Schlafmützen sind keine Schnarchnasen
Erhellende Lektüre über ein elementares Grundbedürfnis des Menschen: Ein Buch zum Thema Schlaf. Nicht das erste, aber ein sehr reges und umfassendes Buch, das sich nicht nur an Menschen mit Schlafstörungen richtet. "Mein Buch vom gutem Schlaf" bietet auch echten Langschläfern interessante Einblicke in das tägliche Ritual des menschlichen Körpers.
Autor Jürgen Zulley, Psychologe und bekannter deutscher Schlafforscher befasst sich seit mehreren Jahrzehnten mit der Erforschung unseres Schlaf- und Wachrhythmus. Er ist Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitätsklinikum Regensburg und gründete 2001 die erste Schlafschule in Deutschland. Ein ambulantes Therapiezentrum für Menschen mit gravierenden Schlafproblemen.
Kein Mensch schläft immer gleich lang, und niemand schläft die gesamte Nacht fest und tief durch. Insgesamt 28 Mal werden wir in einer Nacht wach. Das ist vollkommen normal und gehört zu einem gesunden Schlafrhythmus dazu, erklärt der Wissenschaftler und überrascht seine Leser. Denn bemerkt wird das häufige Aufwachen in der Nacht meist nicht. Erst wenn die Wachphasen länger als drei Minuten andauern, bleiben sie uns im Gedächtnis. Und dann schließen viele Menschen schnell, sie haben schlecht geschlafen. Zu schnell, sagt Jürgen Zulley.
Mit solchen und zahlreichen weiteren überraschenden Einblicken in das Schlafverhalten, zeigt Zulley, dass der Anspruch, den viele Menschen an ihren Schlaf haben, nicht der eigentlichen Natur des Schlafens entspricht.
Vergleiche mit anderen Kulturen, belegen seine Beobachtungen. Wenn in Naturvölkern im Südpazifik zum Beispiel in der freien Wildnis geschlafen wird, dann wird jede Stunde automatisch ein Mitglied der Gruppe wach und übernimmt die nächtliche Wache. Dazu brauchen die Gruppenmitglieder keinen Wecker. Jeder einzelne erwacht zu seiner Stunde und passt auf die anderen auf.
Ebenso selbstverständlich schlafen zum Beispiel Chinesen am Tag. Ungezwungen dösen sie in Gesellschaft anderer und sogar am Arbeitsplatz gönnen sich die Asiaten ganz selbstverständlich ein Nickerchen.
Durch solche Beispiele vermittelt sich schnell, dass in Europa viele Schlafprobleme selbstgemacht sind, also in Wirklichkeit gar keine sind, lautet die These des Autors.
Der Biorhythmus - unsere innere Uhr - passt einfach nicht in die moderne Arbeitswelt, wo 8 bis 12 Stunden Wachsein als "normal" voraus gesetzt werden. Schon Schulkinder müssen in Deutschland viel zu früh am Morgen raus, kritisiert der Autor. Und das, obwohl verschiedenen Studien in den vergangenen Jahren belegt haben, dass der Unterrichtsbeginn vor 9 Uhr am Morgen, negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit hat.
Gleiches gilt für Erwachsene, auch hier liegt die erste Hochphase zwischen 9 und 12 Uhr. Die Siesta nach dem Mittagessen haben die Südeuropäer nicht nur wegen der Hitze erfunden. Ein kurzer Schlaf im Tagesverlauf, steigert die Konzentrationsfähig enorm.
Das hat sogar schon die Wellnessbranche erkannt, schreibt Zulley. Sie leite daraus allerdings keineswegs ein wirklich entspanntes Nickerchen am Tag ab und so rät er hier zur Vorsicht. "Powernapping", so der Name für die moderne Siesta (abgeleitet aus dem Englischen: nap = das Nickerchen) kann und soll nicht jeder Gesundheitsfreak halten, sondern nur die Menschen, denen danach ist. Allein schon das Wort Power widerspreche der Gelassenheit, die für einen gesunden Umgang mit dem Schlafen notwendig sei.
Das Buch widmet sich zur Hälfte den kulturellen, historischen, evolutionsbiologischen und medizinischen Tatsachen des Phänomens Schlaf. Darauf folgend sind Tests und Tipps zum jeweils persönlichen Schlafverhalten aufgelistet. Zahlreiche Grafiken und Bilder illustrieren die wichtigsten wissenschaftlichen Details.
Über 100 Seiten hat Jürgen Zulley dem Thema Schlafen und Gesundheit gewidmet. Denn Schlaf wirkt sich maßgeblich auf unser Immunsystem aus. Erst während wir schlummern, können die Anwehrkräfte im Körper, die notwendigen Ausbesserungsarbeiten und Reparaturen an unseren Zellen durchführen. Das ist auch der Grund, weshalb wir uns bei Krankheiten schlapp und müde fühlen. Das Immunsystem sorgt dafür. Es signalisiert uns, dass wir uns hinlegen sollen, damit es in Ruhe arbeiten kann.
