"Ich hab auch schon Komödien gedreht!"
Der 25-jährige Jonas Nay aus Lübeck gilt als Nachwuchstalent für tiefsinnige Rollen. Jetzt läuft die in den USA bereits gefeierte Spionageserie "Deutschland 83" im deutschen Fernsehen an, in der er die Hauptrolle spielt. Nebenbei macht er Musik.
"Wolln wer 'n bisschen runterpegeln? Ich als gelernter Tontechniker sach immer: Es muss auch ohne gehen.. gehn..."
"He He!"
Ausschnitt aus "Deutschland 83": "Wenn sie das nächste Mal entscheiden, die Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik in die eigenen Hände zu nehmen, dann fragen sie sich doch mal, wer wird wohl am Ende gewinnen? Ihr geld- und konsumgierigen Kapitalisten oder wir Sozialisten, die an einem Strang ziehen, damit es allen Menschen besser geht?"
Nay: "Ich fühl mich da sehr privilegiert, dass ich da so nen emotionalen Zugang nochmal zu Geschichtsteilen bekomme, die bei mir jetzt nicht unbedingt präsent sind. Und ich nehm das immer sehr sehr gern mit. Was mir immer im Geschichtsunterricht in der Schule damals gefehlt hat war son wirklich emotionaler Bezug zu historischen Ereignissen. Den hab ich sehr schwer nur herstellen können durch Quellen wie Geschichtsbücher. Eher schon mal durch Dokumentationen oder Filme oder so. Und wenn man sich als Schauspieler mit einer Rolle befasst, die sich in einer Zeit bewegt und mit einer Geschichte, dann kriegt man ein ganz anderes Gefühl und das auf jeden Fall- das bleibt."
Ausschnitt aus "Tannbach": "Ich möchte alleine sein! Das tut mir leid mit Deiner Mutter... aber Du hast ja noch Deinen Vater. Er hat zugesehen, wie sie sie erschossen haben. Was hätt er denn tun können gegen die SS? Sie wollten ihn... Meinen Vater haben sie auch geholt weil er gegen Hitler war."
"Das mediale Interesse ist natürlich dann schon eher aufm Schauspieler wenns um Film geht als auf dem Historiker, der hinterm Film stand. Das ist natürlich für die Zuschauerschaft interessant das Gesicht zu sehen, auf das diese Geschichte projiziert wird. Und das ist tatsächlich schon – finde ich – 'n schwieriger Bereich für nen Schauspieler, so dass dann auch verkörpern zu können oder auch Grenzen zu setzen und sagen zu können: Gut bis hierhin geht meine Kompetenz und ab da beginnt die Rolle. Und ich sag dann auch oft mit nem Grinsen: Dann fragen Sie mal bitte Autor und Historiker!"
"Musik begleitet mich schon mein ganzes Leben"
Nay: "Tja die Musik ist bei mir seit Kindesbeinen tief verwurzelt. Seit ich sechs oder sieben bin, spiel ich Klavier. Mittlerweile studier ich das im Jazzbereich auch. Hab Filmmusikkomposition studiert, bin vorher auf ein Musikgymnasium gegangen und war im Knabenchor... Also Musik begleitet mich schon mein ganzes Leben. Jetzt ist mein Herzensprojekt meine Band Northern Lights, mit der ich auch oft toure und jetzt nehmen wir gerade ne neue CD auf. Und für die schreib ich auch die Songs selber mit meinem Bandkollegen zusammen. Das ist so mein Baby."
Nay: "Ich finde immer, Musik gibt ne ganz andere Emotionalität, ne ganz andere Bindung, auch zu einer Zeit, zu einer Ära. Bei Deutschland 83 ist es auch so, da wird ganz viel Musik von 83 benutzt. Und ich finde, das gibt absolut ein Gefühl für ne Zeit, ne Verbindung, das macht nochmal ganz andere Sinne auf."
Böttiger: "Und genau an dem Punkt, wo man denkt, da geht ein junger Schauspieler gerade durch die Decke, da sagen Sie - jetzt zieh ich mich erstmal ein Jahr zurück...."
Nay: "Ich nutz das ganz bewusst. Also ich bin jetzt gerade in Lübeck wieder an der Musikhochschule im 5. Semester... Toi toi toi – ich schaff das! Und – ich mach das ganz bewusst, dass ich meine Sinne dann mal von der Schauspielerei abschalte. Andere Schauspieler gehen dann Reisen oder machen 'n Buch... ich mach Musik und das mach ich schon mein ganzes leben. Sei es neben der Schule, im Zivildienst oder jetzt im Studium, in der Band oder im Film. Für mich ist das 'n ganz wichtiges emotionales Element meines Lebens."
