagen die zu Wort kommenden Experten fast einhellig, in Deutschland offenbar die gemeinsame Überzeugung, dass Bibliotheken einen wesentlichen Teil der Bildungschancen und des Kulturerbes ausmachen. Regine Wolf–Hauschild, Büchereidirektorin der Stadtbücherei Heidelberg verweist auf Länder wie die USA, Finnland, Singapur und andere, um deutlich zu machen, was sich hier in den Köpfen ändern muss:
"Viele Leute kennen die öffentlichen Bibliotheken aus ihrer Jugendzeit. Das ist die Wahrnehmung, die viele Leute in der Bundesrepublik noch haben. Wenn ich in den USA, in Singapur , Finnland oder Frankreich hingehe, dann sind die Bibliotheken die Träger des kulturellen Gedächtnisses, werden beachtet, und ich denke, es ist eine Haltung, und diese Haltung müsste in Deutschland verändert werden."
Auf Vorbilder im Ausland , wo der Unterhalt von öffentlichen Bibliotheken ausdrücklich als staatliche Pflichtaufgabe begriffen wird, blicken auch andere neidvoll. Noch einmal Georg Ruppelt:
"Es ist vollkommen undenkbar, dass in Südtirol oder in Finnland daran gedacht werden könnte, eine Bibliothek zu streichen. Wir versprechen uns davon eine besondere Aufmerksamkeit, einen Imagewandel der Bibliotheken, nicht nur in den Köpfen der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, sondern auch im Bewusstsein der Allgemeinheit . Das ist in den Ländern, die ich genannt habe, völlig anders. Von allen Ländern, die da genannt sind, steht Deutschland immer bei allen Vergleichen am unteren Ende."
In Deutschland herrscht nicht nur eine weite Kluft zwischen öffentlichen Bekenntnissen zur Bedeutung von Bibliotheken und ihrer finanziellen Ausstattung. Auch hier erweist sich der Föderalismus als Hemmschuh. Überregionale Kooperation ist schwierig. Eher erfindet man das Rad zu hohen Kosten 16 Mal neu, wie beklagt wurde. Ein Beispiel für die absurden Folgen ist das Schicksal der Internet –Bibliothek. 70 kommunale Bibliotheken haben sie auf Initiative und mit massiver Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung ins Leben gerufen. Jetzt steht sie vor dem Aus. Claudia Lux, Vorsitzende des Deutschen Bibliothekenverbandes und Generaldirektorin der Stiftung Zentral – und Landesbibliotheken in Berlin, versteht die Welt nicht mehr:
" Dieses Projekt muss Ende dieses Jahres geschlossen werden, obwohl viele Menschen es nutzen, obwohl es dem täglichen Bedarf, den täglichen Fragen der Menschen in diesem Land tatsächlich eine Antwort gibt. Warum ? Weil es niemanden gibt, der 70 Kommunen, die zusammen arbeiten, irgendwo auffängt, der über die Länder irgendwo die Finanzierung dafür bietet. Schaffen Sie etwas dafür."
Obwohl das Internet und die digitale Technik längst mit Macht ihren Einzug in die meisten deutschen Bibliotheken gehabt haben, fehlt es auch in diesem Bereich bis heute an einheitlichen Standards. Auch deshalb findet die Forderung nach einer stärkeren Rolle des Bundes viel Unterstützung. Dabei steht ein Bibliotheksgesetz ebenso zur Diskussion wie ein Bibliotheksentwicklungsplan oder eine Bibliotheksentwicklungsagentur. Claudia Lux plädiert eindringlich für ein Bibliotheksgesetz:
Ob die Politik den Appell der Fachleute nicht nur hört, sondern auch die erwünschten Folgerungen daraus zieht, ist die große Frage.