Wo sind all die Bänke hin?
Die Schildergasse in Köln gehört mit 14.000 Passanten pro Stunde zu den meistbesuchten Einkaufsstraßen in Deutschland. Zum Sitzen gibt es allerdings nur eine Bank. Der Rest wurde vor fünf Jahren abmontiert. Seitdem streiten Politik und Verwaltung über Ersatz.
"Also ich brauche immer eine Bank. Weil ich nicht gut gehen kann. Früher waren da mehr Bänke. Ich weiß nicht, die haben wohl einen Grund, dass sie die Bänke wegmontiert haben. Die gab es immer da, massig."
Aber jetzt gibt es eben nur noch diese eine Bank auf der ungefähr 500 Meter langen Schildergasse in Köln. Das Problem, das die Frau neben mir da anspricht, nennen die hiesigen Kaufleute im höflichen Marketing-Deutsch "fehlende Aufenthaltsqualität". Michael Hövelmann, Vorstandsvorsitzender der Interessengemeinschaft Schildergasse und Geschäftsführer der Galeria Kaufhof in Köln, wird genauer.
"Man muss ja sagen, wir sind die viertgrößte Stadt in Deutschland und haben die am stärksten frequentierte Fußgängerzone in Deutschland, 14.000 Passanten pro Stunde, gemessen an einem Samstagmorgen. Und wir sind der festen Überzeugung, dass eine Innenstadt auch Aufenthaltsqualität bieten muss. Und dazu gehört eben auch, dass der Passant, der Besucher der Innenstadt sich dann auch in dieser Einkaufszone mal irgendwo hinsetzen kann, was heute schwerlich möglich ist."
"Die Schuld liegt bei der Stadtverwaltung"
Verkäufer und Käufer sind sich einig: Die Kölner Schildergasse hat eine Banken-Krise. Nur, wie konnte es dazu kommen? Waren sie nicht systemrelevant?
Waren sie: too small to stay? Andreas Hupke, grüner Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt, sieht die Schuld klar bei der Stadtverwaltung. Die habe den politischen Entscheidungsprozess immer wieder behindert. Auch nachdem Bezirksvertreter wie Hupke schon vor vier Jahren neue Standorte für Bänke ausgewählt hätten.
"Wir hatten dann einfach an so Bänke gedacht, Bänke, die da sind. Wir haben da jetzt kein besonderes Modell gehabt. Dann kam die Verwaltung wieder und sagte, ja, aber wir brauchen ja einen bestimmten Banken-Typ. Dann haben wir den Banken-Typ ausgesucht. Und dann kam ein neuer Dezernent, und auf einmal auch ein neuer Vorsitzender des Gestaltungsbeirates, und sagt: Ja, mein Gott, was ist das denn für ein Bank-Typ? Den mag ich nicht. Wir bringen das Modell Landi ins Spiel. Das ist doch viel besser, viel hübscher, und passt auch besser zu Köln. Aber da sind wir ganz entschieden knochenhart geblieben. Wir haben dieses Modell beschlossen, wir haben die Standorte ausgesucht, und sie werden dahin kommen."
Lobby-Arbeit für die Händler?
Noch stehen aber keine Bänke in der Schildergasse. Trotz des knochenharten Hupkes. Der grüne Bezirksbürgermeister wird nun deutlich. Eigentlich sei der Bankenstreit keine Typfrage. Die Kölner Verwaltung mische sich in die Politik ein, betreibe Lobby-Arbeit für die Händler und Café-Betreiber. Die könnten ohne Bänke nämlich bessere Geschäfte machen - auch, weil dann weniger Obdachlose auf der Schildergasse seien. Widersetzen statt hinsetzen also: Wenn die Verwaltung die Bänke wirklich gewollt hätte – wie bei der Aufstellung von Werbetafeln kürzlich – könnten die Bänke längst stehen, meint Bezirksbürgermeister Hupke.
All diese Vorwürfe sind falsch und ohne Substanz, meint dagegen Franka Schinkel, Stadtraum-Managerin der Kölner Stadtverwaltung. Eine politische Einmischung der Verwaltung habe es nicht gegeben. Und die zeitliche Verzögerung begründet sie mit etwas, das viel größer ist als ein paar Bänke – mit dem Gestaltungskonzept für die komplette Innenstadt.
"Man kann nicht sagen, die Entscheidung für die Bänke hat jetzt solange gedauert, sondern die Entscheidung für die grundlegende Basis-Standards für die Stadtgestaltung, die haben solange gedauert. Und auf denen bauen wir ja jetzt auf. Und diese Gestaltung soll sich dann auch fortsetzen, und auch in die Gesamtstadt. Das ist eigentlich, was so lange gedauert hat."
Eine neue Ausschreibung läuft
Die neue Gestaltungsordnung ist inzwischen beschlossen; und deswegen sollen nun möglichst bald sechs neue Bänke aufgestellt werden, in Seitengassen, die direkt an die Schildergasse angrenzen – damit sie unter anderem für den Karnevalsumzug an Rosenmontag nicht jedes Mal ab- und wieder aufgebaut werden müssen. Nun läuft die Ausschreibung für die Installation der Bänke. Es kann also noch etwas dauern, meint Franka Schinkel von der Stadtverwaltung Köln. Bezirksbürgermeister Andreas Hupke bleibt skeptisch.
"Wenn dann die Bänke aufgestellt werden, es ist ja erst ein Anfang. Dann wäre dieser Streit beigelegt. Aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass noch mehrere Bänke in der Schildergasse aufgestellt werden müssen."
Und damit könnte das ganze Drama von vorne losgehen, befürchtet Hupke. Während selbst die erste Kölner Banken-Krise noch nicht ausgestanden ist. Und was sagen die Nutzer auf der einen Insider-Bank? Ihr Sitzgelegenheits-Optimismus hält sich in Grenzen.
Christoph Sterz: "Glauben Sie, dass die Bänke hier irgendwann nochmal hinkommen?
Frau: "Nein, nein. Die kommen nicht mehr hierhin. Bestimmt nicht."