Als junger Karl Marx auf der Berlinale
Kurz vor seinem Abschluss an der Schauspielschule wurde August Diehl von Hans-Christian Schmid als Hacker in "23" eingesetzt. Seitdem feiert Diehl auf der Theaterbühne und im internationalen Film Erfolge. Auf der Berlinale ist er jetzt als "Der junge Karl Marx" zu sehen.
August Diehl hat eine außergewöhnliche Präsenz, auf der Bühne und auf der Leinwand. Schon während seiner Zeit an der Schauspielschule feierte er unter Peter Zadek erste Theatererfolge und unter der Regie von Hans-Christian Schmid im Hacker-Thriller "23". Inzwischen hat August Diehl mit Hollywood-Größen wie Quentin Tarantino, Angelina Jolie und Terrence Malick zusammen gearbeitet. Bei den Salzburger Festspielen machte er als Prinz von Homburg Furore und als Hamlet am Wiener Burgtheater.
Politisch aufgeheizte Atmosphäre
Bei der Berlinale feierte nun der Film "Der junge Karl Marx" des Regisseurs Raoul Peck Premiere, in dem August Diehl die Titeltrolle spielt. Bei der Vorbereitung auf den Dreh habe er sich zunächst vor allem mit dem Milieu des jungen Karl Marx im Pariser Exil Mitte des 19. Jahrhunderts beschäftigt.
"Marx war ja nicht alleine, er lebte in einem Schwarm von Menschen, die auch Ideen hatten, die Welt zu verändern. Das war eine hoch politisch aufgeheizte Atmosphäre."
Frei nach der Maxime von Marx, dass der Mensch ein Produkt seines Milieus sei, habe er sich zunächst lange nur mit der Zeit beschäftigt, bevor er begann, sich mit Karl Marx selbst zu befassen.
"Als das anfing, ging es gar nicht so stark um die Werke, weil in den Werken spürt man ihn selbst als Menschen nicht so. Es ging eher um seine Briefe an seine Frau, an Engels. Da bekommt man einen guten Eindruck von einem Menschen, der hochintelligent, teilweise zynisch, spöttisch, ungeduldig, wütend ist, der Geldprobleme hat, der seine Frau geliebt hat, der Engels bewundert hat. Da kriegt man wirklich so einen Menschen mit - und da war ich dann auch verführt. Ich finde das ist eine sehr spannende Figur."
Marx sei kein sentimentaler Mensch, sondern ein materialistischer Denker gewesen, meint August Diehl. "Er hat ganz realistisch gesehen, dass eine Revolution, für die es keine Theorie gibt, nur ein hysterisches Zucken ist."
August Diehl gestand, dass die sprachlichen Anforderungen des Films ihn viel Vorbereitung gekostet hätten. Die zu Teilen unvermittelten Wechsel innerhalb eines Dialogs aus dem Deutschen ins Französische oder Englische seien aber seiner Ansicht nach "sehr realistisch" für eine Existenz in der Emigration.
"Man hätte das alles auf Deutsch oder auf Französisch machen können, aber ich finde das so den realistischsten Weg. So war es wahrscheinlich auch. Und es wird ja immer mehr so, dass wir im Kino immer mehr verschiedene Sprachen sehen. Und ich finde das auch gut so."
Schule als großer Schock
August Diehl ist in Berlin geboren und kurz danach mit der Familie in die Auvergne nach Frankreich ausgewandert. "In den 60er- und 70er-Jahren war die Schule ein großer Schock. Deshalb haben sich meine Eltern entschieden, ein anderes Leben zu leben."
Für ihn sei das abgeschiedene Leben in der Natur und mit Hühnern, Katzen und Schafen ein Riesengeschenk gewesen. Bis heute reise er fast jeden Sommer in das Haus in Frankreich. Als seine Eltern sich entschieden, nach Deutschland zurückzugehen, kam das für August Diehl genau zur richtigen Zeit.
"Ich war wahnsinnig aufgeregt, wieder nach Deutschland zu gehen und in meiner eigenen Sprache Brötchen einzukaufen oder Kaffee zu bestellen."