Ich glaube, es gab tatsächlich eine Form der Literaturverbreitung vor und nach der lit.COLOGNE. Wir haben da wirklich einen Schalter umgelegt, und wir haben unfassbar viele Nachahmer. Das sieht man teilweise an den Namen: Lit.Potsdam, Lit.Monschau oder Lit.weiß der Teufel was. Wir sind da sozusagen die Mutter der Idee.
Schriftsteller Werner Köhler
„Wir haben unfassbar viele Nachahmer“: Werner Köhler ist Schriftsteller, Buchhändler, Verleger und Miterfinder des internationalen Literaturfestivals lit.COLOGNE. © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Auf der Suche nach der inneren Wahrhaftigkeit
35:52 Minuten
Als Junge las er Romanheftchen und träumte sich in fremde Welten. Dann wurde Werner Köhler Buchhändler und Kochbuchautor. Vor über 20 Jahren gründete er die lit.COLOGNE – und begann, selbst Romane zu schreiben.
Mit drei Freunden entstand die Idee, in einer Kölner Eisdiele. Die lit.COLOGNE, sagt Werner Köhler, sollte weg von der klassisch-kommerziellen Lesung in Buchhandlungen und ein echter Begegnungsort für Publikum und SchriftstellerInnen werden:
Ab dem 15. März wird das Kölner Literaturfestival, nach pandemiebedingter Pause, endlich wieder „in echt“ stattfinden – mit über 180 Lesungen und Diskussionen. Eröffnet wird es mit einer Solidaritätsveranstaltung für die Ukraine.
Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine neue
Werner Köhler, 1956 in Trier geboren, hat schon viel in seinem Leben ausprobiert. Zum Beispiel das Kochen, durch seine Kindheit als Sohn eines Bäckers und Confiseurs geprägt. Mit 14 entdeckt er die italienische Küche, hört erstmals von Lasagne und Pasta. „Das hat mich wahnsinnig geflasht.“ Später beginnt er, Kochbücher zu schreiben. Das macht er bis heute.
Die Schule schmeißt Werner Köhler kurz vor dem Abitur, probiert sich an Theatern im Regiefach aus. Aber wegen der fehlenden Ausbildung stößt er bald an seine Grenzen. Schließlich beginnt er eine Lehre bei einer großen Buchhandlung in Aachen, macht dort Karriere und schreibt nebenbei unter Pseudonym Kochbücher.
Bis es eines Tages nicht mehr weitergeht. „Ich war im Urlaub, konnte plötzlich nicht mehr laufen, der ganze Körper war ohne jede Kraft. Als ich zurückkam, habe ich versucht, zu arbeiten. Das ging fast gar nicht mehr und es endete immer in Panikattacken, eine richtige Angstgeschichte. Nachdem ich mich da anderthalb Jahre durchgequält hatte, habe ich den Entschluss gefasst, aufzuhören.“
Wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue. Mit Freunden gründet Köhler erst einen kleinen Verlag für Kochbücher – und dann die lit.COLOGNE, das große Festival für Literatur. Viele prominente AutorInnen wie Jonathan Franzen, Karl Lagerfeld, Susan Sontag, Frank Schätzing oder Doris Lessing haben dort in den vergangenen zwanzig Jahren aus ihren Büchern gelesen. „Mein größter Fisch, der nie angebissen hat, war John Updike“, erzählt Köhler mit leichtem Bedauern. Aber solche Absagen gehören nun mal zum Geschäft.
Mysteriöse Geschehnisse auf einer Pazifikinsel
Heute schreibt Köhler vor allem Romane und Krimis. Seine Kommissare ermitteln in Italien und an der südfranzösischen Côte Vermeil, eine Gegend, die dem Autor von zahlreichen Ferienaufenthalten bestens vertraut ist. Sein aktueller Roman, den er auf der lit.COLOGNE vorstellen will, spielt allerdings am anderen Ende der Welt, auf der Insel Floreana, die zu Ecuador und den Galapagos-Inseln gehört.
In „Die dritte Quelle“ greift der Autor die sogenannte Galapagos-Affäre aus den 1930er-Jahren auf, eine spannende Geschichte rund um deutsche Auswanderer, die damals weltweit für Furore sorgte. Selbst ist Werner Köhler nie nach Floreana gereist. Das sei auch nicht nötig, sagt er, die Galapagos-Affäre sei ausgesprochen gut dokumentiert:
Ohne mich vergleichen zu wollen: Karl May war nie im Wilden Westen und T.C. Boyle nie am Niger. Ich glaube, man muss nicht dorthin reisen. Denn es geht letztlich nicht um die Wiedergabe der Realität. Es geht um eine innere Wahrhaftigkeit, die die Figuren und das Setting haben müssen.
(svs)