Schneller elektronischer Helfer
Zwei Rettungswagen auf Usedom sind seit Juli mit einem neuen Datenübertragungssystem ausgestattet. In einem Notfall können die Vitaldaten des Patienten sofort per Mobilfunk an Bereitschaftsärzte im Herzzentrum Karlsburg übertragen werden.
Ein Notruf auf der Rettungswache Zinnowitz. Notarzt und Rettungsassistent laufen zum Einsatzfahrzeug. Während sie sich anschnallen, kommen über Funk die Anweisungen.
"Es geht nach Ückeritz, zum Zeltplatz I, Am Strande. Dort an der Rezeption melden. Einsatznummer 17488."
Ein Kind wurde von einer Wespe gestochen, die Eltern fürchten eine allergische Reaktion. Eile ist geboten, unter Umständen kann binnen weniger Minuten der Kreislauf des Kindes zusammenbrechen. Rettungsassistent Ralf Neumann fährt den Einsatzwagen, Notarzt Bernd Müllejans sitzt auf dem Beifahrersitz.
"Sie sehen hier - dichter Urlaubsverkehr. Die Leute haben ihre Radios laut gestellt. Selbst wenn man hier mit maximalem Lärm durch die Gegend fährt, haben Sie immer wieder welche, die pennen und die Straße nicht freimachen."
Bernd Müllejans ist leitender Anästhesist im vorpommerschen Herzklinikum Karlsburg. Neben seiner Arbeit in der Klinik übernimmt er Notdienste auf der Insel Usedom. Zwölf Kilometer sind es von der Rettungswache Zinnowitz bis zum Zeltplatz Ückeritz. Normalerweise sollte man für diese Strecke zumindest 15 Minuten Fahrzeit einplanen, das Rettungsfahrzeug schafft es in sechs Minuten.
Kaum angekommen, läuft der Notarzt zum Patienten. Rettungsassistent Ralf Neumann folgt mit Beatmungsgerät und einem etwa handkoffergroßen Monitor, mit dem – unter anderem – das Elektrokardiogramm, die Aktivitäten der Herzmuskelfasern, überwacht wird.
"Bei einem Notfall ist es so, dass grundsätzlich dieses Gerät mitgenommen wird und definitiv geguckt wird, was macht die EKG-Frequenz, was macht die Sauerstoffsättigung im Blut."
Mit dem mobilen EKG-Gerät kann alles überwacht werden, was auch im OP bei einem Patienten kontrolliert wird. Auf dem acht Zoll großen Monitor kann nicht nur das EKG abgelesen werden, sondern auch der Blutdruck, die Sauerstoffsättigung des Blutes, die Zusammensetzung des Atemgases.
Beim Auftreten von Herzrhythmusstörungen schickt das Gerät gezielte Stromstöße über Kontaktleitungen in den Herzmuskel und verhilft dem Herzen wieder zu einer regulären Schlagfrequenz.
"Und als besondere Option – und das ist es, was die herstellende Firma Lifenet nennt – können Sie über das Mobilfunknetz mit diesem Gerät eine komplette Vitaldatenübertragung an eine Klinik, in der die entsprechenden Gegengeräte installiert sind, senden, um sich da einen zusätzlichen Rat zu holen bei Unsicherheiten in der Befundung."
Denn: die EKG-Kurven muss man lesen können - spezialisiert darauf sind Kardiologen. Mitunter können sie besser beurteilen, was dem Patienten fehlt, als der Notarzt vor Ort - und das ohne den Patienten zu sehen, nur anhand seiner Vitaldaten.
"Sie haben hier jede Menge Kabel, die Sie brauchen und die wir mitschleppen. Und hier in dieser Seitentasche, da steckt ein Mobilfunkmodem, und das ist ausgerüstet mit einer Simkarte, den Anbieter können Sie frei wählen, das überträgt dann über das Mobilfunknetz die ganzen Daten in die entsprechende Zielklinik oder auf das Diensthandy des kardiologischen Oberarztes – so ist es bei uns jedenfalls organisiert."
Bislang hat das Klinikum Karlsburg zwei DRK-Rettungswagen – beide auf der Insel Usedom – mit den jeweils 40.000 Euro teuren Geräten ausgerüstet. Die Lifenet-Funktion wird von den Notärzten nahezu täglich genutzt.
Etwa 80 Prozent der Notfälle sind auf Herz-Kreislauf-Probleme zurückzuführen, in solchen Situationen ist das EKG-Gerät ein wichtiger Helfer. Auch Rettungsassistent Ralf Neumann kann das Gerät problemlos bedienen.
