Was taugt der YouTube-Knigge?
Immer wieder müssen sich YouTube-Stars den Vorwurf der Schleichwerbung gefallen lassen. Die Landesmedienanstalten haben deshalb einen Leitfaden herausgegeben, wie mit Werbung in sozialen Medien umzugehen ist. Doch manche Fragen bleiben offen.
Kaum ein Video des YouTubers Sami Slimani kommt ohne mindestens eine Produktmarke im Bild oder mehrfache Nennung eines Produktnamens aus. Der fast 1,4 Millionen Abonnenten schwere Lifestyle-Vlogger ist gewissermaßen der König des YouTube Product Placement:
"Heute hab ich für Euch ein neues Video. Und zwar meine Favoriten, indem ich Euch einfach zeige, was mir in diesem Monat gefallen hat: von Musik zu Modeartikeln und zu Produkten und so weiter und so fort."
Unter einigen Videos versichert er: alles selbst gekauft! Und damit legitim. Unter vielen anderen Videos steht kein solcher Hinweis. Ups, das hat Sami Slimani wohl vergessen…
Auch bei anderen Vloggern ist nicht klar ersichtlich, wann mit Produkten in ihren Videos Geld verdient wird. Die Landesmedienanstalten, die den privaten Rundfunk und die Onlinemedien regulieren, wollen deshalb auf die Sprünge helfen. Nicht, dass da "versehentlich" ein YouTuber Schleichwerbung macht!
"Sobald Du Dich in sozialen Netzwerken bewegst und eigene Inhalte einstellst, bist Du Teil der Öffentlichkeit. Wenn Du etwas schaffst, das interessiert, berührt, begeistert, wenn Du die Wege kennst, wie man die Aufmerksamkeit für Dein Angebot steigern kann oder Dir hierfür Hilfe von Experten suchst, werden die Abrufzahlen steigen. Mit zunehmenden Abrufzahlen und mit steigendem Vertrauen trägst Du auch Verantwortung für Deine Nutzer. Transparenz, Ehrlichkeit und Echtheit sind wichtig."
Manche YouTuber fürchten um ihre Reputation
Der Werbeknigge der Landesmedienanstalten erläutert den Rundfunkstaatsvertrag: Unter welchen Bedingungen ist Werbung erlaubt? Und wie ist diese zu kennzeichnen? Sechs Beispiele umfasst der fünf Seiten lange Leitfaden. Die Leser werden geduzt, der Text ist auch für einen 15-Jährigen leicht zu verstehen. Ist so ein Leitfaden wirklich für einen Profi-YouTuber gemacht? Vloggerin Marie Meimberg bezweifelt das in einem Video auf YouTube:
"Also die Leute, die zum Beispiel Sami Slimani heißen könnten oder anders, die schon lange genug im Geschäft sind und praktizierende Produktplatzierer sind, an die richtet sich das nicht. Die wissen schon lange, was sie machen dürfen und was nicht und was die Graubereiche sind, die sie ausnutzen können."
Tatsächlich versammeln gestandene Videostars Manager, Berater und Anwälte um sich, die ihnen auch in Werbefragen beistehen. Eine Aufklärung in Sachen Umgang mit Werbung brauchen vor allem junge YouTube-Anfänger, die unbedacht ihre neusten Outfits von Billigmodeketten in die Kamera halten.
YouTuberin Fiona Kristin:
"Und zwar war ich bei Primark letzte Woche. Und da hab ich ein bisschen was eingekauft und ich war auch noch bei H&M und will auch gern diese Sachen zeigen."
Der Vlogger-Nachwuchs macht Werbung für lau. YouTuber mit wenigen Abonnenten und geringen Abrufzahlen sind für Werbetreibende uninteressant. Das ist nicht unkritisch, aber: Es besteht keine Schleichwerbungsgefahr. Der Werbe-Knigge der Landesmedienanstalten kann in diesem Zusammenhang nur als präventive Maßnahme verstanden werden. Die jungen YouTuber sollen nicht in dieselbe Werbe-Kerbe von Sami Slimani und Co. hauen.
Trotzdem fürchten manche erfolgreichen Vlogger im Zuge der kritischen Berichterstattung über Produktplatzierungen um ihre Reputation. Nela Lee, 130.000 Abonnenten, wirbt bei ihren Fans um Vertrauen und verspricht nur Produkte zu bewerben, hinter denen sie wirklich steht.
"Das Wertvollste - und das mein ich wirklich ernst -, das Wertvollste, was ich hier auf diesem Channel habe, ist Euer Vertrauen. Ich mach das hier für Euch, ich mach das mit Euch und ich möchte natürlich auch nichts machen, wo Ihr dann am Ende des Tages sagt: Na super, das ist ja echt ne dumme Kuh."
Transparenz, Ehrlichkeit und Echtheit - das sind auch die Dinge, die der Leitfaden der Landesmedienanstalten fordert. Doch wie man eine reine Werbeweste einheitlich umsetzen kann, lässt er offen. Der wichtigere Werbeknigge wäre wohl der, der Standards zur Kennzeichnung nahelegt: für Beschreibungstexte, Textboxen in Videos und zum Wording der Vlogger. Damit am Ende nicht jemand sagen kann: Ups…