Bisherige Auszeichnungen für Fabian Hinrichs (Auswahl):
New Faces Award für "Sophie Scholl – die letzten Tage", 2005
Zweimal Schauspieler des Jahres in der Kritikerumfrage der Zeitschrift "Theater heute", 2010 und 2020
Sonderpreis Schauspiel beim Filmfestival Max Ophüls Preis für "Schwerkraft", 2010
Alfred-Kerr-Darstellerpreis, 2012
Der eigenwillige Antistar
33:44 Minuten
Seine bekannteste Rolle: „Tatort“-Kommissar Felix Voss. Fabian Hinrichs steht oft vor der Kamera und feiert Erfolge im Theater. Zweimal war der 46-Jährige schon “Schauspieler des Jahres“. Die Charaktere, die er spielt, sind oft kantig und eigen.
Gerade konnte man ihn als Hans Scholl in "Sophie Scholl – die letzten Tage" im Fernsehen sehen – am kommenden Sonntag gibt er wieder den Hauptkommissar Voss in einer neuen Episode des "Tatort" aus Franken.
Fabian Hinrichs spielte schon in rund 50 Filmen mit, steht auf der Theaterbühne und schreibt auch eigene Stücke. Der Künstler gilt als einer der vielseitigsten und interessantesten Schauspieler Deutschlands.
Der erste Bühnenmensch in der Familie
Fabian Hinrichs, geboren 1974, stammt aus einer Polizistenfamilie – Großvater und Vater waren bei der Polizei. In Sachen "Kommissar Voss" lasse er sich von den beiden aber keine Tipps geben.
"Ich rede so gut wie gar nicht mit meiner Familie über meinen Beruf", erzählt er. "Also nicht, wie man eine Waffe hält oder so. Denn das ist für mich gar nicht entscheidend, es ist ja ein Film! Und mir geht es um das Wesen einer Ermittlung."
Den ersten – und entscheidenden – Kontakt zur Schauspielerei bekam Hinrichs über eine Laientheatergruppe. Nach verschiedenen Studienversuchen, darunter Jura, entschied er sich für eine Schauspielausbildung. Aus der Zeit an der Folkwang Universität der Künste hat er vor allem den Freiraum in guter Erinnerung.
"Wir haben recht fern vom Markt gelernt", sagt er. "Und da konnte man sich, im wahren Wortsinn, wirklich entfalten. Es war eine spielerische, abenteuerliche Zeit und freie Zeit."
Sich die Freiheit erhalten
Auf diese gestalterische und künstlerische Freiheit legt Fabian Hinrichs bis heute großen Wert. "Ich möchte mich", sagt er, "nicht in ein Kästchen reinzwängen lassen."
Er hat auf großen Bühnen gespielt – der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, den Münchner Kammerspielen, dem Burgtheater Wien. In der Kritikerumfrage der Zeitung "Theater heute" wurde er bereits zweimal zum "Schauspieler des Jahres" gewählt. Seine Erfolge und Auszeichnungen geben dem eigenwilligen Künstler eine Freiheit, die in der Branche alles andere als üblich ist.
So entwickelt Fabian Hinrichs, der selbst auch Essays schreibt und Filmproduktionen realisiert, seine Rollen stets selber mit und schreibt sie, wenn nötig, auch um.
Die Figur des "Tatort"-Kommissars Felix Voss hat er sich auf diese Weise erschlossen. Hinrichs und seine Kollegin Dagmar Manzel – sie spielt die Kommissarin Paula Ringelhahn an seiner Seite – setzen lieber auf Qualität als Quantität.
"Wir machen ganz bewusst nur einen Film im Jahr", erklärt er, "und der soll besonders werden. Uns ist wichtig, dass sich das entwickelt, organisch, aus der Begegnung mit den Autoren und den verschiedenen Regisseuren – dass daraus die Rolle erwachsen kann."
Suche nach der Wirklichkeit
Die Charaktere, die Fabian Hinrichs spielt, sind oft kantig und eigen, nie eindimensional. Ihn interessieren die Brüche einer Figur, das, was hinter der Fassade steckt. Geschichten wie jene, die er tatsächlich erlebt hat: In einem Café traf er einen sehr erfolgreichen, bekannten Filmproduzenten zu einer Besprechung.
Der Mann war umgeben von Menschen aus der Filmbranche und machte eine blendende Figur: "Er war ganz alert und auf eine Art auch strahlend, motiviert und energisch. Und dann war das vorbei und eine Stunde später sehe ich diesen Mann an der Ampel ganz woanders in der Stadt: in sich zusammengefallen, traurig, starrend ins Nichts – eine ganz andere Person sozusagen. Und das habe ich mir gemerkt, rein aus der Anschauung heraus, da habe ich gedacht: Aha!"
Um genau diese Art von Momenten gehe es ihm auch bei der Arbeit als Schauspieler: "Das interessiert mich. Denn das ist, um es ganz pathetisch zu sagen, die Suche nach der Wahrheit, nach einer menschlichen Wahrheit."
Das Problem der Hierarchie
In den letzten Wochen rumort es gewaltig in den Theatern – an vielen Häusern wird über Machtmissbrauch, Rassismus und Sexismus debattiert. Fabian Hinrichs sieht eine der Ursachen dieser Probleme in den Beschäftigungsverhältnissen von festangestellten Schauspielerinnen und Schauspielern.
"Wenn Leute diesen Vertrag haben und ein Monatsgehalt kriegen, dann werden sie auch besetzt", sagt er. "Da entscheidet jemand über dich und setzt dich ein, wie einen normalen Arbeiter oder Angestellten."
Machtmissbrauch in den Theatern hinge damit zusammen, dass es "immer einen oder eine gibt, die den Leuten dauernd sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben. Bei selbstständigen Künstler*innen würde das gar nicht so passieren können, die Verträge würden auch anders ausgestaltet werden."
Im heutigen Theaterbetrieb sähen Regisseur*innen die Schauspielarbeit als Dienstleistung. Doch es habe auch schon mal andere Strukturen an den Theatern gegeben.
"Noch vor hundert Jahren war es so, dass die älteren Schauspieler, in Wien und Berlin, die waren dafür zuständig, das Stück einzurichten", sagt Fabian Hinrichs. "Das heißt, es gab nicht den Regisseur, den gestaltenden, interpretierenden, den hermeneutischen Regisseur."
(tif)