Schröder und die Frauen

Von Jürgen Stratmann |
Es hat ein bisschen was von einer verqueren Beziehungskiste: Erst haben sie sich um ihn gerissen, um ihn zu bekommen, dann haben sie ihn jahrelang fast täglich gesehen und immer etwas auszusetzen gehabt. Und jetzt, wo er gesagt hat, das er das so nicht mehr möchte, fällt ihnen plötzlich ein, was sie eigentlich an ihm hatten. Plötzlich verfassen Feministinnen Liebeserklärungen, Ministerinnen ernennen ihn öffentlich zum Frauenkanzler: Schröder und die Frauen – eine seltsame Affäre.
Bis 1918 stritt man in Deutschland erbittert, ob es Sinn mache, auch Frauen über das Geschick der Nation mitentscheiden zu lassen, auch weil man befürchtete , dass sich das schwache Geschlecht eher von Erscheinung und Statur eines Amtsanwärters irritieren lassen würde, als das rationale Erwägungen die Wahl bestimmten – eine Sichtweise, die aufrichtige Feministinnen unserer Tage in gewisser Hinsicht durchaus für diskutabel zu halten scheinen. Man formuliert es heute nur anders. Bei der Publizistin Katharina Rutschky klingt das so:

Katharina Rutschky (Berliner Zeitung): " Frauen interessieren sich für Menschen mehr als für Technik und wollen sich deshalb persönlich und nicht zuletzt emotional nicht so zurücknehmen, wie es das andere Geschlecht tut ...oder doch zu tun immer noch behauptet. Ich bin keine Ausnahme und möchte meine Liebeserklärung für Gerhard Schröder deshalb als eine objektive Würdigung verstanden wissen, als eine gleichberechtigte Aufklärung - von weiblicher Seite. "

...denn wir wissen ja noch aus den Siebzigern:
Rutschky: " Das Persönliche ist politisch - der Politiker ein Mensch. "

Der Politiker - Ein Mensch? Der Politiker ist ...

Ausschnitt aus der Dokumentation "Schröder und die Frauen": "...ich find ihn süß, ...
... ich find´ihn charmant, er hat ´n strahlendet Lächeln, - ich find´ihn einfach heiß...
... cool, wenn er denn so bei der Hitze mit der Jacke über der Schulter, das fand ich lässig...
... ich hätt´ihn gern berührt... "

Szenen aus der Dokumentation "Schröder und die Frauen" - Die Filmemacherin Beate Middeke hat Gerhard Schröder 1998 mit ihrer Kamera während des Wahlkampfs begleitet und mit zahllosen Frauen über ihren Gerhard gesprochen. Dass ist zwar schon ein paar Jahre her, macht aber nichts, denn was des Kanzlers Umgang mit Frauen angehe, habe sich Schröder nicht sonderlich verändert ...

Middeke: " Nein, hat er nicht, gar nicht... "

Warum auch? wie man unter Frauen überlebt, hat Gerhardt Schröder früh erfahren,...

Schröder Köpf: "...er ist ja sozusagen umgeben von Frauen aufgewachsen,... "

...erklärt die Kanzlergattin...

"...´ne ältere Schwester, ´ne Großmutter die ziemlich tough war, würde man heute sagen, und dann ´ne Mutter, die immer gearbeitet hat. "
... unter solchen Umständen bekommt er ein intuitives Gefühl für die Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung. Gerhard Schröder weiß, das in Deutschland die Frauen in der Mehrheit sind, ihre Zahl übertrifft die der Männer um gut und gerne zwei Millionen – Und darum mobilisiert er alles, was ein liebend, -sprich weiblich - Herz im Leibe spürt, ...

Schröder: "...und nicht vergessen, Omma mitzunehmen, jedenfalls, wenn ´se SPD wählt... "

Was ist sein Geheimnis? Er, der nun gar öffentlich von Feministinnen umworben, sich mit Fug und Recht als GröFrakaZ, als größten Frauenkanzler aller Zeiten zu betrachten allen Anlass hat? Frau Middeke:

Middeke: " Ich hab´ keine Ahnung, warum Frauen den sexy finden, ich finde den nich sexy! vielleicht weil sie finden, das er ´n strahlendes Lächeln, dass er schöne blaue Augen hat…"

"...gucken sie in seine Augen, können diese Augen lügen? "

Wohl nicht, schon wegen Mutter...

