„Es ist eigentlich realistischer, fantastisch zu schreiben“
32:23 Minuten
Cornelia Funke ist die erfolgreichste Jugendbuchautorin Deutschlands. In ihren Fantasy-Romanen entführt sie in magische Welten. In der Realität sorgt sich die Wahl-Kalifornierin um die Umwelt und die US-Wahl, außerdem fördert sie junge Künstler.
"Drachenreiter", "Die Wilden Hühner", die "Tintenwelt"-Trilogie, "Herr der Diebe", "Reckless" – Bücher von Cornelia Funke stehen in zahllosen Kinder- und Jugendzimmern. Die Bestsellerautorin schafft märchenhafte Realitäten. Inspiriert wird sie dabei von der Vielschichtigkeit der Wirklichkeit, sagt sie, und so sei es "eigentlich realistischer, fantastisch zu schreiben". Aus der "Reckless"-Reihe erscheint dieser Tage nun der vierte Band mit dem Titel "Auf silberner Fährte".
Cornelia Funkes fantastische Geschichten sind oft voller Gefahren. "Kinder wissen sehr genau, wie gefährlich die Welt ist", weiß die Autorin aus eigener Erfahrung als gelernte Erzieherin. Und "in der Sicherheit des Buches" probierten sie beim Lesen aus, wie bedrohliche Situationen gemeistert werden können.
"Man kann gegen das eigene Talent nicht anleben"
Cornelia Funke selbst war als Kind eher furchtlos. Und ein Bücherwurm. "Für mich waren Bücher immer schon Fenster und Türen", die sie herausführten aus der engen Welt des münsterländischen Dorsten, in der sie aufwuchs.
Wobei ihr auffälligstes Talent das Zeichnen war. Doch statt Kunst studierte Funke zunächst Erziehungswissenschaft, wurde Sozialarbeiterin. Und erkannte, "dass man gegen das eigene Talent nicht anleben kann". So wurde sie schließlich doch Buchillustratorin und begann, Geschichten zu ihren Illustrationen zu schreiben.
Seit 15 Jahren lebt Cornelia Funke im kalifornischen Malibu auf einer Farm. Altes Indianerland, nahe der mexikanischen Grenze, ein kultureller Hintergrund, der sie beim Schreiben "maßlos anregt". Cornelia Funke taucht ein in Mythen und Märchen nicht nur des alten Europas, sondern Amerikas, Persiens, Indiens.
"Die abenteuerlichste Reise"
Für ihr neuestes Buch aus der "Reckless"-Reihe hat sie Dutzende von Sachbüchern über die Kultur Japans verschlungen, für sie ein "Ort der Sehnsucht", an dem sie noch nie war. Sich auf fremde Mythen einzulassen, fremdländischem Denken auszusetzen, ist für Cornelia Funke "die abenteuerlichste Reise" und ständige Inspiration.
Dabei ist sie auch ein politischer Mensch: Schon mit 14 engagierte Funke sich bei Amnesty International, heute treibt sie die Sorge um den Klimawandel um. Die Klimakatastrophe werde "irgendwann wesentlich mehr Menschen töten und bedrohen als alles, was wir uns im Moment vorstellen können". Die Gefahr lauert vor ihrer eigenen Haustür: Vor zwei Jahren musste Funke wochenlang ihr Haus verlassen wegen Waldbränden, wie sie auch derzeit wieder in Kalifornien wüten.
"Immer einen Fuß in Europa"
Seit einigen Jahren vergibt Cornelia Funke Stipendien an überwiegend junge Künstler, lädt sie als "artists in residence" auf ihre Farm in Malibu ein. Sie wolle "auch ein bisschen der Mentor sein", weitergeben, was sie erfahren hat. Derzeit prüft sie, ob sie irgendwo in Norddeutschland etwas Ähnliches aufziehen kann, denn als gebürtige Europäerin wolle sie "immer einen Fuß in Europa" haben.
Der andere Fuß solle aber in den USA bleiben, auch wenn es dort politisch und gesellschaftlich "gerade sehr finster" zugehe. Wenn sie von einer Fee aus ihren Märchenwelten Wünsche frei hätte, sagt Cornelia Funke, dann für die Präsidentschaftswahl am 3. November. Und gegen die Klimakatastrophe, denn die sei "eine noch größere Bedrohung als Mister Trump."
(pag)