"Diese Geräte sind sehr einfach und selbsterklärend aufgebaut. Wir müssen letztendlich nur zwei Knöpfe drücken und dann geht die Datenübertragung nach Karlsburg. Und zwei, drei Minuten späten kriegen wir einen Anruf von dem Arzt, der sich das angeguckt hat und er sagt: Ja oder Nein, bringt ihn her oder bringt ihn nicht her."
Zusätzlich geht eine SMS auf das Diensthandy des leitenden Kardiologen. Verfügt der Arzt über ein iPhone – diese Funktion kann derzeit ausschließlich mit einem iPhone abgerufen werden -, kann er Verbindung zur EKG-Station aufnehmen und sich die Bilder gleich auf dem Handy ansehen, und das in bester Qualität und, dank der Zoomfunktion, auch in ausreichender Größe und Detailgenauigkeit. Die Daten können aber auch auf den heimischen PC eines Kardiologen übertragen werden, all das macht Lifenet ausgesprochen komfortabel.
Trotz allem – und dieser Hinweis ist Bernd Müllejans besonders wichtig – sollte sich in Notsituationen niemand allein auf die Technik verlassen. Bei Herzversagen entscheiden die ersten Minuten. Wenn der Notarzt kommt, ist es oft schon zu spät. Jeder kann in solchen Akutsituationen helfen und möglicherweise ein Leben retten. Doch was Erste Hilfe und insbesondere die Herzdruckmassage betrifft, kritisiert Bernd Müllejans, sei Deutschland ein Entwicklungsland.
"Die Bedingungen sind besser geworden für den Laien, weil der Schwerpunkt jetzt absolut auf der Herzdruckmassage liegt. Die Beatmung, vor der viele aus hygienischen Gründen zurückschrecken, ist ganz stark in den Hintergrund getreten.
Man sagt sogar, man kann nur mit Herzdruckmassage weiterhelfen. Die Beatmung, wenn man sich denn gar nicht traut oder nicht möchte oder es nicht kann, die kann man auch getrost weglassen, weil mit jedem Druck auf den Brustkorb auch ein gewisser Gasaustausch stattfindet durch die Luftbewegung, die dann in den großen Atemwegen stattfindet."
Inzwischen hat sich die Aufregung auf dem Zeltplatz Ückeritz gelegt. Notarzt Bernd Müllejans und Rettungsassistent Ralf Neumann räumen die Sachen zusammen. Der kleine Patient muss doch nicht ins Krankenhaus – die allergische Reaktion auf den Wespenstich verläuft nicht so dramatisch wie befürchtet.
"Es geht nach Ückeritz, zum Zeltplatz I, Am Strande. Dort an der Rezeption melden. Einsatznummer 17488."
Ein Kind wurde von einer Wespe gestochen, die Eltern fürchten eine allergische Reaktion. Eile ist geboten, unter Umständen kann binnen weniger Minuten der Kreislauf des Kindes zusammenbrechen. Rettungsassistent Ralf Neumann fährt den Einsatzwagen, Notarzt Bernd Müllejans sitzt auf dem Beifahrersitz.
"Sie sehen hier - dichter Urlaubsverkehr. Die Leute haben ihre Radios laut gestellt. Selbst wenn man hier mit maximalem Lärm durch die Gegend fährt, haben Sie immer wieder welche, die pennen und die Straße nicht freimachen."
Bernd Müllejans ist leitender Anästhesist im vorpommerschen Herzklinikum Karlsburg. Neben seiner Arbeit in der Klinik übernimmt er Notdienste auf der Insel Usedom. Zwölf Kilometer sind es von der Rettungswache Zinnowitz bis zum Zeltplatz Ückeritz. Normalerweise sollte man für diese Strecke zumindest 15 Minuten Fahrzeit einplanen, das Rettungsfahrzeug schafft es in sechs Minuten.
Kaum angekommen, läuft der Notarzt zum Patienten. Rettungsassistent Ralf Neumann folgt mit Beatmungsgerät und einem etwa handkoffergroßen Monitor, mit dem – unter anderem – das Elektrokardiogramm, die Aktivitäten der Herzmuskelfasern, überwacht wird.
"Bei einem Notfall ist es so, dass grundsätzlich dieses Gerät mitgenommen wird und definitiv geguckt wird, was macht die EKG-Frequenz, was macht die Sauerstoffsättigung im Blut."
Mit dem mobilen EKG-Gerät kann alles überwacht werden, was auch im OP bei einem Patienten kontrolliert wird. Auf dem acht Zoll großen Monitor kann nicht nur das EKG abgelesen werden, sondern auch der Blutdruck, die Sauerstoffsättigung des Blutes, die Zusammensetzung des Atemgases.
