Die neue Lunte im Irak
Rund um die irakische Stadt Kirkuk vertreiben schiitische Milizen die Kurden von ihrem Besitz und ihren Posten. Eine sehr bedrohliche Entwicklung, die die gemeinsame Front im Kampf gegen den IS zerbrechen lassen könnte – denn bislang waren Kurden und Schiiten Verbündete.
Gut asphaltierte Straßen, Verkehrskreisel, Staus vor Ampeln, Snack-Restaurants und sogenannte Hochzeitspaläste: mehrstöckige Restaurants aus Glas und Stahl mit Türmchen und Dächern, wie aus Zuckerguss - wer durch das nordirakische Kirkuk fährt, der könnte meinen, der Krieg spiele sich weit weg ab, in einem anderen Land.
Doch kaum zwei Kilometer hinter der Stadt: Schutt, Ruinen. Häuser, deren Betondächer wie mit einer gewaltigen Axt eingedrückt erscheinen
"Das war ein IS-Haus, eine IS-Stellung war darin. Ein Kampfjet der Alliierten hat sie bombardiert."
Fuad Zindani, der Leiter einer Menschenrechtsorganisation in Erbil ist Richtung Süden unterwegs, um sich ein Bild von der Lage in der Provinz Kirkuk zu verschaffen. Die Front, verlief einst an unmittelbar an der Stadtgrenze. Seit gut zwölf Monaten ist sie um ein paar Kilometer weit nach hinten verschoben.
Aber hier, nur 15 Kilometer vor der Front: silbrig glitzernde Öltanks zu beiden Seiten der Straße. Rohre, die aussehen wie von verrückt gewordenen Klempnern zum Knäuel gelötet. Orangefarbene Flammen, die aus schlanken Schornsteinen züngeln. Die Produktion scheint auf vollen Touren zu laufen.
Die Öltanklaster stauen sich kilometerweit
An einem Kontrollposten stauen sich die Öltanklaster kilometerweit. Einige der Fahrer stehen seit Stunden vor ihren Trucks und warten, bis sie an der Reihe sind.
"Wir sind auf dem Rückweg aus dem Iran. Wir füllen die Tanker in der Raffinerie mit Öl auf, dann fahren wir wieder in den Iran zurück."
Wessen Öl sie in welchem Auftrag zu wem verfrachten, darüber können – oder wollen - die Transporteure keine Auskunft geben.
"Offiziell arbeiten wir für eine staatliche kurdische Firma. Aber wer weiß schon, was sich in Kurdistan hinter den Kulissen einer solchen Firma verbirgt."
Vor zwei Jahren noch schien alles klar. Die meisten Anlagen in und um Kirkuk gehörten der Zentralregierung in Bagdad. Dann eroberte der sogenannte Islamische Staat die Ölfelder. Inzwischen wurde er durch alliierte Luftschläge wieder vertrieben und kurdische Peschmerga halten das Gebiet besetzt.
Seitdem haben sich die Besitzverhältnisse verschoben. Mit anderen Worten: Die Ölfelder kontrollieren heute den beiden großen Parteien, die die Peschmerga-Einheiten stellen und sich in der kurdischen Autonomieregion die Macht teilen: Der KDP von Autonomiepräsident Barzani und der PUK von Kurdenführer Talabani. In ihrem Auftrag läuft auch der Handel mit dem Öl und wer zu ihrer Klientel gehört, bekommt einen Teil des Kuchens ab.
"KDP und PUK haben Organisationen für Geschäfte. Jedenfalls, was PUK macht, ist nicht illegal, ist legal."
Sadi Ahmed Pire gehört zum Politbüro, dem obersten Führungsgremium der PUK, der "Patriotischen Union Kurdistans." Sie regiert die Provinz Kirkuk. Und sie verfügt über eine parteieigene Handelsorganisation namens Nokan, die vor allem im Ölgeschäft tätig ist.
"Das ist normal. Nokan kauft Öl überall, wo es das gibt."
