Schonfristen für den Fisch

Von Jörg Münchenberg, Deutschlandradio Büro Brüssel |
Bis 2020 will die EU die Fangquoten absenken, damit sich die Fischbestände erholen können. Es ist zwar keine radikale Reform geworden, aber doch ein Ansatz, der die bisherige EU-Fischereipolitik neu ausrichtet, meint Jörg Münchenberg.
Zwischen der Debatte, ob Europa nun ein Sanierungsfall ist oder nicht; bei aller Verzweiflung über die vermeintliche Regulierungswut der EU-Kommission, die selbst das offene Olivenölfläschchen vom Restauranttisch verbannen wollte; die Europäische Union ist durchaus in der Lage, schwierige wie notwendige Reformen anzupacken. Dafür steht etwa die geplante Neuausrichtung der europäischen Fischereipolitik.

Denn die Ausgangslage war extrem verfahren wie kompliziert: dort die großen Fischereinationen wie Spanien oder Frankreich mit ihren überdimensionierten Fangflotten, die von nachhaltiger Fischereipolitik partout nichts wissen wollen. Mögen die Meere auch immer weniger hergeben und damit einen ganzen Berufsstand gefährden.

Auf der anderen Seite ein ehrgeiziges Europäisches Parlament, das sich für eine radikale Fischereireform ausgesprochen hatte. Verbunden mit einem konsequenten Rückwurfverbot für den Fisch, der ungewollt an Bord landet und der bislang als biologischer Abfall einfach wieder ins Meer geworfen wird. Verbunden auch mit einer drastischen Verringerung der Fangquoten, damit sich die Bestände erholen und damit auch die Fischer weiter ernähren können.

Getroffen haben sich jetzt beide Seiten in der Mitte. Das bedeutet: Es ist zwar keine radikale Reform geworden, aber doch ein Ansatz, der die bisherige EU-Fischereipolitik neu ausrichtet. Die war lange Zeit allein an den Interessen der Industrie orientiert, was wiederum heißt: so hohe Fangquoten und Fangkapazitäten wie möglich mit dem Ziel der rücksichtslosen Profitmaximierung.

Diese fatale Praxis soll nun Schritt für Schritt zurückgefahren werden. Dafür ist es höchste Zeit, denn schon jetzt gelten etwa die Atlantikbestände zu 47 Prozent überfischt. Im Mittelmeer sind es sogar 80 Prozent. Mittelfristig will die EU also den Rückwurf drastisch einschränken und spätestens bis 2020 die Fangquoten soweit absenken, dass sich die Fischbestände stabilisieren können.

Aus Sicht des Parlaments und der Umweltschutzorganisationen hätte die Reform also durchaus ehrgeiziger ausfallen können. Zudem bleiben noch offene Fragen; etwa wie die erlaubte Rückwurfquote von allenfalls fünf Prozent wirkungsvoll überprüft werden kann; oder ob die Mitgliedsländer nicht doch versuchen werden, diese Quote auf möglichst viele Fangschiffe anzuwenden. Klar ist: Die neue Fischereireform kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie von den EU-Mitgliedsstaaten konsequent umgesetzt wird, gerade bei den notwendigen Kontrollen.

Schließlich bleibt auch abzuwarten, wie schnell und in welchem Ausmaß die reduzierten Fangquoten Erfolge zeigen und zu halbwegs stabilen Beständen führen werden. Ein zentraler Punkt aus Sicht der Industrie und der Fischer, denn nur dann werden sie diese Reform akzeptieren. Die aber dennoch trotz der eingegangenen Kompromisse den Namen durchaus verdient hat.