Schiffstour im Dienste Deutschlands
Wie bringt man, kurz vor einer Wahl, Politiker zum Klartext-Reden? Dem TV-Journalisten Klaus Bresser kam bei einer Kreuzfahrt mit der "MS Deutschland" die Lösung. Zusammen mit der Reederei lädt er Ex-Politiker zu einem Törn auf dem ZDF-Traumschiff ein.
Ein prächtiger Kristallleuchter erhellt den Kaisersaal an Bord der "MS Deutschland". Blattgold schimmert an Wänden, Decken und Balkonen. Die kleinen roten, weich gepolsterten Sessel im Saal sind voll besetzt. Mit Kreuzfahrt-Enthusiasten, 60, 70, 80 Jahre alte Ehepaare. Sie warten auf die Eröffnung der "Deutschland-Tage", auf denen altgediente, meist pensionierte Politiker sich über den Zustand des Landes austauschen.
Die Idee dazu stammt vom Fernsehjournalisten Klaus Bresser. Er steht vorn an der Bühne des Kaisersaals, dunkler Anzug, halblange Haare, kein Elder-Statesman, sondern ein Elder-Journalist:
"Es gibt an Bord der 'Deutschland' eine Kneipe. Die heißt: 'Der Alte Fritz'. Und da habe ich mit Dirk Markus, dem Eigner der Reederei die Idee gehabt, auf der 'Deutschland' 'Deutschlandtage' zu veranstalten. Das heißt: nicht nur Entertainment, nicht nur Musik zu bieten, sondern auch ernsthafte politische Diskussion. Es kann nicht immer nur Roberto Blanco sein, es darf auch mal Kurt Biedenkopf sein."
Eine Viertelstunde später sitzt Kurt Biedenkopf zusammen mit alten politischen Weggefährten und Widersachern auf der Bühne. Hans Eichel, Günther Beckstein, Ursula Engelen-Kefer, Rudolf Seiters. Daneben die Publizisten Michael Stürmer und Theo Sommer, der Karikaturist Dieter Hanitzsch. Hans-Olaf Henkel und Norbert Blüm.
Und als Moderator Cerno Jobatey vom ZDF:
"Wir wollen reden über Politik. Kommt ein Wechsel? Kommt da kein Wechsel? Wie denken wir Deutschen? Sind wir eingeschlafen in der Politik, sollten wir mehr tun? Sollten wir weniger tun? Meine Damen und Herren, ich bitte sie, jetzt hier oben die Gäste zu begrüßen!"
Die Idee dazu stammt vom Fernsehjournalisten Klaus Bresser. Er steht vorn an der Bühne des Kaisersaals, dunkler Anzug, halblange Haare, kein Elder-Statesman, sondern ein Elder-Journalist:
"Es gibt an Bord der 'Deutschland' eine Kneipe. Die heißt: 'Der Alte Fritz'. Und da habe ich mit Dirk Markus, dem Eigner der Reederei die Idee gehabt, auf der 'Deutschland' 'Deutschlandtage' zu veranstalten. Das heißt: nicht nur Entertainment, nicht nur Musik zu bieten, sondern auch ernsthafte politische Diskussion. Es kann nicht immer nur Roberto Blanco sein, es darf auch mal Kurt Biedenkopf sein."
Eine Viertelstunde später sitzt Kurt Biedenkopf zusammen mit alten politischen Weggefährten und Widersachern auf der Bühne. Hans Eichel, Günther Beckstein, Ursula Engelen-Kefer, Rudolf Seiters. Daneben die Publizisten Michael Stürmer und Theo Sommer, der Karikaturist Dieter Hanitzsch. Hans-Olaf Henkel und Norbert Blüm.
Und als Moderator Cerno Jobatey vom ZDF:
"Wir wollen reden über Politik. Kommt ein Wechsel? Kommt da kein Wechsel? Wie denken wir Deutschen? Sind wir eingeschlafen in der Politik, sollten wir mehr tun? Sollten wir weniger tun? Meine Damen und Herren, ich bitte sie, jetzt hier oben die Gäste zu begrüßen!"
Gesittet und ohne Geschrei
"Bringt die Wahl den Wechsel?" Diese Frage stellt Moderator Jobatey den Diskutanten und schickt vorweg: Die roten Turnschuhe, die er trägt und der schwarze Anzug sind keinesfalls als Prognose der kommenden Regierungskoalition zu verstehen. Obwohl sich in dieser Frage eigentlich alle einig sind: FDP und Grüne schwächeln, die Große Koalition scheint unausweichlich.
Es geht gesittet zu im Kaisersaal, das Geschrei der Talkshow bleibt aus. Bis Ursula Engelen-Kefer zum ersten Mal mit den Augen rollt, Günther Beckstein im Visier.
Günter Beckstein: "Den Eindruck zu erwecken, dass Deutschland der Hort des Elends und der Katastrophen ist, dass halte ich für absurd. Und das wird auch kein Wähler mitmachen."
Ursula Engelen-Kefer: "Da werden sie sich wundern, Herr Beckstein! Nicht in Bayern. Aber wir haben ja noch andere Länder im Bund!"
Zwei Stunden dauert die Debatte. Das Publikum wird geräuschlos von livrierten Kellnerinnen und Kellnern versorgt. Mit Sekt und Bier und frischen Säften.
Es herrscht Einigkeit über den Zustand der Republik. Ursula Engelen-Kefer ist zwar anderer Meinung, aber: So schlecht geht es uns gar nicht, vor allem nicht im Kaisersaal der "MS Deutschland". Abgerundet wird Debatte musikalisch. Zwei junge Geigerinnen in langen Abendkleidern werden vom Pianisten am neuen Steinway-Flügel der "MS Deutschland" begleitet.
