„Ich sehe meinen Beruf als riesigen Dialog des Lebens“
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Mit elf Jahren stand sie das erste Mal vor der Kamera, mit 24 ist sie auf dem Weg zum Star: die Schauspielerin Mala Emde. Ob in Serien wie "Charité" oder im Kino mit "Und morgen die ganze Welt" – ihre Frauenfiguren zeigen Haltung. So wie sie selbst.
"Und morgen die ganze Welt" – das Antifa-Drama von Julia von Heinz lief bei den Filmfestspielen von Venedig und war der deutsche Kandidat für den Oscar 2021. Wegen der Pandemie war es für Mala Emde, die in dem hochpolitischen Film die Hauptrolle spielt, ein Wechselbad der Gefühle – zwischen Corona und Preisen.
"Letztes Jahr haben wir noch gehofft: Werden wir diesen Film irgendwie rausbringen können? Dann wurden uns Festivals abgesagt, wegen Corona. Irgendwann kam die Nachricht mit Venedig, dann ging es wieder los", erzählt sie.
"Dann hieß es, vielleicht können wir nicht nach Venedig fahren, weil Corona ist, Lockdown. Dann durften wir doch nach Venedig. Es war unglaublich. Wir dürfen den Kinostart machen, aber vier Tage später machen die Kinos zu. Und an dem Tag, wo klar wurde, dass die Kinos zu machen, kam diese Oscar-Nachricht."
Rasantes Karrieretempo
Schon mit elf steht Mala Emde vor der Kamera, mit 13 spielt sie den ersten "Tatort", später Vorabendserien. Sie wächst in Frankfurt am Main auf. Ihre Eltern unterstützten sie bei ihren Plänen, Schauspielerin zu werden. Schon vor ihrem Studium an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch ist Mala Emde gut im Geschäft.
Einen Tag vor ihrem Abitur absolviert sie ein Casting für einen Film über das jüdische Mädchen Anne Frank. Die Produzenten finden, sie habe das "Anne-Frank-Lächeln" – und geben ihr die Hauptrolle.
"Das schönste Drehbuch, was ich besitze, ist Annes Tagebuch, weil das ist so unfassbar voll mit Strichen und Farben und den Markierungen, weil wir damals eine unfassbar kurze Drehzeit hatten", sagt Mala Emde.
Rollen von Vergewaltigung bis Mord
Die 24-Jährige hat schon früh große Filmrollen übernommen, wurde darin vergewaltigt, mordete, bekam vor der Kamera ein Kind. Sie spielte in dem Film "Katharina Luther" mit, und in der zweiten Staffel der Serie "Charité" verkörperte sie eine schwangere Medizinstudentin, die mit den Nationalsozialisten sympathisiert.
"Das ist das, was ich an meinem Beruf so liebe: Dass ich Menschen, die sich schuldig machen, versuche zu verstehen", erklärt Mala Emde. "Weil in dem Moment, wo ich spiele, will ich meine Figur nicht verraten. Und ich gucke nicht mehr von außen: Was tut sie Böses, sondern ich gucke: Wo ist das größte Bedürfnis dieser Figur? Wo sitzt die Liebe? Was braucht die, was hat die für Verletzungen und wogegen kämpft sie?"
Im aktuellen Film "Und morgen die ganze Welt", ab April auf Netflix zu sehen, spielt Mala Emde die Jurastudentin Luisa. In einer Antifa-Gruppe engagiert sie sich im Kampf gegen Rechtsextremismus – und radikalisiert sich.
"Wenn ich mich umschaue", sagt sie, "sehe ich überall auf der Welt junge Menschen, die wahnsinnige Lust auf die Zukunft haben, eine wahnsinnige Kraft, zu so viel fähig sind und gleichzeitig so viel Angst haben. Weil der Klimawandel vor der Tür steht, weil politisch sich das polarisiert. Und das hat der Film einfach irgendwie an die Wurzel gepackt."
Respekt vor der Theaterbühne
Mala Emde hat bisher vor allem vor der Kamera gestanden. Nun hat sie in Basel erstmals ein Engagement am Theater und wird auf der Bühne spielen: "Ich bin wahnsinnig aufgeregt", sagt sie und lacht. "Ich habe Angst, dass jetzt rauskommt, dass ich gar nicht spielen kann und immer nur so getan habe. Ich glaube, diese Angst kennt jeder."
Sie wird in Anton Tschechows Stück "Onkel Wanja" die Jelena spielen – und außerdem auch weiter drehen. "Weil das unglaublich wichtig für mich ist", sagt sie. "Gleichzeitig hat das Theater eine Kraft und Wucht, die will ich nicht missen. Besonders im Theater Basel, weil da ganz wundervolle Menschen sind."
(svs)