Basil Kerski, deutsch-polnischer Publizist, ist Chefredakteur des Magazins "Dialog" und Direktor des Europäischen Solidarność-Zentrums in Danzig.
"Jetzt vielleicht mehr Europa"
Als symbolischen Einschnitt wertet der deutsch-polnische Publizist Basil Kerski den Austritt Großbritanniens aus der EU. In Polen gebe es dazu unterschiedliche Positionen. Dabei profitiere das Land neben Deutschland am meisten von einer starken Union.
2019 wird ein europäisches Schicksalsjahr, vor allem wegen des bevorstehenden Brexits im März und den Europawahlen im Mai. "Es ist eine Erfahrung, dass ein Schlüsselland, ich glaube die zweitwichtigste Volkswirtschaft neben der deutschen, aus der Europäischen Union austritt", sagte der deutsch-polnische Publizist Basil Kerski im Deutschlandfunk Kultur. Es handele sich um einen symbolischen Einschnitt, wenn London nicht mehr zur EU gehöre. "Ich gehöre zu denjenigen, die sagen, jetzt vielleicht mehr Europa."
Mit Blick auf das Verhältnis zur EU gebe es zwei Polen, sagte Kerski. Da sei einmal eine Mehrheit der Polen, die pro-europäisch seien. Sie seien dafür, dass die europäische Integration weitergehe und vertieft werde. "Das sind auch Menschen, die Angst haben, dass es ohne Europa keine Sicherheit gibt, vor allem mit Blick auf Putins Russland." Aber diese Mehrheit der Polen sei politisch nicht sichtbar, sagte der Chefredakteur der Zeitschrift "Dialog".
Widersprüchliche Politik
Die polnische Regierung sei dagegen europaskeptisch und ihre Bündnispartner seien bislang die britischen Konservativen gewesen. "Die müssten eigentlich glücklich sein, dass die Briten die Europäische Union schwächen." Andererseits verstoße das gegen polnische Interessen, denn Großbritannien sei für die eigene Wirtschaft der zweitgrößte Absatzmarkt für polnische Exporte. Deshalb verstehe er die Haltung vieler polnischer Politiker nicht. Schließlich profitiere Polen neben Deutschland am meisten von der EU.
Der Publizist sagte, er erwarte eine Stärkung des Weimarer Dreiecks, in dem Polen, Deutschland und Frankreich zusammenarbeiten. "Das wird die politische Bühne sein." Allerdings sei Warschau nicht am Euro beteiligt und unterstütze nicht die französische Politik bei einer Weiterentwicklung der EU.
Sorgen der Polen in Großbritannien
Kerski erinnerte auch an die mehr als eine Million Polen, die in Großbritannien lebten und arbeiteten. Es gebe auch viele Pendler zwischen Irland und Nordirland. "Sie machen sich große Sorgen, wie ihre europäische Zukunft aussehen wird." (gem)