Schlagzeuger der Rolling Stones

Charlie Watts ist tot

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Charlie Watts, Schlagzeuger von den Rolling Stones, bei einem Konzert am 18. August 2019 im Levis Stadium in Santa Clara, Kalifornien.
Charlie Watts, Schlagzeuger der Rolling Stones, bei einem Konzert 2019 in Santa Clara im US-Bundesstaat Kalifornien. © imago / MediaPunch / Chris Tuite
Helmut Heimann im Gespräch mit Britta Bürger |
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Der Schlagzeuger der Rolling Stones, Charlie Watts, ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Er gab der britischen Rockband seit 1963 das rhythmische Fundament, suchte aber weniger als seine Kollegen das Rampenlicht.
Charlie Watts ist am Dienstag im Kreis seiner Familie in einem Londoner Krankenhaus gestorben, wie sein Agent Bernard Doherty mitteilte. Als Schlagzeuger der Rolling Stones hat Watts zusammen mit dem Sänger Mick Jagger und den Gitarristen Keith Richards und Ron Wood Rockgeschichte geschrieben.
"Charlie war ein geschätzter Ehemann, Vater und Großvater und als Mitglied der Rolling Stones auch einer der großartigsten Schlagzeuger seiner Generation", hieß es in der Erklärung des Agenten. Watts ist wenige Wochen nach seinem 80. Geburtstag gestorben.
Vor einigen Wochen war bekannt geworden, dass Watts nicht an der kommenden US-Tournee seiner Band teilnehmen sollte. Er erhole sich von einer nicht näher spezifizierten medizinischen Behandlung, hieß es von einem Sprecher. Laut dem Sender BBC war Watts 2004 wegen Kehlkopfkrebs behandelt worden. An der letzten Welttournee mit den Rolling Stones nahm er 2018 teil.

Ins Rampenlicht geschoben

Musikjournalist Helmut Heimann beschreibt den Schlagzeuger als einen der bekanntesten Rockmusiker weltweit, "obwohl er sich selbst nie als Rockdrummer oder gar Rockstar gesehen hat".
Er sei automatisch ins Rampenlicht gerückt worden, "weil er eben der Drummer einer der größten Rockbands überhaupt war". Watts habe sich schon immer hinter den bekannten Band-Mitgliedern Mick Jagger und Keith Richards versteckt.
"Er kam eigentlich vom Jazz. Das war seine große Liebe und Leidenschaft." In Soloprojekten sei er dieser Leidenschaft immer wieder nachgegangen. Bei den Rolling Stones habe er an seinem Schlagzeug mit einer Bescheidenheit gesessen, die perfekt zu ihm gepasst habe, meint Heimann.
"Charlie brauchte keine große Maschinerie, keine Batterie aus Tom Toms und Becken, um den Back Beat vorzugeben, seinen Groove rüberzubringen." Er habe auch mehrheitlich auf die berüchtigten Schlagzeug-Soli verzichtet und habe "trotzdem mehr Wirkung als viele der sogenannten Super-Drummer" erzielt.

"Der Gentleman der Stones"

Genau wie George Harrison bei den Beatles habe Watts bei den Stones als der Ruhige gegolten. Manche hätten ihn sogar "den Stoiker" genannt. "Watts galt als der Gentleman der Stones", sagt der Musikjournalist. Seinen Kollegen gegenüber, die sich wie typische Rockstars verhalten hätten, sei er eher distanziert gewesen.
In den wilden Sechzigerjahren hätten Mick Jagger und Bill Wyman auf einer Tournee versucht, sich gegenseitig zu übertrumpfen, wer die meisten Frauen im Bett hatte, erzählt Heimann. Watts sei sehr zufrieden gewesen mit seinen null Punkten in diesem speziellen Wettbewerb. Die Treue zu seiner Ehefrau Shirley sei ihm sehr wichtig gewesen. Seit 1964 war er mit ihr verheiratet.

Der Beat der Rolling Stones - Zum Tod von Charlie Watts [AUDIO]
Die Musikjournalistin Jenni Zylka findet, der Schlagzeuger Charlie Watts habe die Rolling Stones zusammengehalten. Im Spielen sei er nicht so "raffiniert und energetisch" gewesen, sondern eher gediegen. Meistens habe er verlässlich abgeliefert und so "auf eine schöne, stoische Art eine Timing-feste Hintergrundbank" geliefert für die Sperenzien von Mick Jagger und Keith Richards.

Der Schlagzeuger Charlie Watts bedankt sich auf der Bühne bei einem Konzerttechniker vor einem Konzert der Rollings Stones in London am 24. August 2021.
© imago / ZUMA Wire
Drogenorgien seien von dem Drummer auch nicht bekannt gewesen, wie es bei seinem Band-Kollegen Keith Richards der Fall war. Er habe lediglich "eine Phase in den 1980er-Jahren" gehabt, "als er Bekanntschaft mit Heroin schloss".
Diese Phase sei aber schnell wieder vorbei gewesen. Den Gerüchten nach auch durch den Einsatz von Richards: Der habe Watts mal einen Motorradhelm aufgesetzt und ihn mit einem Fahrradschloss abgeschlossen, damit dieser erst nicht in Versuchung komme.

Frühe Liebe zu Jazz und Blues

Geboren 1941 in London, entdeckte Charlie Watts schon früh seine Liebe zu Jazz und Blues. Er bastelte sich aus einem alten Banjo sein erstes Schlagzeug. Das war der Beginn einer jahrzehntelangen Karriere mit diversen Jazz-Formationen und eben den Rolling Stones.
Watts kam Anfang 1963, ein halbes Jahr nach dem ersten Auftritt der Band im legendären Londoner Marquee Club, am 12. Juli 1962 dazu und gab den Stones über viele Jahre sein rhythmisches Fundament.

Kollegen verabschieden sich

Viele Musikerkollegen seiner Generation zeigten sich tief betroffen von Charlie Watts' Tod, darunter auch die noch lebenden Beatles Paul McCartney und Ringo Starr.
Viele andere Kollegen aus dem Rockkosmos hätten Watts sogar als den größten Schlagzeuger aller Zeiten gewürdigt. "Ein Titel, der ihm sicher eher weniger bedeutet hätte", meint Heimann.
Mitte September soll die verschobene Tournee der Rolling Stones beginnen. Doch seit Watts' Tod sei in Fanforen eine Diskussion darüber entbrannt, ob die Rockband ohne Charlie Watts noch als die Rolling Stones durchgehen dürfte, sagt Heimann. In seiner Bescheidenheit hätte Watts wahrscheinlich nichts dagegen gehabt.
(sbd)
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