Schock über das deutsche Schulmittelmaß durch PISA
Heute vor 10 Jahren, am wurden die Ergebnisse der ersten Schulleistungsstudie veröffentlicht, der PISA-Studie. Die PISA-Studie untersuchte im internationalen Vergleich die schulischen Kenntnisse und Fertigkeiten von 15-Jährigen. Die Leistungen der deutschen Schüler lagen im unteren Drittel. Die Folge der Veröffentlichung am 04. Dezember 2001 war der "PISA-Schock".
Von einem Debakel sprachen die Medien, vom schwärzesten Tag der Geschichte der deutschen Schulen, als die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) am 04. Dezember 2001 die Ergebnisse der ersten internationalen Schülerbewertung vorstellte. 15-jährige aus 32 Ländern waren getestet worden. Das "Programme for International Student Assessment", kurz PISA-Studie, attestierte deutschen Schülern schlechte Mathematikkenntnisse sowie massive Probleme beim Lesen und Verstehen von Texten. Im internationalen Vergleich landete Deutschland im unteren Drittel. Am besten konnten Jugendliche aus Finnland die Multiple-Choice-Fragen und Textaufgaben lösen. Auch wenn sein Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Berlin Pankow bei dem Test gut abgeschnitten hatte, traf den Schulleiter Bernd Schönenberger der "PISA-Schock" genauso hart wie die gesamte deutsche Öffentlichkeit:
"Wir waren alle wirklich sehr überrascht über das Ergebnis. Wir waren überzeugt davon, eine der besten Bildungslandschaften der Welt zu haben, und wurden schlagartig ins Mittelmaß zurückgesetzt."
Jürgen Baumert, damals Direktor am Max Planck Institut für Bildungsforschung und Leiter der PISA-Studie in Deutschland, hatte das hiesige Bildungssystem schon lange nicht mehr für vorbildlich gehalten:
"Überraschend war dagegen die immense Leistungsstreuung im Lesen, aber auch in der Mathematik und den Naturwissenschaften. Und zwar nicht deshalb, weil wir in der Leistungsspitze etwa exzellent wären, sondern weil wir eine wirklich große Gruppe von Risikokandidaten haben. Im Lesen muss man sagen, dass etwa 23 Prozent der Gruppe der 15-Jährigen potentiell gefährdet sind beim Übergang von der Schule in die berufliche Erstausbildung, weil sie nur auf elementarem Niveau lesen können."
Wer Texte kaum versteht, hat Probleme in allen Fächern, weil er die Aufgabenstellungen schlechter erfassen kann.
Jürgen Baumert: "Lesen ist der Schlüssel zu jeder kulturellen Betätigung. Man kann nicht sinnvoll Mathematik lernen, wenn man nicht lesen kann."
Die meisten Schüler mit Leseschwächen kamen aus Arbeiter- oder Migrantenfamilien. Um den Einfluss der sozialen Herkunft auf die Schulerfolge zu verringern, forderten manche Kultusminister deshalb nach PISA ein längeres gemeinsames Lernen und die Abschaffung der frühen Differenzierung in die drei Schultypen Gymnasium, Real- und Hauptschule. Zwar wurden, um schwächere Schüler nicht mehr zu isolieren, in einigen Bundesländern Haupt- und Realschulen zusammengelegt. Viele Eltern erfolgreicherer Schüler bestanden jedoch darauf, ihre Kinder möglichst früh aufs Gymnasium zu schicken. So hat sich an den Schulformen bis heute wenig geändert. Doch viele Lehrer haben ihre Unterrichtsmethoden modernisiert. Auch am Berliner Carl-von-Ossietzky-Gymnasium hat Schulleiter Bernd Schönenberger Konsequenzen gezogen, zum Beispiel für seinen Mathematikunterricht:
"Die PISA-Aufgaben Mathematik waren ja Aufgaben, die eingebunden waren in Situationen. Wenn ich jetzt die Klassenarbeiten von heute vergleiche mit denen von vor PISA, das waren damals Klassenarbeiten, die bestanden aus sehr vielen Zahlen. Heute bestehen die aus sehr viel Text."
Seit PISA 2000 wird die Studie alle zwei bis drei Jahre mit verschiedenen Schwerpunkten wiederholt. Die Bilanz PISA 2009 bescheinigt deutschen Schülern Fortschritte.
"Die Lesefähigkeiten der Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind seit dem Jahr 2000 schwach, aber stetig über die Erhebungszeitpunkte hinweg angestiegen. Besonders bemerkenswert ist, dass sich der Anteil der sehr schwachen Leserinnen und Leser seit PISA 2000 etwa halbiert hat."
Deutschland produziert also weniger Bildungsverlierer als noch vor zehn Jahren. Ursachen dafür sieht Bernd Schönenberger auch in verbesserten Fördermaßnahmen für schwächere Schüler:
"Man ist früher in den Unterricht gegangen mit der Idee, es gibt diesen Durchschnittsschüler oder diese Durchschnittsschülerin. An der wird der Unterricht ausgerichtet. Inzwischen ist uns viel bewusster: Das sind alles Individuen und wir müssten eigentlich auf jeden Einzelnen eingehen und jeden entsprechend seiner Fähigkeiten fördern und fordern. Dieses differenzierte Arbeiten war schon eine Folge von diesen PISA-Ergebnissen."
