Suhrkamps Umgang mit Tellkamp ist "unangemessen"
Die Schriftstellerin Monika Maron hat die umstrittenen Äußerungen ihres Kollegen Uwe Tellkamp über Flüchtlinge und den Islam verteidigt. "Eine solche Diskussion muss möglich sein", sagte Maron.
Uwe Tellkamp ("Der Turm") hatte mit rechtspopulistischen Äußerungen auf einer Podiumsdiskussion am 8. März in Dresden für Irritationen gesorgt. Der Suhrkamp-Verlag hatte sich danach öffentlich von seinem Autor distanziert und betont, die Haltung Tellkamps spiegele nicht die Ansichten des Verlagshauses wider. Nun bekommt Tellkamp Beistand von Schriftstellerin Monika Maron.
Suhrkamps Umgang mit dem Autor sei "eigentlich verräterisch"
Sie habe "bis auf einen Satz und noch eine Bemerkung" nichts gefunden, was man nicht hätte sagen können, sagte Monika Maron "Im Gespräch" zu den umstrittenen Äußerungen von Uwe Tellkamp. Und der Umgang des Suhrkamp Verlages mit seinem Autor sei "unangemessen und eigentlich verräterisch", so die Schriftstellerin.
"Und ich denke, wenn man eine solche Diskussionen nicht aushält, also ein Streitgespräch, was voraussetzt, dass zwei verschiedene Meinungen einander gegenüber sitzen, dann ist es um unsere Gesprächskultur schlecht bestellt. Also, ich denke, das muss möglich sein, ohne dass am nächsten Tag gleich jemand am Pranger steht."
Maron stellt in Leipzig "Munin oder Chaos im Kopf" vor
Monika Maron stellt auf der Buchmesse gerade ihren neuen Roman "Munin oder Chaos im Kopf" vor, in dem es ebenfalls um diffuse Ängste in unserer Gesellschaft geht. Die heute 76-Jährige beschreibt, wie in einer kleinen Straße die Anwohner durch eine verrückte Sängerin in den Wahnsinn getrieben werden.
"Was ich versucht habe zu erzählen, wie sich eine diffuse Missstimmung, die kleinen Konflikte in so einer kleinen Straße im Alltag ausdrücken kann."
Protagonistin Mina, die an einem Buch über den Dreißigjährigen Krieg arbeitet, reagiert mit Rückzug in die Nacht.
"Diese nächtliche Arbeit hat auch mit Einsamkeit zu tun. In der Nacht wachsen sich Dinge manchmal auch aus. Und sie schreibt über den Dreißigjährigen Krieg. Sie ist also von zwei Seiten bedrängt. Wo es ja auch so ist dass die Situation in Syrien in vielem an der Dreißigjährigen Krieg erinnert. Dass ein Krieg, der woanders stattfindet, aber seine Schatten voraus wirft und seine Vorboten schickt, das kann einen ja schon zum Nachdenken bringen. Das alles befördert die Gereiztheit unter den Menschen."
Monika Maron legt wert darauf, dass sie in dem Buch "nichts behaupte", vielmehr stelle sie "nur Fragen", sagte sie.
"Antworten weiß ich ja selber nicht auf so schwere Fragen."
Den ersten Roman dank einer Erbschaft
Die vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin hatte es ursprünglich einer kleinen Erbschaft zu verdanken, dass sie ihre Stelle als Zeitungsreporterin kündigen und ihren ersten Roman schreiben konnte. Er machte sie berühmt, allerdings nicht in dem Staat, in dem sie lebte.
Denn "Flugasche" durfte nur in Westdeutschland erscheinen, nicht in der DDR. Der Roman kreist um die Frage, wie die weibliche Hauptfigur ihren Weg finden kann in einer Gesellschaft, in der es verboten ist, die Wahrheit zu sagen. Monika Maron erinnert sich wie ihr schon als Kind erste Zweifel kamen am System der DDR.
"Eigentlich ist sowas kein Bruch, sondern eine langsame Entwicklung. Im Grunde habe ich angefangen, als Kind über Dinge zu stolpern, ohne dass ich mich distanziert hätte. Dann zögert man den Schritt zu gehen und irgendwann ist man draußen."
1988 Ausreise in den Westen
Monika Maron konnte 1988 mit ihrer Familie nach Hamburg ausreisen. Sie sei damals nur "glücklich" gewesen, sagte sie "Im Gespräch". Allerdings sei sie damals nicht zum ersten Mal in den Westen gekommen. Allein habe sie schon vorher die Gelegenheit gehabt, mehrere Städte kennen zu lernen.
"Ich hatte mir vorgenommen, in die Städte zu fahren, die immer auf den Lippenstiften standen: Rom, London, Paris, New York und überall da war ich."
Immer wieder suchen die Protagonistinnen in den Romanen von Monika Maron nach dem gelingenden Leben. Die Liebe zu einem Mann erweist sich immer wieder als Enttäuschung, nicht so die Liebe zu Tieren. Auch in "Munin oder Chaos im Kopf" taucht eine kluge Krähe auf, der sie den Satz in den Schnabel legt: "Ihr Menschen seid für Frieden nicht begabt."