Schritte in eine bessere Welt

Von Verena Herb |
Wie die Welt verbessert werden kann, dafür liefert die Ausstellung "Updating Germany" Ideen. So sollen nicht nur technologische und städtebauliche Entwicklungen aufgezeigt werden, sondern andere Denk- und Herangehensweisen. "Updating Germany" war der deutsche Beitrag zur letztjährigen Architekturbiennale in Venedig und ist nun in Hamburg zu sehen.
Ton Matton: "Das ist das Technical Paradies."

Ein blauer Eimer, darin ein Apfelbaum. Ein grüner kleiner Apfel hängt einsam am Ast - im Baumstamm eingefügt ein Tropf. Darin: Wasser und Nährflüssigkeit.

"Die Frage ist, ist das dann das Paradies, wenn die Apfelbäume an Dünger und Tropf hängen... "

Der niederländische Künstler Ton Matton hilft bei den letzten Vorbereitungen. Seine Installation "Technical Paradise" ist eines der 100 Projekte, die die Ausstellung "Updating Germany" ab morgen im Kunstverein des Hamburger Stadtteils Harburg zeigt. "100 Projekte für eine bessere Welt" - so der Untertitel.

Matthias Böttger: "Als wir beauftragt wurden, wurde vielleicht angenommen, als junge Kuratoren könnten wir jetzt erklären, wie die bessere Welt aussieht. Aber da haben wir nicht dran geglaubt und selber gesagt, das können wir nicht. Wir können höchstens Ansätze zeigen, die in die bessere Zukunft zeigen. Die Updates auch vorhandener Systeme sind. Die weiterführen... die teilweise auch ganz neue Wege gehen... das muss man wahrscheinlich auch."

Und Matthias Böttger, einer der Kuratoren von "Updating Germany" hat mit seinem Partner Friedrich von Borries den Schritt in diese Richtung gemacht: Die Ausstellung zeigt 100 Projekte, die zu einer besseren Welt führen können. Böttger und von Borries - zusammen sind sie die Agentur "raumtaktik" - haben ihr Konzept im letzten Jahr nach Venedig gebracht: "Updating Germany" war der deutsche Beitrag zur 11. Internationalen Architekturausstellung der Biennale Venedig 2008. Jetzt heißt es also: Venezia goes Elbe.

Dabei interessiert, was über den neuesten Stand der Technik hinaus geht: neue Konzepte, Denkweisen, Strategien - für eine bessere Zukunft. Die Beiträge stammen nicht nur aus Architektur und Städtebau, sondern auch aus der Biotechnologie, den Medien, Transport und Verkehr.

Matthias Böttger: "Insgesamt geht es in der Ausstellung nicht um Einzellösungen, nicht die paar Updates werden jetzt unsere Welt retten. Und es geht auch nicht um die Technologien so stark dahinter, sondern eher: Welcher kultureller Wandel steht dahinter? Und das gilt im Grunde für alles, was wir tun müssen, dass es auch eine andere Herangehensweise erfordert. Ich glaube, dass das in allen diesen Updates deutlich wird."

Updates - wir kennen es aus der Computerwelt. Programme werden weiterentwickelt, soweit sinnvoll - verbessert. Doch manchmal schleichen sich Fehler ein, sagt Böttger und meint: Ein Update ist ein verzweigter Entwicklungspfad mit Sackgassen und Umwegen, der aber zu großen Veränderungen führen kann.

Die Ausstellung wird im Rahmen des Hamburger Architektursommers gezeigt. Zum sechsten Mal lädt die Hansestadt dazu ein und diesmal ist Hamburg selbst thematischer Schwerpunkt des Programms. Rege Bautätigkeit, städtebaulich ambitionierte Leitbilder und große Projekte wie der neue Stadtteil Hafencity stehen im Mittelpunkt. Aber auch und gerade die IBA, die internationale Bauausstellung, die 2013 auf der "anderen Seite der Elbe" stattfinden wird. Der "Sprung über die Elbe" - der Stadtraum verändert sich nachhaltig. Im Fokus dabei: Ein Gleichgewicht herzustellen - ökonomisch, ökologisch und sozial.

Matthias Böttger führt weiter durch den Ausstellungsraum. In einer Ecke ein 700 kg schwerer Gesteinsbrocken. Er repräsentiert den Energiebunker - eines der IBA-Projekte:

"Also der Energiebunker ist ein tolles Projekt. Aber er hat uns vor allem fasziniert, weil damals versucht wurde, ihn zu entfestigen. Er ist innen drin gesprengt worden. Dann sind eben so ein paar Steine abgefallen. Aber als Objekt ist er wahnsinnig nachhaltig. Er ist einfach stehengeblieben ..."

Und steht immer noch - der alte Flakbunker in Hamburg-Wilhelmsburg. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung soll er zu einem Symbol für ein Klimaschutzkonzept der Hansestadt werden: Das seit Kriegsende ungenutzte Monument soll mit einem Biomasse- Blockheizwerk, einem Wasserspeicher sowie einer Solarthermieanlage ausgestattet werden - und Warmwasser und Heizwärme für die Wohnungen im Stadtteil Wilhelmsburg liefern.

Matthias Böttger: "Bislang war es oft so, wenn solche markanten Objekte in der Stadt leer standen, hat man sie eigentlich für eine kulturelle Nachnutzung und hat dann da Musik gemacht oder Theater gespielt. Und hier jetzt wird dieses Volumen im Bunker nicht für eine kulturelle Nutzung, sondern für eine ökologische Nutzung wiederbenutzt ..."

Man muss sich im Saal des Harburger Kunstvereins an Bauzäunen mit weiteren Exponaten, Plakaten und Texten entlang bewegen, um zu blauen Metallfässern in der anderen Ecke zu gelangen.

"Glücklicherweise leer. Wir hätten natürlich lieber Fässer mit lauter Gift gehabt. Aber die Behörde für Umwelt, das Umweltamt - die konnten uns das nicht liefern. Das wäre verboten. Denn dann hätten wir gleich einen Gifttransport in den Bahnhof gehabt, das würde nicht funktionieren."

Die Giftfässer sind Symbol für ein weiteres Projekt - für eine bessere Zukunft. Auch das wird es ebenfalls bald in Hamburg geben. Ebenfalls errichtet im Rahmen der Internationalen Bauausstellung. Der Energieberg Georgswerder. Er hat, wie der Flakbunker in Wilhelmsburg, eine ähnlich tragische Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dort auf flachen Wiesen Trümmer und Haushaltsmüll aufgetürmt. Später kam giftiger Industriemüll dazu, wie Lacke und Farben in Fässern.

Matthias Böttger: "Das war ja auch in den 80er Jahren einer der ersten großen Giftmüllskandale in Deutschland. Und eben in Hamburg wurde dann aufwendig saniert. Ist aber bis heute nicht zugänglich als Berg, und soll deshalb im Rahmen der IBA noch mal aufgewertet werden, in dem dort mit dem Müll im Prinzip Energie erzeugt wird."

Hat man sich die einzelnen Exponate, die einzelnen Projekte angeschaut, kommt man zu dem Schluss: Ja - Architektur, Städteplanung, kleine und große Updates vorhandener Ideen, sie können uns in eine bessere Zukunft bringen. Wenn alles so funktioniert, wie die Planer es sich vorstellen. Und die Visionen Wirklichkeit werden.

Service:
Die Ausstellung "Updating Germany" ist im Rahmen des Hamburger Architektur Sommers 2009 im Kunstverein Harburger Bahnhof, Hannoversche Straße 85, in Hamburg-Harburg noch bis 6.September 2009 zu sehen.