"Ich will keine DDR-Geschichten mehr spielen"
Seit "Good Bye Lenin" gilt Florian Lukas als typische Besetzung für DDR-Filme. Lange wollte er solche Rollen nicht mehr annehmen. Für "Das schweigende Klassenzimmer" - jetzt auf der Berlinale - hat er eine Ausnahme gemacht.
Lange war er der coole Junge von nebenan im jungen deutschen Film. Ob in "Absolute Giganten" oder in Til Schweigers "Der Eisbär", Florian Lukas war immer der beste Kumpel. Dann kam "Goodbye Lenin" und Lukas gewann den deutschen Filmpreis. Seit seiner Rolle als falscher Nachrichtensprecher und Satellitenschüssel-Verkäufer in dem Kultfilm von 2003 hat man den in Ostberlin geborenen Schauspieler gerne auf das DDR-Thema abonniert. Das weist Lukas allerdings weit von sich.
"Ich glaube durch 'Good Bye Lenin" ist der Eindruck entstanden ich hätte fast in jedem DDR-Film mitgespielt. Mein erfolgreichster Film ist 'Sonnenallee'. Da sprechen mich wirklich unheimlich viele Leute an - 'also Sonnenallee wirklich Dein bester Film. Was hast Du denn seitdem gemacht?' Habe ich nicht mitgespielt, auch in allen anderen DDR-Filmen nicht, außer Weissensee. Das war meine erste DDR-Bürger-Rolle."
In der erfolgreichen Fernsehserie ist Florian Lukas der Volkspolizist Martin Kupfer. Und nun spielt er in dem Film "Das schweigende Klassenzimmer" den Schulrektor. Es ist sein fünftes Projekt mit dem Regisseur Lars Kraume, der ihn mühsam zu dieser Rolle hätte überreden müssen, "weil ich gesagt habe, ich will keine DDR-Geschichten machen, weil sowieso jeder denkt, dass ich ein DDR-Experte bin."
Eine Schweigeminute mit fatalen Folgen
Der Film, der auf der Berlinale Weltpremiere feiert, geht auf eine wahre Geschichte zurück. Die blutige Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 bewegte eine Abiturklasse im brandenburgischen Storkow zu einer Schweigeminute – mit fatalen Folgen. Die Schüler wurden so unter Druck gesetzt, dass sie schließlich fast geschlossen in den Westen fliehen mussten, um ihr Abitur machen zu können. Florian Lukas gerät als Rektor der Schule in eine Zwickmühle.
"Natürlich ist er von diesem System in eine Position gehievt worden, von der er nie hätte träumen können als einfacher Landarbeiter. Er hat durchaus auch Verständnis für die Schüler als kleine menschliche Geste. Skandalisiert wird das ja erst durch seine Vorgesetzten. Und in diesem Spannungsverhältnis bewegt er sich als jemand, der auch erpressbar ist, weil er alles verlieren kann in dieser Position."
Florian Lukas hat sich in anderen Filmen immer wieder auf extreme Situationen eingelassen, ob es die eines Rettungssanitäters war oder die eines Bergsteigers, der versucht die Eiger-Nordwand zu bezwingen. In fast 70 Filmen ist der 45-Jährige inzwischen zu sehen und gehört gegenwärtig wohl zu den erfolgreichsten deutschen Schauspielern – und das ohne systematische Ausbildung. Sein Studium an der Konrad-Wolf-Hochschule in Babelsberg hatte er abgebrochen.
"Ich hatte immer das Gefühl an der Schauspielschule ging es oft genug darum, die Menschen gefügig zu machen, gefügig zu machen für ein Theatersystem damals in Deutschland, das gefügige Leute braucht. Das Gefühl hatte ich zumindest. Und ich kann Hierarchien oder Autoritäten nicht akzeptieren, wenn das nicht begründet ist durch Kompetenz oder Talent. Ich hatte immer das Gefühl an Schauspielschulen hätte ich jemanden umgebracht oder ich mich selbst."