"Ich hab auch schon Komödien gedreht!
Nay: "Ja, also ich sag mal so - in ne gewisse Sparte als Schauspieler einsortiert zu werden - ist, glaub ich, ganz normal. Produzenten, Caster, Regisseure sehen einen in einer Rolle und dann assoziieren sie einen auch mit 'nem Charakter. Und die Charaktersparte, in der ich viel besetzt werde, das ist eine, die mir sehr lieb ist. Die mag ich seh gerne, auch wenn ich jetzt selber nicht.. eh ich bin ja kein depressiver Mensch oder so... Mir geht's ja sehr gut, aber ich finde, viele deutsche Filme haben ne Qualität darin, auch Drama zu inszenieren, politische Stoffe zu verfilmen und in Kammerspielatmosphäre irgendwie tolle brisante Themen zu erzählen, in denen es halt auch tiefschürfend emotionale Momente mit Charakteren gibt."
Ausschnitt aus "Dear Courtney": "'Smells like teensprit' ist von mir. Cobain muss den von meinem Demo jeklaut haben. ...Wir tätowiern dem Typen ne Kontonummer aufn Schwanz, damit wir schon wissen was zu tun ist."
Nay: "Ich hab auch schon Komödien gedreht! Die hat nur vielleicht noch kein Mensch gesehen. Zum Beispiel mal sone 90er-Jahre Growing-up-story über Nirvana, "Dear Courtney" hieß der - und war n sehr lustiger Film. Ich hab mit Olli Dietrich "König von Deutschland gedreht, da hab ich auch Musik zu gemacht. Also es ist jetzt nicht so, dass ich nur Opfer-Täter-Verhältnisse spiele oder tiefdramatische Stoffe."
Ausschnitt aus "Deutschland 83": "Glaubst Du, das is'n Spiel hier? Du kannst doch nich hat einfach wegrennen. Ich will ein fach nach Hause! Wir wollen alle nach Hause, aber irgendwer muss sich doch darum kümmern, dass es überhaupt ne DDR gibt, in die wir zurückkehren können."
"Ich hab noch keinen Zerriss lesen müssen"
Nay: "Deutschland 83 wird auch sehr lustig! Ich war ja in New York und hab da Premiere gefeiert und da haben selbst die Amerikaner über diesen Zwinkerhumor Ost-West innerhalb von Deutschland - BRD/DDR -, diese Unterschiede und so - die haben echt herzlich gelacht. Und mein Charakter, den ich da spiele, ist auch 'n sehr aktiver, also schon jemand, der auch sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Und das sind natürlich jetzt auch Rollen, die mich einfach reizen. Das ist schon so, dass man denkt: Komm, das ist nicht das einzige, was ich kann.. ich bin auch anders, ich wirke auch anders, das hör ich immer wieder von Leuten, aber nichtsdestotrotz...! Für mich wäre es viel schwerer, aus ner Sparte wie Slapstick-TV oder so rauszukommen in 'ne Ernsthaftigkeit als so rum zu sagen: "Hej, ich hab jetzt auch mal Lust auf Feelgood."
Nay: "Ich hab echt ne sehr nette Medienresonanz bisher bekommen. Das muss ich mal echt sagen, sowohl zu meinen schauspielerischen Leistungen als zu meiner Person. Ich hab jetzt noch keinen Zerriss in irgendeiner Form- weder im Feuilleton noch in der Yellowpress lesen müssen, was natürlich auch irgendwann kommen wird. Aber nichtsdestotrotz ist es natürlich schon so, ... man merkt ja, dass ne Aufmerksamkeit sich steigert, dass man auch in ne gewisse Position gestellt wird - auch von der Presse, dass man ne Projektionsfläche ist, aber für mich ist einfach klar: Es gehört dazu."
Böttiger: "Das Jahr 2015 hat gerade erst angefangen."
Nay: "Und trotz alledem muss man natürlich schauen, dass man als Mensch irgendwie in nen geschützten Raum kommt für sich selbst. Den schaff ich mir einfach durch Leute, die mich schon von Kindesbeinen an kennen und denen das total egal ist, ob ich jetzt in der Yellowpress oder im Feuilleton mit meinem Gesicht hänge, oder an der Lifasssäule. Und dazu gehören meine Studienkollegen, dazu gehört meine Band, die ich sehr lange kenne. Das sind auch meine besten Freunde, die Familie... all diese sozialen Elemente befinden sich bei mir in Lübeck, in meiner Heimatstadt, wo ich jetzt auch studiere und mit der Musik und meinen Freunden und meiner Familie zusammen erde ich mich da - glaub ich - ganz gut."
"Danke -Ja- sehr gern!"