Die mahnende Stimme Griechenlands
Petros Markaris ist weit über die Grenzen Griechenlands hinaus bekannt. Vor allem in Deutschland wird er für seine Krimis um Kommissar Kostas Charitos geliebt - und dafür, dass er zu den aktuellen Ereignissen in Griechenland vehement Stellung bezieht.
Petros Markaris ist sich unsicher, was sonst gar nicht seine Art ist. Eigentlich bedeuten ihm Jubiläen, Feiertage oder auch Geburtstage nicht viel. Anderseits: 80 zu werden, das ist schon etwas Besonderes, gibt er zu:
"Ich sage nur: Wenn ich so weitermachen kann, dass ich weiter schreiben kann, dann bin ich glücklich. Und wenn ich noch herumreisen darf und Lesungen machen kann, trotz meiner 80 Jahre, dann bin ich auch glücklich."
Markaris ist ein international erfolgreicher Autor, dessen Kriminalromane in über zehn Sprachen übersetzt werden und der für Lesungen sogar nach Lateinamerika eingeladen wird. Mit dem Athener Kommissar Kostas Charitos hat er eine Kultfigur geschaffen, die weit über die Grenzen seines Landes ihre Fangemeinde hat – eben weil er nicht nur Verbrecher jagt. Petros Markaris Krimis sind sozialkritische Romane; er verarbeitet darin das aktuelle Geschehen: Vetternwirtschaft, Korruption, Rechtsextremismus – in einem Griechenland, das von der Krise gebeutelt und zu echten Reformen unfähig ist, mit Eliten, denen der Wille und die Kraft zu Veränderungen fehlen. Mittendrin die Familie Charitos, die sich nicht unterkriegen lässt.
"Ich würde sagen, dass sich Charitos Familie – und das habe ich so gewollt – eine exemplarische Familie wird. Vater, Mutter, Tochter und Schwiegersohn, als ein Beispiel für das Überleben. Und das finde ich großartig."
Markaris hat mehrere Diktaturen erlebt
Überleben, nicht nachgeben, weitermachen selbst unter schwierigen Bedingungen – das prägt auch Markaris Leben: Geboren wurde er 1937 in Istanbul als Sohn einer griechisch-armenischen Familie. Er besuchte dort ein österreichisches Gymnasium, studierte später in Wien und Stuttgart und zog dann Mitte der sechziger Jahre nach Griechenland, wo er zunächst als Dramatiker und Drehbuchautor bekannt wurde. Markaris hat mehrere Diktaturen erlebt, in der Türkei wie in Griechenland, er kennt die Verfolgung von Minderheiten, von politisch Andersdenkenden. Das macht Markaris auch zu einem gefragten Kolumnisten. Eine mahnende Stimme zu sein, das ist ihm wichtig. Mit der Rolle des Zuschauers begnügt er sich nicht. Als Intellektueller habe er die Pflicht, sich einzumischen:
"Ich kommentiere, was ich sehe. Aber immer von einem Standpunkt aus. Dass ich keine Haltung beziehe – das gibt es bei mir nicht. Aber ich versuche, objektiv zu sein, wie es möglich ist."
Vorbild Brecht
Und wenn es gar nicht weitergeht, dann hilft ihm Bertolt Brecht. Markaris hat viele deutschsprachige Dichter ins Griechische übersetzt - wie Goethe, Schnitzler, Bernhard - aber Brecht ist ihm der Liebste. Brecht habe ihn gelehrt, ein kritischer Beobachter zu sein. Dessen Gedicht "alles wandelt sich" ist sein Leitmotiv, und damit beginnt auch Markaris seine Autobiographie:
"Alles wandelt sich. Neu beginnen
Kannst du mit dem letzten Atemzug.
Aber was geschehen, ist geschehen. Und das Wasser
Das du in den Wein gossest, kannst du
Nicht mehr herausschütten.
Was geschehen, ist geschehen. Das Wasser
Das du in den Wein gossest, kannst du
Nicht mehr herausschütten, aber
Alles wandelt sich. Neu beginnen
Kannst du mit dem letzten Atemzug."
Kannst du mit dem letzten Atemzug.
Aber was geschehen, ist geschehen. Und das Wasser
Das du in den Wein gossest, kannst du
Nicht mehr herausschütten.
Was geschehen, ist geschehen. Das Wasser
Das du in den Wein gossest, kannst du
Nicht mehr herausschütten, aber
Alles wandelt sich. Neu beginnen
Kannst du mit dem letzten Atemzug."