Schinkels Sakralbauten
Karl Friedrich Schinkel war einer der bedeutendsten deutschen Städteplaner und Architekten des 19. Jahrhunderts. Neben bekannten Bauten wie der Neuen Wache oder der Berliner Schlossbrücke entwarf er auch viele Kirchen. Seine Konzepte spielten eine wichtige Rolle für die preußische Religionspolitik.
Die Neue Wache Unter den Linden, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, das Alte Museum, der Lustgarten oder die Schlossbrücke: Berlin ist ohne die Bauten von Karl Friedrich Schinkel undenkbar. Doch Schinkel war auch ein bedeutender Architekt und Baumeister von Kirchenbauten. Er selbst sagte einmal:
"Die Kunst selbst ist Religion. Das Religiöse demnach ist ewig zugänglich der Kunst. Das religiöse Gebäude in der Architectur kann nur der Ausgangspunkt sein für die gesamte Bestimmung einer Architectur."
Einer der herausragenden Kirchenbauten im Zentrum der Hauptstadt ist die Friedrichwerdersche Kirche, die heute als Schinkelmuseum genutzt wird. Pit van Blomeren kommt aus Holland und ist begeistert von diesem Bau:
"Berlin hat wenig Auswahl an schönen Räumlichkeiten und deshalb wird diese Kirche als Ausstellungsraum genutzt. Ich wohne seit 33 Jahren in Berlin und spaziere gern durch die Stadt. Auch in dieser Gegend, wo so viel gebaut wird. Die Friedrichwerdersche Kirche ist das einzige Gebäude, das noch stehen geblieben ist in dieser Gegend. Der Innenraum ist sehr schön, alles im Original erhalten. Und das Schöne ist: Die vielen Statuen aus griechischer, römischer bis zur wilhelminischen Zeit. Ich glaube, dass eine ehemalige Kirche immer eine andere, eine beruhigendere Wirkung hat als irgendein Ausstellungsraum. Man geht irgendwie bedächtiger an die Exponate heran. Es ist lohneswert."
Karl Friedrich Schinkel wurde am 13. März 1781 im brandenburgischen Neuruppin geboren und starb am 9. Oktober 1841 in Berlin. 2013 hat der Universalkünstler damit weder einen runden Geburtstag noch einen bedeutenden Todestag. Kein Grund, seine Werke nicht in einer Sonderausstellung zu präsentieren. Der Kunsthistoriker und Kurator Rolf Johannsen erklärt, warum:
"Das ist die Aufarbeitung des Schinkelnachlasses. 5500 Blatt Zeichnungen, die als Online-Katalog erscheinen und weltweit abrufbar sind - für jedermann kostenfrei. Man muss versuchen, diese Forschung dann doch aus diesem engen Bereich herauszukriegen. Mit einer Ausstellung also, mit der Sinnlichkeit und der Fassbarkeit von Objekten und den Ausstellungsstücken, das ist eine Chance, und die sollte man unbedingt nutzen."
Über 300 Exponate von Gemälden über Grafiken, Zeichnungen, architektonischen Plänen, persönliche Dokumente aber auch von Schinkel entworfene Sessel, Stühle oder Bilderrahmen sind in der Sonderausstellung derzeit in der Kunsthalle der Hypokulturstiftung in München zu sehen. Doch Schinkel war auch ein bedeutender Städteplaner und Architekt. In dieser Funktion entwarf und baute er viele Kirchen. Das unterstreicht der Kurator der Ausstellung, der Kunsthistoriker Johannsen.
"Er war Direktor der Oberbaudeputation in Preußen. Preußen ging ja vom Rheinland bis zum Teil nach Polen hinein. Über seinen Tisch gingen ab einer bestimmten Bausumme, die von der öffentlichen Hand gezahlt wurde, alle Programme. Das kann ein neuer Kirchturm sein, eine komplette neue Kirche – das kann aber auch nur eine Dachentwässerung einer Kirche sein. Er war sicher der einflussreichste Architekt des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Er war für das artistische Fach zuständig, und diese artistischen Bauten waren in erster Regel Kirchenbauten."
Dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. gefiel ganz offensichtlich die Kosten-Nutzen-Relation von Schinkels Sakralbauten. 1827 verordnete der preußische König einen "Normalkirchenerlass", der für viele evangelische Kleinkirchen in Preußen verbindlich wurde. Ein weiterer von Schinkel favorisierter Bautyp nach Musterplan war die Fachwerkkirche. Auch sie konnte schnell und preiswert errichtet werden. Kunsthistoriker Johannsen unterstreicht, wie modern Schinkels Gotteshäusern waren:
"Schinkel hat selbst entworfen: Vom Fundament bis zum Dach vielleicht zehn Kirchen, wie die Nikolaikirche in Potsdam oder die sogenannten Vorstadtkirchen. Er merkte ab den 1820 Jahren: Kirchenbau ist ein Desiderat. Wie machen wir mit möglichst geringen Mitteln einen vernünftigen Gemeinderaum, wo die Gemeinde Platz hat, wo jeder sehen kann, wo jeder hören kann, den man benutzen kann? Er entwirft eine Normkirche. Eine sogenannte Normalkirche, die er dann variiert. Und das ist auch das Moderne an ihm. Also nicht für jeden Ort einen individuellen Bau entwerfen – das war bei der Masse überhaupt nicht möglich, die da gefordert war. Sondern Normkirchen, die baubar waren."
Schinkels neue Kirchbauten nahmen darüber hinaus auch pastoraltheologische Erwägungen auf, die dem preußischen Herrscherhaus wichtig waren. Die Historikerin Antje Nolte unterstreicht diesen Aspekt:
"Schinkel hatte ja von König Friedrich Wilhelm III. den Auftrag bekommen, eine Normalkirche zu entwickeln. Und diese Normkirche basiert auf der Basilika, ist eher romanisch und gar nicht gotisch, hat aber korrespondiert mit den kirchenpolitischen Ideen von Friedrich Wilhelm III., der eine Vereinigung der evangelischen Kirchen in Brandenburg durchsetzte. Wir hatten hier in Brandenburg die protestantische Kirche calvinistischer Prägung wie eben natürlich die Protestanten, Lutheraner. Und das war für Friedrich Wilhelm III – das Königshaus gehörte zu den Calvinisten - zunehmend ein Problem geworden, nachdem er mit Luise verheiratet war. Luise gehörte den Lutheranern an, und sie mussten halt Zeit ihres Lebens getrennt den Gottesdienst besuchen. Und so kam Friedrich Wilhelm III. auf die Idee, dass man doch die Kirchen vereinigen und auch einen gemeinsamen Ritus einführen sollte, der beide glücklich macht. Wie es mit Kompromissen so ist, war das natürlich erst einmal ein ziemlicher Zankapfel, aber in diesem Kontext ist auch die Idee der Normkirche zu sehen."
Mit geringen regionalen Abweichungen wurden diese "Kirchen von der Stange" vielerorts errichtet. Im Oderbruch, in Mecklenburg und im heutigen Polen sind einige davon noch zu besichtigen. Schinkels berühmtester Berliner Kirchenbau, die Friedrichwerdersche Kirche, ist aber derzeit geschlossen. Antje Nolte von den Staatlich Museen erklärt den Grund:
"Die Friedrichwerdersche Kirche ist im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden. Allerdings gehört sie heute noch als Bau der evangelischen Kirche. Die Friedrichwerdersche Kirche wurde 1987 im Rahmen der 750-Jahr-Feier von Berlin als Museum zugänglich gemacht. Über vier Jahrzehnte stand die Kirche nach dem Krieg als Ruine. Die Ursachen, dass die Kirche zurzeit geschlossen ist, liegen im Baugeschehen ringsherum, das hat zu Erschütterungen im Fundament geführt. Es gibt Leute, die ganz ketzerisch behaupten, Schinkel war Schuld, weil er die Statik nicht beachtet hat. Das ist nicht ganz geklärt. Es ist zurzeit nicht ratsam, Kunst in dem Haus zu haben - und auch keine Besucher. Und deshalb haben wir die Skulpturen aus der Kirche entfernt und warten jetzt erst einmal ab, wie sich das Ganze weiter entwickelt."