Und: Nokan verkauft es wieder. Doch was man bei der PUK normal findet, beurteilt man bei der irakischen Zentralregierung in Bagdad ganz anders. Denn die kurdische Autonomieregierung ist gesetzlich verpflichtet, einen Großteil der Öleinnahmen in die irakische Hauptstadt überweisen. Doch die Ölerträge bleiben in Kurdistan hängen - bei den kurdischen Parteien.
Beide großen Kurdenorganisationen haben ihre jeweils bevorzugten Partner: Während Masud Barzanis Kurdisch Demokratische Partei, KDP, vor allem mit der Türkei handelt, macht Talabanis PUK vor allem mit dem Iran Geschäfte und pflegt Kontakte zu dessen irakischen Stellvertretern unter den Schiiten.
"Wir haben eine Geschichte. Wir haben einander kennengelernt im Gefängnis, im Flüchtlingslager, bei der Beerdigung unserer gemeinsamen Märtyrer, im Kampf gegen Saddam Hussein. Diese Partnerschaft ist gesegnet bei Präsident Talabani, Ayatollah Hakim, Ayatollah Sadr und auch Sistani."
Schiitische Milizen gehören jetzt zum Erscheinungsbild
Seine engen Verbindungen zu den Politikern in der Provinz Kirkuk verdankt der Iran insbesondere der Offensive des IS im Sommer 2014. Damals eroberten die sunnitischen Dschihadisten einen großen Teil der kurdischen Gebiete. Um sie zu vertreiben, rief die schiitisch dominierte Regierung in Bagdad schiitische Freiwilligenverbände auf, sich Richtung Kurdistan in Marsch zu setzen. Die PUK-Peschmerga in Kirkuk nahmen die Hilfe dankbar an, erinnert sich der Menschenrechtler Fuad:
"Hascht al Schaabi, die sind die Schiitenmilizen. Eigentlich wurde Hascht al Schaabi gegründet neben der irakischen offiziellen Armee, um gegen IS zu kämpfen. Aber praktisch ist Hascht al Schaabi Stück für Stück in das kurdische Gebiet nach oben gekommen."
Doch nicht nur irakische Schiiten rückten in Kirkuk ein, sondern auch iranische Einheiten und Militärberater. Seitdem gehören iranische und irakisch-schiitische Kämpfer zum Erscheinungsbild der Gegend um Kirkuk: Bewaffnete auf Toyota-Pickups, die anders aussehen, als die kurdischen Peschmerga: Junge Männer mit Dreitagebärten, die Köpfe mit schwarzen oder grünen Tüchern umwickelt und mit Abzeichen auf den Ärmeln, die religiöse Motive aufweisen. Überall, so Fuad, versuchten diese Schiitenmilizen, der Gegend ihren Stempel aufzudrücken. Zum Beispiel in Duskhurmatu, einer mittelgroßen Stadt:
"Das ist eigentlich eine kurdische Stadt, aber man sieht hier überall unterschiedliche schiitische Fahnen, Bilder von Ali, schwarze Parolen."
Ali ist der Stammvater der Schiiten. Volkstümliche Darstellungen schiitischer Märtyrer prangen überall auf den Fassaden, als läge Duskhurmatu nicht im überwiegend sunnitischen Kurdistan, sondern im Iran oder im schiitisch dominierten Südirak.
Bilder der Verwüstung im Stadtzentrum
Im Stadtzentrum: Bilder der Verwüstung. Selbst an der Hauptstraße stehen Häuser leer, sind Türen herausgebrochen, Fensterränder rußgeschwärzt. Auf den Gehwegen liegen Scherben und Möbelreste.
"Man sieht hier mehrere Läden, zahlreiche Läden verbrannt, der gehörte Kurden. Man sieht darauf mehrere Fahnen der Schiiten, schiitische Fotos. Ein großes Foto von Imam Ali."
Auf dem Basar der Stadt: Nur Händler, die zur Minderheit der schiitischen Turkmenen gehören. Der "Kurdenmarkt", sagen sie – der befinde sich jetzt am Stadtausgang.