Es geht gesittet zu im Kaisersaal, das Geschrei der Talkshow bleibt aus. Bis Ursula Engelen-Kefer zum ersten Mal mit den Augen rollt, Günther Beckstein im Visier.
Günter Beckstein: "Den Eindruck zu erwecken, dass Deutschland der Hort des Elends und der Katastrophen ist, dass halte ich für absurd. Und das wird auch kein Wähler mitmachen."
Ursula Engelen-Kefer: "Da werden sie sich wundern, Herr Beckstein! Nicht in Bayern. Aber wir haben ja noch andere Länder im Bund!"
Zwei Stunden dauert die Debatte. Das Publikum wird geräuschlos von livrierten Kellnerinnen und Kellnern versorgt. Mit Sekt und Bier und frischen Säften.
Es herrscht Einigkeit über den Zustand der Republik. Ursula Engelen-Kefer ist zwar anderer Meinung, aber: So schlecht geht es uns gar nicht, vor allem nicht im Kaisersaal der "MS Deutschland". Abgerundet wird Debatte musikalisch. Zwei junge Geigerinnen in langen Abendkleidern werden vom Pianisten am neuen Steinway-Flügel der "MS Deutschland" begleitet.
Schunkelnder Beckstein
Günther Beckstein gerät ins Schunkeln, winkt kurz rüber zu seiner Frau. Die Reederei des Schiffs hat die Ehefrauen der Politik-Pensionäre gleich mit eingeladen. Dem Bayern Beckstein gefällt der insgesamt viertägige Törn auf der "Deutschland", die Mischung aus Luxusurlaub und der altbekannten politischen Rauferei. Und natürlich - jetzt darf er's ja sagen - der politische Stil von Kanzlerkandidat Steinbrück gefällt ihm:
"In der Tat! Mir gefällt Steinbrück, der offen seine Meinung sagt, manchmal auch polarisiert, während die Bundeskanzlerin ganz bewusst Streitpunkte rausnimmt, Kompromisse macht. Von daher ist vom Stil her Steinbrück sehr sympathisch!"
Nur seine politischen Ansichten, nein, Beckstein schüttelt den Kopf, die gehen natürlich gar nicht.
Das Mittagessen findet auf dem Oberdeck, im Restaurant Lido statt. Draußen werden bei blauem Himmel und steifer Brise Steaks und Fische gebraten, frische Miesmuscheln serviert. Norbert Blüm sitzt mit seiner Frau an einem der weißen Tische, schiebt den Teller mit den leeren Muschelschalen beiseite. Tief unten brandet die aufgewühlte See und ruhig bleibt auch Norbert Blüm nicht, wenn es um die Frage geht, wer denn Schuld sei am oft seichten politischen Diskurs:
"Sehen Sie sich mal dieses Gespräch da an: Steinbrück - Merkel. Da sind vier eitle Journalisten, die im Wettbewerb stehen: Wer hat die klügeren, intelligenteren Fragen. - Ja, was soll denn bei so einer Veranstaltung rauskommen. Da kann sich doch gar nicht gefetzt werden! Wenn ihr nicht die Geduld, die Zähigkeit, die Ausdauer habt, mal ein Problem auszudiskutieren, dann kriegt ihr so Rülpser-Diskussionen. Da brauchst du nur noch rülpsen. Da sind die Politiker dran schuld, ja. Aber vielleicht ist eure Truppe, sie hier, der Journalismus auch schuld. Ihr seid doch gar nicht mehr an der Erklärung von Grundfragen interessiert. Ihr macht doch einen Wettbewerb: Wer hat den besten Gag. Ja, das ist auch ein Gag."
"In der Tat! Mir gefällt Steinbrück, der offen seine Meinung sagt, manchmal auch polarisiert, während die Bundeskanzlerin ganz bewusst Streitpunkte rausnimmt, Kompromisse macht. Von daher ist vom Stil her Steinbrück sehr sympathisch!"
Nur seine politischen Ansichten, nein, Beckstein schüttelt den Kopf, die gehen natürlich gar nicht.
Das Mittagessen findet auf dem Oberdeck, im Restaurant Lido statt. Draußen werden bei blauem Himmel und steifer Brise Steaks und Fische gebraten, frische Miesmuscheln serviert. Norbert Blüm sitzt mit seiner Frau an einem der weißen Tische, schiebt den Teller mit den leeren Muschelschalen beiseite. Tief unten brandet die aufgewühlte See und ruhig bleibt auch Norbert Blüm nicht, wenn es um die Frage geht, wer denn Schuld sei am oft seichten politischen Diskurs:
"Sehen Sie sich mal dieses Gespräch da an: Steinbrück - Merkel. Da sind vier eitle Journalisten, die im Wettbewerb stehen: Wer hat die klügeren, intelligenteren Fragen. - Ja, was soll denn bei so einer Veranstaltung rauskommen. Da kann sich doch gar nicht gefetzt werden! Wenn ihr nicht die Geduld, die Zähigkeit, die Ausdauer habt, mal ein Problem auszudiskutieren, dann kriegt ihr so Rülpser-Diskussionen. Da brauchst du nur noch rülpsen. Da sind die Politiker dran schuld, ja. Aber vielleicht ist eure Truppe, sie hier, der Journalismus auch schuld. Ihr seid doch gar nicht mehr an der Erklärung von Grundfragen interessiert. Ihr macht doch einen Wettbewerb: Wer hat den besten Gag. Ja, das ist auch ein Gag."