"Nicht der Mandela des Ostens"
Fragt man den Autor Ingo Schulze nach Joachim Gauck, fällt ihm wenig Gutes ein. Dass Gauck den Eindruck erweckt habe, ein verfolgter Bürgerrechtler gewesen zu sein, nehme er ihm übel. Erst in letzter Zeit falle Gauck ihm positiver auf durch seine Positionierung gegen Rassismus und Nationalismus.
Der Autor Ingo Schulze sieht Joachim Gaucks Amtszeit als Bundespräsident kritisch. Ihm habe beispielsweise immer missfallen, "dass er für sich in Anspruch genommen hat: Er ist der Bürgerrechtler. Und das war er ja nun erwiesenermaßen nicht. Er war im Herbst '89 mutig und gut. Aber vorher war er kein Bürgerrechtler. Und da wäre es manchmal ganz gut gewesen zu sagen: 'Ich war nicht der Mandela des Ostens'".
Unfair gegen Stefan Heym
Sehr übel nehme er Gauck bis heute, dass dieser, als damaliger Chef der Gauck-Behörde für die Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen, Vorwürfe gegen den Schriftsteller Stefan Heym ausgerechnet einen Tag vor dessen Rede im Bundestag veröffentlicht habe. Die Vorwürfe, ein Stasi-Spitzel gewesen zu sein, wurden später fallen gelassen. Ausgerechnet einem Mann wie Heym – als Jude in die USA geflüchtet und später, nach seiner Rückkehr, in der DDR als Dissident Repressalien ausgesetzt – so zu behandeln, sei "weit unter der Gürtellinie".
Die idealisierte Darstellung Gaucks von vielen Seiten störe ihn auch deshalb, weil Gauck kein Verfolgter des DDR-Regimes gewesen sei und als Pfarrer in Rostock sogar Privilegien genossen habe. Problematisch finde er den Freiheitsbegriff, den Gauck zu Beginn seiner Amtszeit und auch in einem Buch formuliert habe. Allerdings, räumte Schulze ein, habe er eine gute Figur gemacht, als es darum gegangen sei, sich deutlich gegen Rassismus und Nationalismus zu positionieren.