Ein Mann sucht den perfekten Anzug
Nadelstreifen in Blutrot – so etwas gibt es nur hier: Das Hamburger Label "Herr von Eden" stattet modebewusste Männer mit extravagantem Dandy-Look aus. Die Kleidungsstücke sind klassisch-gediegen und zugleich wild und punkig.
„Meine beste Idee bisher, uiuiui. Das ist natürlich schwer, sich da selbst zu loben. Die ganze Welt „Herr von Eden“ ist glaube ich die beste Idee, die ich in meinem Leben hatte.“
Die Geschichte von Bent Angelo Jensen und seinem Modelabel „Herr von Eden“ ist die einer Suche. Die Suche nach der perfekten Herrengarderobe, die Suche nach dem perfekten Anzug. Sie treibt den Designer um, so lange er denken kann.
„Ich bin in einer Frauendomäne aufgewachsen. Mein Vater ist gestorben, da war ich fünf. Es gab keine Herrengarderobe. Und irgendwann hab ich die Herrengarderobe entdeckt. Tausende abgelegte alte Anzüge aus den Zwanzigern bis in die Neunziger sind mir durch die Hände geglitten, in all den vielen Sortierbetrieben, wo ich mich durchgewälzt habe, und auf Flohmärkten. Also überall war ich auf der Suche nach diesem einen perfekten Anzug, aber den habe ich nicht finden können. Und dann habe ich gedacht: Dann musst du ihn halt selbst entwerfen.“
Heute, fünfzehn Jahre nach Gründung seines Modelabels, ist Bent Angelo Jensen noch immer ein Suchender. Was der 36-jährige Wahlhamburger längst gefunden hat, ist eine eigene Handschrift. „Herr von Eden“ – das steht für Extravaganz und Dandy-Look, für Exzentrik und – wie der Designer selber sagt – eine überzeichnete Klassik.
„Es ist oftmals so klassisch, dass du es nirgendwo anders bekommst. Wie zum Beispiel einen Doppelreiher in Rot mit einem breiten weißen Nadelstreifen. Im Grunde ein Ganovenanzug, wie wir ihn aus den Filmen der 30er- und 40er- Jahre kennen. Aber dann in einem blutrot, wie ich ihn noch nirgends gesehen habe.“
Thomas Gottschalk und Udo Lindenberg sind Kunden
Swing-Anzüge aus Tweed, Trenchcoats, klassische weiße Hemden, dazu schrille Krawatten mit Blumenmuster oder mit wilden rot-lila Farbsprenkeln. Die „Herr von Eden“-Welt ist kontrastreich: bunt und gleichzeitig zurückgenommen. Gediegen, aber auch wild und punkig. Man kann sich die Anzüge genauso an einem Harvard-Studenten vorstellen, wie an einem Hipster aus Berlin-Mitte.
Bent Angelo Jensen verkauft seine Mode weltweit. Das Herzstück seines Schaffens liegt in Hamburg: sein Maßanfertigungsatelier. Mit einem großzügigen Eingangsbereich, der an eine gediegene Hotelsuite erinnert; mit einer kleinen Bar, an der es Rum und Brandy gibt und natürlich einer Werkstatt.
„Hier arbeiten wir zu dritt oder viert. Und entwickeln entweder Prototypen für die reguläre Kollektion, oder machen ganz traditionell Maßanfertigungen. Da drin stecken teilweise vierzig Stunden. Wir nehmen bis zu 30 Maße von einer einzelnen Person. Da machen wir vielen Menschen eine Freude mit.“
Es sind vor allem Musiker, die sich hier einkleiden lassen: Altrocker Udo Lindenberg, Punker Bela B. und Rapper Jan Delay. Auch Showmaster Thomas Gottschalk hat einen Herr-von-Eden-Anzug. Die Kunden sind anspruchsvoll, durchaus eitel und vor allem extrovertiert - so wie der Designer selbst. Bent Angelo Jensen ist eine schmale, blasse Person mit schwarz lackierten Fingernägeln. Er trägt eng anliegende Jeans, dazu klobige Stiefel und stets ein Hemd. An Armen und Brust luken mehrere Tattoos hervor. Motive aus der Seefahrt: ein Segelschiff oder ein Revolver. Erinnerungen an seine Kindheit.
„Also meine Eltern haben immer ein Segelschiff gehabt. Bin an der Förde aufgewachsen. Ich freue mich darauf, wenn ich mir irgendwann, vielleicht in zehn, zwölf Jahren, ein eigenes Segelschiff leisten kann.“
Die Banken feuern ihn an zu expandieren
Geboren wird der Designer 1977 in der dänischen Hafenstadt Sönderborg. Er wächst in Flensburg in einer dänisch-deutsch-italienischen Familie auf. Nach dem Abitur zieht es Bent Angelo Jensen nach Hamburg, wo er in Second-Hand-Läden jobbt. Er träumt davon mit seiner älteren Schwester, einer gelernten Schneiderin, ein Modeimperium aufzubauen, so wie Santo und Donatella Versace. Am Ende aber geht der Däne seinen Weg allein und eröffnet schon mit 18 Jahren seine erste Boutique, finanziert durch ein kleines Erbe. Er ist wie besessen.
„Die Aufbaujahre, das waren schon 60, 70 Stunden und sieben Tage die Woche. Das waren die ersten zehn Jahre. Da habe ich auch gelebt wie ein Asket. Hatte keine Beziehung, hab keinen Tropfen Alkohol getrunken, nichts und hab wirklich nur gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet.“
Von Beginn an kann Jensen von seinem Schaffen leben. Der steile Aufstieg aber wird ihm später zum Verhängnis. Banken und Finanzberater feuern den jungen Unternehmer an weiter zu expandieren.
„Mensch, Herr Jensen, das läuft doch! Was wir anpacken, das klappt auch! Und so hatte ich in kürzester Zeit auf einmal sechs Filialen. Und das wuchs mir über den Kopf hinaus!“
Und obwohl Bent Angelo Jensen in den meisten Filialen gute Umsätze macht, muss er im Sommer 2013 Insolvenz anmelden. In München kann er nicht Fuß fassen, auch eine Kollektion für Damen scheitert.
Der Designer geht mit seiner Schieflage sachlich und optimistisch um. Er hat einige Geschäfte geschlossen und konzentriert sich jetzt wieder voll und ganz auf das, was er am besten kann: hochwertige Herrenanzüge.
„Ich hatte mir damals vorgenommen den Dandylook oder den Gentlemanlook wieder auf die Straße zu bringen. Ich möchte wieder Männer mit tollen Anzügen auf der Straße rumlaufen sehen. Das ist kein Eskapismus! Das ist nicht so, dass ich aus dem Jetzt fliehen möchte. Das ist eine Sehnsucht nach etwas Tollem, das in der Zukunft liegt.“