"Kurdenmarkt" - "Turkmenenmarkt" - Begriffe, die es bisher in dieser Gegend so nicht gab. Das sagen zumindest die kurdischen Händler, die sich auf einem neuen Areal weitab vom Zentrum finden. Sie seien von den Schiitenmilizen aufgefordert worden, dieses neue Areal zu beziehen. Hier, wo es der isolierten Lage wegen nur wenige Kunden gebe. Ihre Einnahmen seien deshalb eingebrochen. Aber das sei nicht das einzige Problem in dieser Stadt, sagt einer der kurdischen Händler, der auf seinem Karren Obst und Gemüse feilbietet.
"Sie haben über hundert Häuser und Läden von Kurden verbrannt. Sie haben Zivilisten gefangen genommen und gefoltert. Sie haben einen bekannten kurdischen Arzt erschlagen. Nur weil er Kurde war."
"Sie"? Wer sind "sie"?
"Die schiitischen Freiwilligenmilizen, die Hascht al Schaabi. Vor rund zwölf Monaten wurden sie hierher geschickt, um gegen den IS zu kämpfen. In unserer Stadt gibt es Kurden, arabische Minderheiten und turkmenische Schiiten. Die schiitischen Freiwilligenverbände versuchen jetzt, die kurdische Mehrheitsbevölkerung zu vertreiben und ihre Häuser zu übernehmen, also zu enteignen. Meine Verwandten haben sie bereits aus ihren Wohnungen in der Stadt verjagt."
Die frei gewordenen Immobilien, sagt der Gemüsehändler, übergäben die schiitischen Milizen dann an Angehörige der schiitisch-turkmenischen Minderheit.
Verlassene kurdische Ladenlokale
Wie die Enteignungen vor sich gehen, zeigt ein Blick auf die Straßenzeilen im Basar. Auf einigen der verkohlten und zerschrammten Rollläden steht mit roter arabischer Schrift das Wort "Kurde" geschrieben. Andere sind von oben bis unten rot durchkreuzt. Ein kurdischer Ladenbesitzer, der bis jetzt verschont blieb, zeigt auf die verlassenen Geschäfte seiner Kollegen:
"Sobald man ein X auf dem Rollladen findet, heißt das: Der Laden gehört einem Kurden, er ist zum Plündern frei gegeben. Hier liegt der Laden meines Vaters. Wir befinden uns nur sechs Meter von einem Polizeiposten entfernt. Und trotzdem – sie haben ihn geplündert."
In einem nebenan gelegenen Viertel wohnen Angehörige der schiitisch-turkmenischen Minderheit. Sie haben ihre Gassen mit schmiedeeisernen Gittern abgesperrt, an denen die Porträts schiitischer Märtyrer angebracht sind. Nicht-Schiiten sind hier offensichtlich unerwünscht.
Für einen schiitisch-turkmenischen Ladeninhaber der Stadt stellt sich die Lage allerdings völlig anders dar als für die kurdischen Händler auf dem Markt. Die Schiiten, unterstreicht er, hätten legitime Schutzmaßnahmen zugunsten der Minderheit ergriffen. Denn bis dahin seien sie der Willkür einer kurdisch-sunnitischen Mehrheit ausgesetzt gewesen. Die Kurden hätten beispielsweise straflos eine schiitische Moschee zerstören können.
"Dagegen haben wir demonstriert. Fünf turkmenische Schiiten wurden bei dem Protest getötet. Aber jetzt schützen die schiitischen Milizen, die Hascht al Schaabi, unsere Bürger. Als am 12. November 2015 einige Angehörige dieser Schutzmilizen einen kurdischen Kontrollpunkt passieren wollten, wurden fünf von ihnen durch kurdische Milizionäre erschossen."
Der Hascht al Schaabi auf der Spur
Die Hascht al Schaabi, die schiitischen Freiwilligenverbände zu finden, ist nicht schwer. An den bunten Fahnen der unterschiedlichen Einheiten lassen sich die Häuser leicht erkennen, die sie beschlagnahmt und zu Kasernen umfunktioniert haben.
Vor einem Komplex, der wie eine ehemalige Schule aussieht, fragen wir den Wachtposten nach seinem Kommandanten. Er zögert und bedeutet uns dann, ihm zu folgen. In einem Innenhof lungern junge Männer in selbst zusammengestellten Tarn-Uniformen herum. Einige auf Pritschen, andere auf Matten. Als wir eintreten, starren sie uns verwundert an; wirken unangenehm berührt.