Wie dieser komplizierte Mechanismus abläuft und was sonst noch so alles während des Schlafs in unserem Körper vor sich geht - und das ist eine ganze Menge - erklärt der Autor sehr einfach und gut verständlich. Zulley schreibt bewusst für medizinische Laien. Sein Ziel lautet: Informieren. Denn nur wer weiß, was während des Schlafens passiert, kann Schlafstörungen erkennen und oft vermeiden.
Unsere innere Uhr tickt seit vielen Jahrtausenden gleich. Ihr Rhythmus ist ein Ergebnis der Evolution. Im Verlauf von Jahrmillionen hat sich der Mensch auf den Tag-Nacht-Rythmus eingestellt.
Welche Faktoren, das Zusammenspiel zwischen Wachen und Schlafen maßgeblich beeinflusst haben, liest sich ebenso spannend, wie die Geschichte über das "Schlaf-Gen". Ein bestimmter Chromosomenabschnitt macht uns nämlich entweder zu Lang- oder zu Kurzschläfern. Am bewährten Tag-Nacht Rhythmus ändert das allerdings wenig.
Der ist seltsamerweise eine Stunde länger, als der Tag dauert, schreibt Zulley. Unser ursprünglicher Biorhythmus liegt bei 25 und nicht bei 24 Stunden. Das unser Körper trotzdem Tag für Tag die 24 Stunden schafft, liegt am Licht. Die Sonnenstrahlung aktiviert wichtige Prozesse.
Zulley weiß sehr genau, wovon er hier spricht. Er war einer der Ersten, die in den 60er Jahren Versuche auf dem Gebiet der Chronobiologie, unternommen haben. Zusammen mit Kollegen betreute er damals einen Versuch im oberbayrischen Kloster Andechs, der dem menschlichen Biorhythmus auf die Spur kam. Dazu verbrachten freiwillige Versuchspersonen einen Monat in absoluter Dunkelheit. Seitdem hat der Psychologe sich dem Thema Schlaf verschrieben und mehrere Bücher darüber veröffentlicht.
Warum die Evolution allerdings dazu geführt hat, dass der Mensch überhaupt schlafen muss, ist bis heute noch nicht geklärt. Diese Frage kann auch Jürgen Zulley nicht beantworten. Aber er vermittelt in seinem Buch unterhaltsam die Hintergründe und Mechanismen dieses Zustands, indem wir fast ein Drittel unseres Lebens verbringen.
Jürgen Zulley: Mein Buch vom guten Schlaf
Verlag Zabert Sandmann
240 Seiten, 19,95 €
Kein Mensch schläft immer gleich lang, und niemand schläft die gesamte Nacht fest und tief durch. Insgesamt 28 Mal werden wir in einer Nacht wach. Das ist vollkommen normal und gehört zu einem gesunden Schlafrhythmus dazu, erklärt der Wissenschaftler und überrascht seine Leser. Denn bemerkt wird das häufige Aufwachen in der Nacht meist nicht. Erst wenn die Wachphasen länger als drei Minuten andauern, bleiben sie uns im Gedächtnis. Und dann schließen viele Menschen schnell, sie haben schlecht geschlafen. Zu schnell, sagt Jürgen Zulley.
Mit solchen und zahlreichen weiteren überraschenden Einblicken in das Schlafverhalten, zeigt Zulley, dass der Anspruch, den viele Menschen an ihren Schlaf haben, nicht der eigentlichen Natur des Schlafens entspricht.
Vergleiche mit anderen Kulturen, belegen seine Beobachtungen. Wenn in Naturvölkern im Südpazifik zum Beispiel in der freien Wildnis geschlafen wird, dann wird jede Stunde automatisch ein Mitglied der Gruppe wach und übernimmt die nächtliche Wache. Dazu brauchen die Gruppenmitglieder keinen Wecker. Jeder einzelne erwacht zu seiner Stunde und passt auf die anderen auf.
Ebenso selbstverständlich schlafen zum Beispiel Chinesen am Tag. Ungezwungen dösen sie in Gesellschaft anderer und sogar am Arbeitsplatz gönnen sich die Asiaten ganz selbstverständlich ein Nickerchen.
Durch solche Beispiele vermittelt sich schnell, dass in Europa viele Schlafprobleme selbstgemacht sind, also in Wirklichkeit gar keine sind, lautet die These des Autors.
