Schöne neue Kunstwelt

Von Bettina Klein · 30.11.2010
Galeristen aus dem alten Europa schätzen den amerikanischen Ableger der Schweizer Kunstmesse "Art Basel" als progressiv und innovativ. Allerdings ist die Risikofreude bei den Kunstsammlern zurückgegangen.
Es sind 250 der weltweit renommiertesten Galerien, die Arbeit von 2000 Künstlern des 20. und 21. Jahrhunderts – so wirbt Art Basel Miami Beach in diesem Jahr. Einer von ihnen: der Galerist Tim Neuger aus Berlin. Gibt es so etwas wie einen Haupttrend des Interesses von Kunstsammlern 2010?

"Ich glaube, eine erfolgreiche Galerie wird immer versuchen, den Markt zu unterwandern, denn wenn sie versuchen, den Markt zu bedienen, dann sind sie schon langweilig."

Die Galerie Neugerriemschneider versucht das in diesem Jahr mit Skulpturen von Pawel Althamer, dem 1967 in Warschau geborenen. Vor einigen Jahren war die Galerie auf vielen Messen vertreten, inzwischen konzentriert sie sich nur noch auf die Art Basel und Art Basel Miami Beach.

"Von hier aus gesehen würde ich sagen, dass Art Basel eher das old europe präsentiert, das heißt, es ist klassischer, auf gewisse Art und Weise konservativer. Sie sehen sicherlich mehr Picasso, mehr Miro – hier bricht die Welt natürlich auf in die neue Welt. Sie sehen sehr viel südamerikanische Kunst, es ist lockerer, auf gewisse Art vielleicht innovativer und progressiver."

Miami an der Schnittstelle zwischen Nord und Lateinamerika, dort wo der "American" den "Latin american way of live" trifft, hier wo man wohlhabende Sammler aus dem Süden des Kontinents im Blick hat, wie die Kunstkäufer aus den USA und Kanada. Rezession hin oder her - Nordamerika bleibt auch in diesem Jahr, was es seit dem Zweiten Weltkrieg immer gewesen ist: der bedeutendste Kunstmarkt der Welt, meint Marc Spiegler einer der Direktoren der Art Basel. Ungeachtet der allgemeinen Wirtschaftssituation.

"North America remains what it always has been since the second world war – the most important art market in the world, regardless of the state of the economy."

Die Veranstalter der Art Basel und Art Basel Miami Beach wollen keine Vorhersagen treffen, geben sich aber optimistisch, was die Verkaufszahlen angeht. Eines allerdings haben sie seit 2008 beobachtet. Die Risikofreude bei den Kunstsammlern ist insgesamt zurückgegangen. Man setzt im Augenblick eher auf das Etablierte.

"Bis zur Jahresmitte 2008 wurde auf dem Kunstmarkt viel spekuliert. Die Leute waren hinter den jüngsten und angesagtesten Künstlern her. Seit einem Jahr sind viel stärker die etablierten gefragt. Gar nicht so sehr im Sinne einer Wertanlage, sondern dass sie wirklich am Markt erprobt sind, und über Zeiten hinweg ein breites Spektrum an Ideen und Entwicklung bewiesen haben."

Die Art Basel Miami Beach im Kongresszentrum und mit Rahmenprogramm am Strand des Atlantiks – sie mag die renommierteste Kunstmesse sein – aus Sicht der Stadt ist sie in dieser Woche ein Ereignis von vielen. Mehr als 20 Kunstmessen und Ausstellungen lassen diese Tage Anfang Dezember hier zu einem einzigen großen Fest der bildenden Kunst werden.
In den Hotels von South Beach etwa wie im South Seas Hotel wo Angeliki Georgiuo mit "Zoom", ihrer Messe für zeitgenössische Kunst, Werke aus dem Nahen Osten präsentiert.

"Art Basel ist die etablierte Messe, wo man die beste Kunst derzeit sieht, die Messen drum herum sorgen für das Neue und Aufregende. Wer neue Talente entdecken möchte, geht eher dorthin - das zusammengenommen macht es zum wichtigsten Kunstereignis in den Vereinigten Staaten."

Oder die Messen in den riesigen Zelten im sich langsam entwickelnden Galerienbezirk Wynwood, Art Miami, Scope, Red Dot Art Fair. Freiflächen mit Wiese wechseln sich hier ab mit kleinen alten bunt angemalten Gebäuden. In denen neue Galerien entstehen. Bernd Lausberg hat am Samstag gerade eine eröffnet, neben bereits existierenden in Düsseldorf und Toronto.

"Ich persönlich glaube an das große Potenzial Miamis, weil Miami einfach der Schnittpunkt ist zwischen Nord- und Südamerika. Alle wohlhabenden Leute aus der Karibik, aus Mittelamerika aus Südamerika haben hier auch ein Zuhause, haben hier ihre Kunst gelagert, ihr Geld auf die Banken gebracht - Miami hat enorm viel Potenzial."

Natürlich hat die Art Basel – neben den privaten Sammlern - hier vor acht Jahren einen wichtigen Anstoß zur Entwicklung der Kunstszene gegeben. Künstler Kuratoren Galeristen nutzen die Tatsache, dass interessiertes Publikum aus aller Welt in die Stadt kommt. Beide Seiten profitieren, so Annette Schönholzer ebenfalls Direktorin der Art Basel und Art Basel Miami Beach:

"Wir sehen das jetzt hier einfach jedes Jahr und es ist für uns einfach ganz wichtig als Nährboden. Man kann keine Messe einfach in einem leeren Raum stattfinden lassen. Also selbst wenn aus unserer Perspektive ein Großteil in diesen Hallen stattfindet, ist das, was herum passiert natürlich sehr wichtig für die Wahrnehmung der Besucher der Messe."