Schellack im WAV-Format
Die allererste iranische Schallplatte wurde 1906 in Hannover produziert. Nicht weit von dort startet jetzt ein deutsch-iranisches Musikprojekt. Mitarbeiter der Uni Hildesheim digitalisieren mit Projektmitteln des Auswärtigen Amtes alte Tonträger aus dem Musikmuseum in Teheran.
Rund 14.000 alte und meist auch brüchige Tonträger lagern im Teheraner Musikmuseum: Darunter Schellackplatten, Kassetten und Tonbänder, die nun mit deutscher Hilfe digitalisiert und archiviert werden sollen, um sie der internationalen Forschergemeinde zugänglich zu machen.
"Sie hören jetzt eine Aufnahme von Qorban Khan als Sänger, die 1906 in Teheran aufgenommen wurde."
Keyvan Aghomohseni kennt sich aus mit historischer Volksmusik aus dem Vorderen Orient. An der Musikhochschule in Hannover studierte der gebürtige Iraner Musikethnologie. Nun arbeitet er an der Hildesheimer Uni an seiner Doktorarbeit:
"Diese Musik, die wir heute als traditionell bezeichnen. Damals, vor mehr als 100 Jahren war sie mehr am Alltagsleben der Gesellschaft beteiligt als heute."
Heute hören die jungen Menschen im Iran – wie anderswo auch – Rihanna, David Guetta oder Beyoncé, deren Musik beinahe ausschließlich digital konsumiert wird. Dieser Sprung soll nun auch mit der traditionellen Musik geschehen wie etwa bei diesem beinahe 80 Jahre alten Musiktitel.
Die Aufnahme entstand 1937 in Berlin mit einem deutschen Orchester. Die Schallplatte liegt nun aber erstmals auch digital im Wave-Format vor. Das Center for World Music in Hildesheim ist der Kooperationspartner des iranischen Musikmuseums, der die Technik liefert und die Kollegen im Iran auch personell unterstützt. Doktorand Samuel Mund fliegt demnächst nach Teheran. Noch aber werden die Plattenspieler für die technisch aufwendige Digitalisierung vorbereitet:
Samuel Mund: "Und jetzt kann ich hier einmal den Plattenteller selber abnehmen, und dann sehen sie: Hier müsste jetzt eigentlich eine Motoreinheit sein. Die ist jetzt gerade ausgebaut. Die haben wir in die USA geschickt. Da gibt es einen Spezialanbieter. Der rüstet diese Motoren auf 78 Umdrehungen in der Minute um. Und dann laufen diese Geräte hoffentlich auch mit einer Geschwindigkeit, die es uns ermöglicht, diese Schellack-Schallplatten zu digitalisieren."
Das rund 60.000 Euro kostende Digitalisierungsprojekt ist besonders für Musikethnologen interessant. Statt in ferne Länder zu reisen, genügt ein Mausklick auf die Homepage des Musikmuseums, um die Klänge wissenschaftlich zu untersuchen, erklärt Prof. Raimund Vogels, Direktor des Center for World Music der Uni Hildesheim:
"Das Interessante an diesen Schallplattenaufnahmen ist, dass sie eben – wenn man so will – sehr frühe Notationen sind von Traditionen, die im Wesentlichen und auch heute noch mündlich weiter gegeben werden, sodass wir mit diesen frühen Aufnahmen erste Mitschriften haben. Und eine Frage, die uns zum Beispiel interessiert: Wie sind denn bestimmte Melodiefolgen – Maqam genannt – wie sind die denn vor 100 Jahren aufgeführt worden, wie werden sie denn heute aufgeführt."
Der Iran ist nicht der einzige Ort, an dem das Center for World Music die Tonträger aus vergangenen Tagen digitalisiert. Ähnliche Rettungsaktionen liefen bereits Sierra Leone, Malawi, Ghana und Ägypten. Von dort stammen die liturgischen Gesänge, aufgenommen in der koptischen Kirche von Kairo.
Der Transfer der uralten Medien ins Digitale – erzählt Prof. Raimund Vogels – erfordert manchmal sehr viel Fingerspitzengefühl:
"Also Kairo, das war nicht 100 Jahre alt, aber die waren teilweise 50 Jahre alt, und das reicht für eine Menge Staub. Dort hatten wir es mit Tonbändern zu tun. Ganz große Sorge, ob die sich nicht dann beim Digitalisierungsprozess auflösen. Wir hatten Vorsichtsmaßnahmen in dem Sinne getroffen, dass wir gesagt haben, wir können die Bänder vermutlich nur einmal abspielen. Das musste dann passen!"
25.000 Tonträger wollen die Musikethnologen weltweit digitalisieren und katalogisieren. Die Aufnahmen sind dann mehrfach vor dem Verfall gesichert. Die Dateien liegen dann auf den Bibliotheksrechnern der jeweiligen Ursprungsländer, aber auch im Gemeinsamen Bibliotheksverbund, GBV, in Deutschland. Eine Sicherung für die Ewigkeit, so die Hoffung!
"Wenn wir nicht den stabilen Partner, den norddeutschen Bibliotheksverbund hätten, die uns wirklich zusichern, dass sie für diese digitalen Kopien wirklich sorgen und darauf achten, dass sie gepflegt werden, würden wir diese Arbeit gar nicht tun können."
Derzeit koordiniert der Musikethnologe das deutsch-iranische Projekt von Teheran aus. Die elektronischen Musikdateien indes sind nur für die Forscher gedacht, um wissenschaftliche Fragestellungen zu bearbeiten. Einfach nur mal reinklicken und hören geht leider nicht.