Beim Auftreten von Herzrhythmusstörungen schickt das Gerät gezielte Stromstöße über Kontaktleitungen in den Herzmuskel und verhilft dem Herzen wieder zu einer regulären Schlagfrequenz.
"Und als besondere Option – und das ist es, was die herstellende Firma Lifenet nennt – können Sie über das Mobilfunknetz mit diesem Gerät eine komplette Vitaldatenübertragung an eine Klinik, in der die entsprechenden Gegengeräte installiert sind, senden, um sich da einen zusätzlichen Rat zu holen bei Unsicherheiten in der Befundung."
Denn: die EKG-Kurven muss man lesen können - spezialisiert darauf sind Kardiologen. Mitunter können sie besser beurteilen, was dem Patienten fehlt, als der Notarzt vor Ort - und das ohne den Patienten zu sehen, nur anhand seiner Vitaldaten.
"Sie haben hier jede Menge Kabel, die Sie brauchen und die wir mitschleppen. Und hier in dieser Seitentasche, da steckt ein Mobilfunkmodem, und das ist ausgerüstet mit einer Simkarte, den Anbieter können Sie frei wählen, das überträgt dann über das Mobilfunknetz die ganzen Daten in die entsprechende Zielklinik oder auf das Diensthandy des kardiologischen Oberarztes – so ist es bei uns jedenfalls organisiert."
Bislang hat das Klinikum Karlsburg zwei DRK-Rettungswagen – beide auf der Insel Usedom – mit den jeweils 40.000 Euro teuren Geräten ausgerüstet. Die Lifenet-Funktion wird von den Notärzten nahezu täglich genutzt.
Etwa 80 Prozent der Notfälle sind auf Herz-Kreislauf-Probleme zurückzuführen, in solchen Situationen ist das EKG-Gerät ein wichtiger Helfer. Auch Rettungsassistent Ralf Neumann kann das Gerät problemlos bedienen.
"Diese Geräte sind sehr einfach und selbsterklärend aufgebaut. Wir müssen letztendlich nur zwei Knöpfe drücken und dann geht die Datenübertragung nach Karlsburg. Und zwei, drei Minuten späten kriegen wir einen Anruf von dem Arzt, der sich das angeguckt hat und er sagt: Ja oder Nein, bringt ihn her oder bringt ihn nicht her."
Zusätzlich geht eine SMS auf das Diensthandy des leitenden Kardiologen. Verfügt der Arzt über ein iPhone – diese Funktion kann derzeit ausschließlich mit einem iPhone abgerufen werden -, kann er Verbindung zur EKG-Station aufnehmen und sich die Bilder gleich auf dem Handy ansehen, und das in bester Qualität und, dank der Zoomfunktion, auch in ausreichender Größe und Detailgenauigkeit. Die Daten können aber auch auf den heimischen PC eines Kardiologen übertragen werden, all das macht Lifenet ausgesprochen komfortabel.
Trotz allem – und dieser Hinweis ist Bernd Müllejans besonders wichtig – sollte sich in Notsituationen niemand allein auf die Technik verlassen. Bei Herzversagen entscheiden die ersten Minuten. Wenn der Notarzt kommt, ist es oft schon zu spät. Jeder kann in solchen Akutsituationen helfen und möglicherweise ein Leben retten. Doch was Erste Hilfe und insbesondere die Herzdruckmassage betrifft, kritisiert Bernd Müllejans, sei Deutschland ein Entwicklungsland.
"Die Bedingungen sind besser geworden für den Laien, weil der Schwerpunkt jetzt absolut auf der Herzdruckmassage liegt. Die Beatmung, vor der viele aus hygienischen Gründen zurückschrecken, ist ganz stark in den Hintergrund getreten.
Man sagt sogar, man kann nur mit Herzdruckmassage weiterhelfen. Die Beatmung, wenn man sich denn gar nicht traut oder nicht möchte oder es nicht kann, die kann man auch getrost weglassen, weil mit jedem Druck auf den Brustkorb auch ein gewisser Gasaustausch stattfindet durch die Luftbewegung, die dann in den großen Atemwegen stattfindet."
Inzwischen hat sich die Aufregung auf dem Zeltplatz Ückeritz gelegt. Notarzt Bernd Müllejans und Rettungsassistent Ralf Neumann räumen die Sachen zusammen. Der kleine Patient muss doch nicht ins Krankenhaus – die allergische Reaktion auf den Wespenstich verläuft nicht so dramatisch wie befürchtet.