Der Biorhythmus - unsere innere Uhr - passt einfach nicht in die moderne Arbeitswelt, wo 8 bis 12 Stunden Wachsein als "normal" voraus gesetzt werden. Schon Schulkinder müssen in Deutschland viel zu früh am Morgen raus, kritisiert der Autor. Und das, obwohl verschiedenen Studien in den vergangenen Jahren belegt haben, dass der Unterrichtsbeginn vor 9 Uhr am Morgen, negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit hat.
Gleiches gilt für Erwachsene, auch hier liegt die erste Hochphase zwischen 9 und 12 Uhr. Die Siesta nach dem Mittagessen haben die Südeuropäer nicht nur wegen der Hitze erfunden. Ein kurzer Schlaf im Tagesverlauf, steigert die Konzentrationsfähig enorm.
Das hat sogar schon die Wellnessbranche erkannt, schreibt Zulley. Sie leite daraus allerdings keineswegs ein wirklich entspanntes Nickerchen am Tag ab und so rät er hier zur Vorsicht. "Powernapping", so der Name für die moderne Siesta (abgeleitet aus dem Englischen: nap = das Nickerchen) kann und soll nicht jeder Gesundheitsfreak halten, sondern nur die Menschen, denen danach ist. Allein schon das Wort Power widerspreche der Gelassenheit, die für einen gesunden Umgang mit dem Schlafen notwendig sei.
Das Buch widmet sich zur Hälfte den kulturellen, historischen, evolutionsbiologischen und medizinischen Tatsachen des Phänomens Schlaf. Darauf folgend sind Tests und Tipps zum jeweils persönlichen Schlafverhalten aufgelistet. Zahlreiche Grafiken und Bilder illustrieren die wichtigsten wissenschaftlichen Details.
Über 100 Seiten hat Jürgen Zulley dem Thema Schlafen und Gesundheit gewidmet. Denn Schlaf wirkt sich maßgeblich auf unser Immunsystem aus. Erst während wir schlummern, können die Anwehrkräfte im Körper, die notwendigen Ausbesserungsarbeiten und Reparaturen an unseren Zellen durchführen. Das ist auch der Grund, weshalb wir uns bei Krankheiten schlapp und müde fühlen. Das Immunsystem sorgt dafür. Es signalisiert uns, dass wir uns hinlegen sollen, damit es in Ruhe arbeiten kann.
Wie dieser komplizierte Mechanismus abläuft und was sonst noch so alles während des Schlafs in unserem Körper vor sich geht - und das ist eine ganze Menge - erklärt der Autor sehr einfach und gut verständlich. Zulley schreibt bewusst für medizinische Laien. Sein Ziel lautet: Informieren. Denn nur wer weiß, was während des Schlafens passiert, kann Schlafstörungen erkennen und oft vermeiden.
Unsere innere Uhr tickt seit vielen Jahrtausenden gleich. Ihr Rhythmus ist ein Ergebnis der Evolution. Im Verlauf von Jahrmillionen hat sich der Mensch auf den Tag-Nacht-Rythmus eingestellt.
Welche Faktoren, das Zusammenspiel zwischen Wachen und Schlafen maßgeblich beeinflusst haben, liest sich ebenso spannend, wie die Geschichte über das "Schlaf-Gen". Ein bestimmter Chromosomenabschnitt macht uns nämlich entweder zu Lang- oder zu Kurzschläfern. Am bewährten Tag-Nacht Rhythmus ändert das allerdings wenig.
Der ist seltsamerweise eine Stunde länger, als der Tag dauert, schreibt Zulley. Unser ursprünglicher Biorhythmus liegt bei 25 und nicht bei 24 Stunden. Das unser Körper trotzdem Tag für Tag die 24 Stunden schafft, liegt am Licht. Die Sonnenstrahlung aktiviert wichtige Prozesse.
Zulley weiß sehr genau, wovon er hier spricht. Er war einer der Ersten, die in den 60er Jahren Versuche auf dem Gebiet der Chronobiologie, unternommen haben. Zusammen mit Kollegen betreute er damals einen Versuch im oberbayrischen Kloster Andechs, der dem menschlichen Biorhythmus auf die Spur kam. Dazu verbrachten freiwillige Versuchspersonen einen Monat in absoluter Dunkelheit. Seitdem hat der Psychologe sich dem Thema Schlaf verschrieben und mehrere Bücher darüber veröffentlicht.
Warum die Evolution allerdings dazu geführt hat, dass der Mensch überhaupt schlafen muss, ist bis heute noch nicht geklärt. Diese Frage kann auch Jürgen Zulley nicht beantworten. Aber er vermittelt in seinem Buch unterhaltsam die Hintergründe und Mechanismen dieses Zustands, indem wir fast ein Drittel unseres Lebens verbringen.
Jürgen Zulley: Mein Buch vom guten Schlaf
Verlag Zabert Sandmann
240 Seiten, 19,95 €