Die Whisky-Produzenten wollen in der EU bleiben
Gibt es morgen den großen Knall? In Großbritannien wird über den Brexit abgestimmt. In Schottland ist das Lager der EU-Befürworter stärker als in England. Doch auch hier würde ein Drittel der Bevölkerung gern raus aus der EU.
Das war 1975 beim ersten Referendum in Großbritannien: In England gab es keinen einzigen Wahlkreis, in dem nicht die EU-Befürworter deutlich über 50 Prozent lagen. In Schottland war es ähnlich, aber die Zustimmung nicht ganz so groß. 64 Prozent landesweit, 58 Prozent pro EU in Schottland. Auch heute noch gibt es in Schottland einige Gegner der EU, zum Beispiel viele Fischer.
"Als nach 1975 die Jahre vergingen, nahm Brüssel alles mehr und mehr unter seine Kontrolle", erinnert sich John Buchan von der Brexit-Initiative "Fishing for Leave".
"Jedes Mal, wenn unsere Regierung von Verhandlungen über die Fischfangquoten nach Hause kam, gab es immer mehr Restriktionen für uns. Das Referendum jetzt wird ein harter Kampf. Aber darauf habe ich 40 Jahre lang gewartet."
"Die EU bringt freien Zugang zum Binnenmarkt"
Eine andere Branche in Schottland ist dagegen klar für die EU – die Produzenten von Whiskey.
"Die EU bringt für uns den freien Zugang zum Binnenmarkt, sie schützt unserer Patente und wir profitieren von ihren Handelsverträgen", erläutert David Frost von der Vereinigung schottischer Whiskey-Hersteller.
"Ein gutes Beispiel ist Vietnam, für uns ein großer Absatzmarkt, der rasch wächst. Im Moment erhebt Vietnam 45 Prozent Zölle auf schottischen Whiskey. Die EU hat ausgehandelt, das auf Null zu senken."
Die Zustimmung zur EU ist in Schottland deutlich höher als in England. Waren die Schotten also beim ersten Referendum EU-skeptischer, hat sich das gedreht. Trotzdem gibt es in Umfragen immerhin 30 Prozent Schotten, die für den Brexit sind.
Schottland wird beim Referendum wenig zählen
"Die Kampagne für den Brexit wird im sozialdemokratisch geprägten Schottland als ein Projekt der Konservativen betrachtet", wirft Tom Harris von "Vote Leave" in Schottland ein, also von der Anti-EU-Kampagne.
"Die Unterstützung für die EU in Schottland ist aber nicht sehr tief verwurzelt. Das geht bei weitem nicht so tief wie der Wunsch, von Großbritannien unabhängig zu sein."
Schottland wird beim Referendum ohnehin nur eine untergeordnete Rolle spielen, England hat zehn Mal so viele Einwohner. Es ist gut möglich, dass die Schotten ja zur EU sagen, die Briten aber nein. In diesem Fall drohen die Anhänger der regierenden Schottischen Nationalpartei mit einem zweiten Referendum über die eigene Unabhängigkeit von London.
Die Schotten sagten beim Referendum im September 2014 zur Frage, ob Schottland unabhängig werden soll: No, nein. Der Stachel sitzt bei den Nationalisten tief, das EU-Referendum böte die Chance, ein neues Referendum zu verlangen.
Die Ministerpräsidentin will die Unabhängigkeit
"Ich will die schottische Unabhängigkeit", sagt Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon zwar, "aber ich wünsche mir kein neues Referendum, dass darauf basiert, dass der Rest des Vereinigten Königreichs für etwas stimmt, das allen schadet. Wir werben dafür, dass nicht nur Schottland, sondern ganz Großbritannien für die EU stimmt."
Viele glauben nicht, da der Ölpreis historisch niedrig ist, dass jetzt wirklich ein unabhängiges Schottland überleben könnte. Der frühere Chef der Tories, William Hague, sieht denn auch im Fall eines Brexit, den er selbst ablehnt, ein anderes Risiko. Die Schottische Nationalpartei würde ständig Sand ins Getriebe der Austrittsverhandlungen schütten. Ein Brexit wäre also so oder so ein großes Geschenk für die SNP.