"Die Kunst selbst ist Religion. Das Religiöse demnach ist ewig zugänglich der Kunst. Das religiöse Gebäude in der Architectur kann nur der Ausgangspunkt sein für die gesamte Bestimmung einer Architectur."
Einer der herausragenden Kirchenbauten im Zentrum der Hauptstadt ist die Friedrichwerdersche Kirche, die heute als Schinkelmuseum genutzt wird. Pit van Blomeren kommt aus Holland und ist begeistert von diesem Bau:
"Berlin hat wenig Auswahl an schönen Räumlichkeiten und deshalb wird diese Kirche als Ausstellungsraum genutzt. Ich wohne seit 33 Jahren in Berlin und spaziere gern durch die Stadt. Auch in dieser Gegend, wo so viel gebaut wird. Die Friedrichwerdersche Kirche ist das einzige Gebäude, das noch stehen geblieben ist in dieser Gegend. Der Innenraum ist sehr schön, alles im Original erhalten. Und das Schöne ist: Die vielen Statuen aus griechischer, römischer bis zur wilhelminischen Zeit. Ich glaube, dass eine ehemalige Kirche immer eine andere, eine beruhigendere Wirkung hat als irgendein Ausstellungsraum. Man geht irgendwie bedächtiger an die Exponate heran. Es ist lohneswert."
Karl Friedrich Schinkel wurde am 13. März 1781 im brandenburgischen Neuruppin geboren und starb am 9. Oktober 1841 in Berlin. 2013 hat der Universalkünstler damit weder einen runden Geburtstag noch einen bedeutenden Todestag. Kein Grund, seine Werke nicht in einer Sonderausstellung zu präsentieren. Der Kunsthistoriker und Kurator Rolf Johannsen erklärt, warum:
"Das ist die Aufarbeitung des Schinkelnachlasses. 5500 Blatt Zeichnungen, die als Online-Katalog erscheinen und weltweit abrufbar sind - für jedermann kostenfrei. Man muss versuchen, diese Forschung dann doch aus diesem engen Bereich herauszukriegen. Mit einer Ausstellung also, mit der Sinnlichkeit und der Fassbarkeit von Objekten und den Ausstellungsstücken, das ist eine Chance, und die sollte man unbedingt nutzen."
Über 300 Exponate von Gemälden über Grafiken, Zeichnungen, architektonischen Plänen, persönliche Dokumente aber auch von Schinkel entworfene Sessel, Stühle oder Bilderrahmen sind in der Sonderausstellung derzeit in der Kunsthalle der Hypokulturstiftung in München zu sehen. Doch Schinkel war auch ein bedeutender Städteplaner und Architekt. In dieser Funktion entwarf und baute er viele Kirchen. Das unterstreicht der Kurator der Ausstellung, der Kunsthistoriker Johannsen.
"Er war Direktor der Oberbaudeputation in Preußen. Preußen ging ja vom Rheinland bis zum Teil nach Polen hinein. Über seinen Tisch gingen ab einer bestimmten Bausumme, die von der öffentlichen Hand gezahlt wurde, alle Programme. Das kann ein neuer Kirchturm sein, eine komplette neue Kirche – das kann aber auch nur eine Dachentwässerung einer Kirche sein. Er war sicher der einflussreichste Architekt des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Er war für das artistische Fach zuständig, und diese artistischen Bauten waren in erster Regel Kirchenbauten."
Dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. gefiel ganz offensichtlich die Kosten-Nutzen-Relation von Schinkels Sakralbauten. 1827 verordnete der preußische König einen "Normalkirchenerlass", der für viele evangelische Kleinkirchen in Preußen verbindlich wurde. Ein weiterer von Schinkel favorisierter Bautyp nach Musterplan war die Fachwerkkirche. Auch sie konnte schnell und preiswert errichtet werden. Kunsthistoriker Johannsen unterstreicht, wie modern Schinkels Gotteshäusern waren:
"Schinkel hat selbst entworfen: Vom Fundament bis zum Dach vielleicht zehn Kirchen, wie die Nikolaikirche in Potsdam oder die sogenannten Vorstadtkirchen. Er merkte ab den 1820 Jahren: Kirchenbau ist ein Desiderat. Wie machen wir mit möglichst geringen Mitteln einen vernünftigen Gemeinderaum, wo die Gemeinde Platz hat, wo jeder sehen kann, wo jeder hören kann, den man benutzen kann? Er entwirft eine Normkirche. Eine sogenannte Normalkirche, die er dann variiert. Und das ist auch das Moderne an ihm. Also nicht für jeden Ort einen individuellen Bau entwerfen – das war bei der Masse überhaupt nicht möglich, die da gefordert war. Sondern Normkirchen, die baubar waren."
Schinkels neue Kirchbauten nahmen darüber hinaus auch pastoraltheologische Erwägungen auf, die dem preußischen Herrscherhaus wichtig waren. Die Historikerin Antje Nolte unterstreicht diesen Aspekt:
"Schinkel hatte ja von König Friedrich Wilhelm III. den Auftrag bekommen, eine Normalkirche zu entwickeln. Und diese Normkirche basiert auf der Basilika, ist eher romanisch und gar nicht gotisch, hat aber korrespondiert mit den kirchenpolitischen Ideen von Friedrich Wilhelm III., der eine Vereinigung der evangelischen Kirchen in Brandenburg durchsetzte. Wir hatten hier in Brandenburg die protestantische Kirche calvinistischer Prägung wie eben natürlich die Protestanten, Lutheraner. Und das war für Friedrich Wilhelm III – das Königshaus gehörte zu den Calvinisten - zunehmend ein Problem geworden, nachdem er mit Luise verheiratet war. Luise gehörte den Lutheranern an, und sie mussten halt Zeit ihres Lebens getrennt den Gottesdienst besuchen. Und so kam Friedrich Wilhelm III. auf die Idee, dass man doch die Kirchen vereinigen und auch einen gemeinsamen Ritus einführen sollte, der beide glücklich macht. Wie es mit Kompromissen so ist, war das natürlich erst einmal ein ziemlicher Zankapfel, aber in diesem Kontext ist auch die Idee der Normkirche zu sehen."
Mit geringen regionalen Abweichungen wurden diese "Kirchen von der Stange" vielerorts errichtet. Im Oderbruch, in Mecklenburg und im heutigen Polen sind einige davon noch zu besichtigen. Schinkels berühmtester Berliner Kirchenbau, die Friedrichwerdersche Kirche, ist aber derzeit geschlossen. Antje Nolte von den Staatlich Museen erklärt den Grund:
"Die Friedrichwerdersche Kirche ist im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden. Allerdings gehört sie heute noch als Bau der evangelischen Kirche. Die Friedrichwerdersche Kirche wurde 1987 im Rahmen der 750-Jahr-Feier von Berlin als Museum zugänglich gemacht. Über vier Jahrzehnte stand die Kirche nach dem Krieg als Ruine. Die Ursachen, dass die Kirche zurzeit geschlossen ist, liegen im Baugeschehen ringsherum, das hat zu Erschütterungen im Fundament geführt. Es gibt Leute, die ganz ketzerisch behaupten, Schinkel war Schuld, weil er die Statik nicht beachtet hat. Das ist nicht ganz geklärt. Es ist zurzeit nicht ratsam, Kunst in dem Haus zu haben - und auch keine Besucher. Und deshalb haben wir die Skulpturen aus der Kirche entfernt und warten jetzt erst einmal ab, wie sich das Ganze weiter entwickelt."