Schrebergarten, Bratwurst und trübes Licht

Von Michael Meyer |
Kein Rumgeballer, kaum Action, manchmal sogar etwas bieder und langweilig - so wirkt der "Tatort" auf amerikanische Zuschauer. Trotzdem ist der Funke der Serie übergesprungen. Aber auch das iranische Fernsehen zeigte schon einige Folgen.
"Man könnte sagen: Tatort ist so langsam, europäisch – man ist nicht permanent an den Sitz gefesselt – das ist nett am Sonntagabend – man lässt es eben langsam angehen."
Kevin McAleer ist Schriftsteller und wohnt seit 15 Jahren in Berlin – obwohl er noch immer nicht alles am Tatort versteht – ist der Funke der Serie übergesprungen auf die amerikanische Gemeinde:

"Ich habe Tatort schon ein paar Mal mit Freunden geguckt – ich denke dabei immer an Mission Impossible - ein Fall wird innerhalb von anderthalb Stunden gelöst – und es gibt dabei keine Fortsetzung, die gibt’s bei den einzelnen Fällen doch nicht, oder?"

Die regionalen Unterschiede in den Tatort-Folgen überfordern allerdings die amerikanischen Zuschauer – nicht alles bekommen sie mit. Was aber nicht schlimm ist, meint McAleer - ein Kommissar ist dann aber doch hängen geblieben:

Schimanski: "Unten bei den Steinen hat die Spurensicherung ein Messer gefunden" - "Erstochen?" - "Erstochen, ersoffen oder beides, was weiß ich." - "Der ist doch nicht von alleine hochgekommen, dazu war er noch zu frisch." - "Der hing irgendwie an einem Tau." - "Was heißt irgendwie?" - "Mit dem Fuß in einer Schleife" - "Na, also."

Das Konzept der 15 verschiedenen Ermittler in verschiedensten deutschen Städten ist so ungewöhnlich, dass vor einem Jahr sogar die "New York Times" auf den Tatort aufmerksam geworden ist. Unter der Überschrift "Germans love their detectives" schrieb der Autor Michael Kimmelman:

"Teil des Erfolgs des Tatorts ist sein liebevoller Hang zum Detail. Verbrechen geschehen hier in außerordentlich deutschen Umgebungen wie dem 'Schrebergarten', jenen kleinen Stadtgärten, wo naturliebende Deutsche ihre eigenen Tomaten züchten und ihrem eigenartigen Hang zu Gartenzwergen nachgehen. Die Kölner Tatort-Kommissare machen verlässlich einen Stopp an ihrem Büdchen, jenem kleinen Bratwurst- und Bierstand, der so typisch fürs Rheinland ist. Selbst das oft trübe Licht in den Tatorten scheint bei den Deutschen ein behagliches Heimatgefühl auszulösen."

Soweit ein amerikanischer Journalist über das Erfolgsprinzip des Tatorts. Man könnte die Beschreibung auch anders lesen: Der Tatort ist manchmal ein bisschen bieder und langweilig – ein deutsches "CSI" oder "24" ist er jedenfalls nicht. Aber das ist gerade das Interessante, findet Kevin McAleer:

"Der amerikanische Stil ist eher 'Tür auf und: Keiner bewegt sich!' Da gibt es die Geschichte, die Action, das Rumgeballer. Der deutsche Stil ist eher gedämpft, so wie das wirkliche Leben ist. Ich denke, der deutsche Stil ist ein bisschen schwerfällig, er ist nachdenklich."

Seltsame Dinge geschehen in der norddeutschen Provinz. Wovor sollen wir Angst haben - ist da jemand? Ein fast vergessenes Verbrechen und ein neuer Mord. Was ist denn das Motiv? Das muss sie selber herausfinden. Am Sonntag im Ersten.

Der "deutsche Stil" scheint jedenfalls anzukommen – viele Tatort-Folgen werden in alle Welt verkauft – selbst das iranische Fernsehen hat einige Folgen mit Maria Furtwängler gesendet.