Schröder: " Was soll ich meiner Mutter sagen, als sie mich angerufen hat, inner Bild am Sonntag gelesen hat, dass man jetzt nur noch alle fünf Jahre nach Mallorca darf. Da hat ´se mich angerufen und gesagt: Junge, ich hab´ dir schon viel nachgesehen in deinem Leben, aber wenn du das machst, kündige ich dir die Freundschaft... "

Mutter-Schröder: " Hab´ich nich gesacht, ne... "

Na gut, vielleicht nicht direkt, aber schon so was in der Art...

Mutter-Schröder: "Ich habe wohl gesagt, wenn der Sprit teurer wird, dann kann der Mittelstand und die Leute, die das Auto brauchen, den Sprit nicht mehr bezahlen, das hab´ ich wohl gesagt... "

Na also, und...

Umfrage: " … lügen wir nicht alle irgendwo mal, wenn wir berufsmäßig irgendwo... "

...irgendwo in der ersten Liga spielen? – und weiter spielen wollen? Manchmal muss ein Mann eben tun, was er tun muss … und als solcher hat er natürlich auch mit Feindseligkeiten zu kämpfen...

Middke: "Entweder lieben die Frauen ihn, oder sie hassen ihn, es gibt also nichts dazwischen. Es is für viele Frauen eben auch wichtig, dass er vier Ehen gehabt hat, und sich auch nicht gut aus Partnerschaften verabschieden kann, und das nehmen viele Frauen, auch gerade ältere Frauen nehmen ihm das auch übel... "

Umfrage: " .. .ich bin ´ne alte Frau, sie, aber der könnte mit Tausend-Mark-Schein beflastert sein, da möchte ich den noch nich als Mann haben. Die Weiber denken doch nur alle ans Geld, dat isset... "

"Jemand, der schon vier Frauen verschlissen hat, wie kann der sich für Frauenpolitik einsetzen? "

Für Frauen, Familie und Gedöns – aaach, - das macht er doch! - auf seine Art...

Schröder Köpf: ".. mein Mann is keiner, der sagt, jetzt hab ich zwei Männer, jetzt müssen wir zwei Frauen nehmen, keiner, der sagt, jede Quote muss jetzt 100-prozentig irgendwie eingehalten werden, sondern er ist da flexibler, aber in seinem Umfeld dominieren die starken, die gewandten, die guten Frauen... "

Starke, dominante, gute Frauen wie Heidemarie Wieczorek Zeul, Ulla – und Renate Schmidt, Edelgard Bulmahn, Brigitte Zypries und Christina Weiß, um das Ministerinnen-Kränzchen einmal aufzuzählen. Auch wenn deren Arbeitstreffen SPD-intern als Hexenfrühstück bezeichnet werden, sind sie sich doch der Wertschätzung des Höchsten gewiß, und so luden sie vergangenen Montag die Presse ein, um ihre volle Zufriedenheit mit des Kanzlers Weg zu verkünden.

Ulla Schmidt (aus der SZ): "Der Bundeskanzler hat mehr für Frauenförderung getan, als alle Regierungen vorher. "

Hieß es da, und...

"Er hat zwar nie gesagt, das er ein Feminist ist – oder sich gar zur Emanzipationsbewegung bekannt... "

...aber er hat sie machen lassen. Aber selbst, wenn dieser mediale Hexentanz die weibliche Wählerschaft der Republik nicht überzeugt und diese ihr Kreuzchen demnächst für eine Kanzlerin machen: nie ward so über einen Kanzler geschrieben:

Rutschky: "Schröder hat den Beruf des Politikers auf eine neue Art ansehnlich und attraktiv gemacht. er ist sogar sexy im Angesicht des Machtverlusts. "

Was soll man da noch sagen: wow!