Immer noch attestieren PISA-Forscher dem deutschen Schulsystem große Schwächen. In der Aus- und Weiterbildung der Lehrer gebe es kaum systematische Fortschritte. Und immer noch erreichten deutsche Schüler weder im Lesen noch bei mathematischen oder naturwissenschaftlichen Aufgabenstellungen im internationalen Vergleich Spitzenleistungen. Aber immerhin, konstatiert der PISA-Bericht von 2009, werden Kinder aus sozial schwachen Migrantenfamilien heute besser in die Schulen integriert.
"Wir waren alle wirklich sehr überrascht über das Ergebnis. Wir waren überzeugt davon, eine der besten Bildungslandschaften der Welt zu haben, und wurden schlagartig ins Mittelmaß zurückgesetzt."
Jürgen Baumert, damals Direktor am Max Planck Institut für Bildungsforschung und Leiter der PISA-Studie in Deutschland, hatte das hiesige Bildungssystem schon lange nicht mehr für vorbildlich gehalten:
"Überraschend war dagegen die immense Leistungsstreuung im Lesen, aber auch in der Mathematik und den Naturwissenschaften. Und zwar nicht deshalb, weil wir in der Leistungsspitze etwa exzellent wären, sondern weil wir eine wirklich große Gruppe von Risikokandidaten haben. Im Lesen muss man sagen, dass etwa 23 Prozent der Gruppe der 15-Jährigen potentiell gefährdet sind beim Übergang von der Schule in die berufliche Erstausbildung, weil sie nur auf elementarem Niveau lesen können."
Wer Texte kaum versteht, hat Probleme in allen Fächern, weil er die Aufgabenstellungen schlechter erfassen kann.
Jürgen Baumert: "Lesen ist der Schlüssel zu jeder kulturellen Betätigung. Man kann nicht sinnvoll Mathematik lernen, wenn man nicht lesen kann."
Die meisten Schüler mit Leseschwächen kamen aus Arbeiter- oder Migrantenfamilien. Um den Einfluss der sozialen Herkunft auf die Schulerfolge zu verringern, forderten manche Kultusminister deshalb nach PISA ein längeres gemeinsames Lernen und die Abschaffung der frühen Differenzierung in die drei Schultypen Gymnasium, Real- und Hauptschule. Zwar wurden, um schwächere Schüler nicht mehr zu isolieren, in einigen Bundesländern Haupt- und Realschulen zusammengelegt. Viele Eltern erfolgreicherer Schüler bestanden jedoch darauf, ihre Kinder möglichst früh aufs Gymnasium zu schicken. So hat sich an den Schulformen bis heute wenig geändert. Doch viele Lehrer haben ihre Unterrichtsmethoden modernisiert. Auch am Berliner Carl-von-Ossietzky-Gymnasium hat Schulleiter Bernd Schönenberger Konsequenzen gezogen, zum Beispiel für seinen Mathematikunterricht:
"Die PISA-Aufgaben Mathematik waren ja Aufgaben, die eingebunden waren in Situationen. Wenn ich jetzt die Klassenarbeiten von heute vergleiche mit denen von vor PISA, das waren damals Klassenarbeiten, die bestanden aus sehr vielen Zahlen. Heute bestehen die aus sehr viel Text."
Seit PISA 2000 wird die Studie alle zwei bis drei Jahre mit verschiedenen Schwerpunkten wiederholt. Die Bilanz PISA 2009 bescheinigt deutschen Schülern Fortschritte.
"Die Lesefähigkeiten der Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind seit dem Jahr 2000 schwach, aber stetig über die Erhebungszeitpunkte hinweg angestiegen. Besonders bemerkenswert ist, dass sich der Anteil der sehr schwachen Leserinnen und Leser seit PISA 2000 etwa halbiert hat."
Deutschland produziert also weniger Bildungsverlierer als noch vor zehn Jahren. Ursachen dafür sieht Bernd Schönenberger auch in verbesserten Fördermaßnahmen für schwächere Schüler:
"Man ist früher in den Unterricht gegangen mit der Idee, es gibt diesen Durchschnittsschüler oder diese Durchschnittsschülerin. An der wird der Unterricht ausgerichtet. Inzwischen ist uns viel bewusster: Das sind alles Individuen und wir müssten eigentlich auf jeden Einzelnen eingehen und jeden entsprechend seiner Fähigkeiten fördern und fordern. Dieses differenzierte Arbeiten war schon eine Folge von diesen PISA-Ergebnissen."
Immer noch attestieren PISA-Forscher dem deutschen Schulsystem große Schwächen. In der Aus- und Weiterbildung der Lehrer gebe es kaum systematische Fortschritte. Und immer noch erreichten deutsche Schüler weder im Lesen noch bei mathematischen oder naturwissenschaftlichen Aufgabenstellungen im internationalen Vergleich Spitzenleistungen. Aber immerhin, konstatiert der PISA-Bericht von 2009, werden Kinder aus sozial schwachen Migrantenfamilien heute besser in die Schulen integriert.