Dann kommt der Kommandant: ein hochgewachsener Mann in olivfarbener Kampfuniform, mit schwarzweiß gemustertem Halstuch. Was wir hier zu suchen haben. Ein Gespräch? Er nimmt sein Handy und verschwindet telefonierend in einem der Räume. Inzwischen sammeln sich immer mehr Milizionäre um uns. Junge Männer zwischen 18 und 25 Jahren. Wir werden aufgefordert, auf einer Bank am Rand des Innenhofs Platz zu nehmen. Das Kasernentor schließt sich.
An den Uniformen einiger Schiitenmilizionäre fällt dem kurdischen Menschenrechtler Fuad, etwas auf. Seiner Meinung nach gehören sie zu den iranischen Revolutionsgarden, den Pasdaran:
"Auf dem rechten Arm, auf den Klamotten, gibt es ein Zeichen für iranische offizielle Pasdar. Wenn die einfach die Tür zu machen, können wir nicht raus, weil die sind bewaffnet. Wenn sie uns entführen, als Kidnapper, was sollen wir machen? Es gab hier mehrere Entführungen, Ermordungen. Ich hab gemerkt: Die sind Iraner da drinnen. Die Iraner, natürlich, sie wollen die Europäer haben."
Die Gesprächsanfrage wird abgelehnt
Nach einigen Minuten, die quälend langsam verstreichen, taucht der Kommandant wieder auf: Gesprächsanfrage abgelehnt. Die Tore öffnen sich. Wir treten auf die Straße. Setzen uns ins Auto. Beeilen uns, aus der Gegend wegzukommen. Unterwegs macht Fuad seiner Empörung Luft:
"Die Patriotische Union Kurdistan, Abkürzung PUK, hat Hascht al Schaabi hergebracht. Die PUK hat geglaubt: Kein Problem, wenn sie her kommen. Jetzt sehen wir: Wie können wir Hascht al Schaabi wieder raus... geht nicht. Das ist eine pure Lüge. Hascht al Schaabi ist nicht von PUK. Wir haben eine Koalitionsregierung hier. Oberbefehlshaber ist Mr. Barzani."
Sadi Ahmed Pire, von der in Kirkuk regierenden Kurdenpartei PUK weist die Beschuldigungen des kurdischen Menschenrechtlers Beschuldigungen strikt zurück:
"Weder ich, noch irgendjemand anderer. Und Mr. Barzani hat gemäß Entscheidung der 62 Länder, der Antiterrorfront – die haben gesagt: OK, der Irak soll auch mitmachen. Man fragt den Irak: Wer sind deine Truppen? Sagt er: soviel Polizisten, soviel reguläre Armee, soviel Hascht al Schaabi. Du kannst nicht zu Hascht al Schaabi sagen: Ich kann nicht mit denen arbeiten. Das ist die Kraft, die die Regierung hat."
Und die PUK, in deren Einflusszone Kirkuk liegt, habe die Schiiten-Miliz in Absprache mit Autonomiepräsident Barzani aufgefordert, in diese kurdische Provinz zu kommen, um gegen den IS zu kämpfen.
"Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der föderalen Regierung im Irak, mit dem Verteidigungsministerium und dem Innenministerium, dem Peschmerga-Ministerium. Ich bin selber Gesprächsführer bei dieser Angelegenheit."
Aber wieso nimmt die PUK dann hin, dass die schiitischen Verbände in und um Kirkuk offensichtlich dabei sind, die kurdische Mehrheitsbevölkerung zu entrechten und eine schiitische dominierte neue Elite aufzubauen?
"Wir haben eigentlich eine gute Beziehung zu den Schiiten. In der Kirkuk-Gegend haben wir Hascht al Schaabi aus Turkmenen, die Schiiten sind. Es gibt Elemente innerhalb dieser Turkmenen, die Schiiten sind, die versuchen, diese Beziehung kaputtzumachen."
Selbst unter den nordirakischen Kurden, die von außen betrachtet oft als ein monolithischer Block erscheinen, vereint im Kampf gegen den IS und verlässlicher Partner des Westens, zeigt sich die regionale Spaltung in "prosunnitisch" oder "proschiitisch".