Es finden sich im Internet aber ähnliche Projekte wie zum Beispiel
www.awesometapes.com, wo alte afrikanische Musikkassetten dank MP3 und Download zu neuem Leben erwachen.
"Sie hören jetzt eine Aufnahme von Qorban Khan als Sänger, die 1906 in Teheran aufgenommen wurde."
Keyvan Aghomohseni kennt sich aus mit historischer Volksmusik aus dem Vorderen Orient. An der Musikhochschule in Hannover studierte der gebürtige Iraner Musikethnologie. Nun arbeitet er an der Hildesheimer Uni an seiner Doktorarbeit:
"Diese Musik, die wir heute als traditionell bezeichnen. Damals, vor mehr als 100 Jahren war sie mehr am Alltagsleben der Gesellschaft beteiligt als heute."
Heute hören die jungen Menschen im Iran – wie anderswo auch – Rihanna, David Guetta oder Beyoncé, deren Musik beinahe ausschließlich digital konsumiert wird. Dieser Sprung soll nun auch mit der traditionellen Musik geschehen wie etwa bei diesem beinahe 80 Jahre alten Musiktitel.
Die Aufnahme entstand 1937 in Berlin mit einem deutschen Orchester. Die Schallplatte liegt nun aber erstmals auch digital im Wave-Format vor. Das Center for World Music in Hildesheim ist der Kooperationspartner des iranischen Musikmuseums, der die Technik liefert und die Kollegen im Iran auch personell unterstützt. Doktorand Samuel Mund fliegt demnächst nach Teheran. Noch aber werden die Plattenspieler für die technisch aufwendige Digitalisierung vorbereitet:
Samuel Mund: "Und jetzt kann ich hier einmal den Plattenteller selber abnehmen, und dann sehen sie: Hier müsste jetzt eigentlich eine Motoreinheit sein. Die ist jetzt gerade ausgebaut. Die haben wir in die USA geschickt. Da gibt es einen Spezialanbieter. Der rüstet diese Motoren auf 78 Umdrehungen in der Minute um. Und dann laufen diese Geräte hoffentlich auch mit einer Geschwindigkeit, die es uns ermöglicht, diese Schellack-Schallplatten zu digitalisieren."
Das rund 60.000 Euro kostende Digitalisierungsprojekt ist besonders für Musikethnologen interessant. Statt in ferne Länder zu reisen, genügt ein Mausklick auf die Homepage des Musikmuseums, um die Klänge wissenschaftlich zu untersuchen, erklärt Prof. Raimund Vogels, Direktor des Center for World Music der Uni Hildesheim:
"Das Interessante an diesen Schallplattenaufnahmen ist, dass sie eben – wenn man so will – sehr frühe Notationen sind von Traditionen, die im Wesentlichen und auch heute noch mündlich weiter gegeben werden, sodass wir mit diesen frühen Aufnahmen erste Mitschriften haben. Und eine Frage, die uns zum Beispiel interessiert: Wie sind denn bestimmte Melodiefolgen – Maqam genannt – wie sind die denn vor 100 Jahren aufgeführt worden, wie werden sie denn heute aufgeführt."
Der Iran ist nicht der einzige Ort, an dem das Center for World Music die Tonträger aus vergangenen Tagen digitalisiert. Ähnliche Rettungsaktionen liefen bereits Sierra Leone, Malawi, Ghana und Ägypten. Von dort stammen die liturgischen Gesänge, aufgenommen in der koptischen Kirche von Kairo.
Der Transfer der uralten Medien ins Digitale – erzählt Prof. Raimund Vogels – erfordert manchmal sehr viel Fingerspitzengefühl:
"Also Kairo, das war nicht 100 Jahre alt, aber die waren teilweise 50 Jahre alt, und das reicht für eine Menge Staub. Dort hatten wir es mit Tonbändern zu tun. Ganz große Sorge, ob die sich nicht dann beim Digitalisierungsprozess auflösen. Wir hatten Vorsichtsmaßnahmen in dem Sinne getroffen, dass wir gesagt haben, wir können die Bänder vermutlich nur einmal abspielen. Das musste dann passen!"
25.000 Tonträger wollen die Musikethnologen weltweit digitalisieren und katalogisieren. Die Aufnahmen sind dann mehrfach vor dem Verfall gesichert. Die Dateien liegen dann auf den Bibliotheksrechnern der jeweiligen Ursprungsländer, aber auch im Gemeinsamen Bibliotheksverbund, GBV, in Deutschland. Eine Sicherung für die Ewigkeit, so die Hoffung!
"Wenn wir nicht den stabilen Partner, den norddeutschen Bibliotheksverbund hätten, die uns wirklich zusichern, dass sie für diese digitalen Kopien wirklich sorgen und darauf achten, dass sie gepflegt werden, würden wir diese Arbeit gar nicht tun können."
Derzeit koordiniert der Musikethnologe das deutsch-iranische Projekt von Teheran aus. Die elektronischen Musikdateien indes sind nur für die Forscher gedacht, um wissenschaftliche Fragestellungen zu bearbeiten. Einfach nur mal reinklicken und hören geht leider nicht.
Es finden sich im Internet aber ähnliche Projekte wie zum Beispiel
www.awesometapes.com, wo alte afrikanische Musikkassetten dank MP3 und Download zu neuem Leben erwachen.