Schiitische Turkmenen als Fünfte Kolonne Erdogans
Während Präsident Masud Barzani und seine KDP sich eng an die sunnitische Türkei anschließt, gilt dessen Rivalen von der PUK die Türkei als Ruhestörer und Quell allen Übels. Ethnisch-religiöse Spannungen, Enteignungen und Vertreibungen – wenn es das gibt, sei das von Ankara ausgeheckt, meint Sadi Ahmed Pire aus dem Politbüro der PUK. Die schiitischen Turkmenen agierten als Turkvolk als eine Art Fünfte Kolonne des türkischen Präsidenten Erdogan:
"Da hat man das Gefühl, die Schiiten und die Kurden aufeinanderzuhetzen, dann endlich dann Kurden und Regierung in Bagdad und Kurden und Iran aufeinander prallen zu lassen und von weitem aus Istanbul oder Ankara zuzuschauen. Diese Art von Games kennen wir schon."
Für den kurdischen Politiker Ali Hama Saleh in Erbil haben die Spannungen zwischen Kurden und Schiiten allerdings einen völlig anderen Hintergrund – die Gier der kurdischen Parteipolitiker. Saleh ist Abgeordneter des kurdischen Regionalparlaments. Er gehört zur systemkritischen Gorran-Partei und sitzt im Parlamentsausschuss für Öl und Gas:
"Zur Zeit ist es ausschließlich die kurdische Autonomieregierung, die das Öl von Kirkuk verkauft. Und die Autonomieregierung ist nicht bereit, die Öleinnahmen an die irakische Zentralregierung weiterzuleiten. Insgesamt werden in Kirkuk pro Tag 410.000 Barrel produziert. In den letzten zwei Monaten hat die irakische Zentralregierung von dem ihr zustehenden Öl keinen Tropfen bekommen.
Das Öl wird verkauft, aber die irakische Zentralregierung geht leer aus. Die Menschen in Kirkuk selbst bekommen ebenfalls nichts von diesen Einkünften. Ebenso wenig die übrige Bevölkerung auf dem Gebiet der kurdischen Autonomieregieung. Die Frage ist also: An wen gehen die Öleinkünfte? Wer versteckt das Geld – und wo?"
Saleh gibt die Antwort gleich selbst:
"Die politischen Führer im Irak, in der nordirakischen Kurdenregion wie anderswo, sind die reichsten Politiker der Welt."
Sinkende Öleinnahmen werden zum Problem
Tatsächlich springt der Reichtum in Städten wie Erbil und Suleymaniah ins Auge: Privatresidenzen, die an Luxus denen arabischer Golfherrscher in nichts nachstehen. Villen, Yachten und Edelkarossen für die Söhne und Töchter der beiden Kurdenclans der Barzani und Talabani. Parteizentralen wie Schlösser, die der Fantasie des Bayernkönigs Ludwigs II. entsprungen sein könnten, Shoppingmalls und Hochhäuser, aus der Portokasse finanziert.
Reichtum von Kurdenführern, die sich gern im olivfarbenen Kampfdress fotografieren lassen und als Führer von Befreiungsbewegungen posieren. Solange die Öleinnahmen satte Gewinne abwarfen, konnten die Ausgaben für die Autonomieverwaltung mühelos bestritten werden. Doch seit die Öleinnahmen eingebrochen sind, bekommt die Bevölkerung kaum noch etwas vom Reichtum ab.
Selbst Beamte und Peschmerga-Kämpfer wurden seit Monaten nicht mehr bezahlt. Und weil auch die irakische Regierung leer ausgeht und kaum noch über Geld verfügt, um die von ihr beauftragten Freiwilligenverbände zu bezahlen, könnten die Schiitenmilizen noch einen anderen, ganz praktischen Grund haben, sich rund um die Ölstadt Kirkuk festzusetzen, sagt der kritische Parlamentarier Ali Hama Saleh:
"Auch die schiitischen Freiwilligenverbände verkaufen das Öl von Kirkuk. Das Geld stecken sie in ihre eigenen Taschen."