Schülerradio an der Förderschule

Kinder zum Sprechen bringen

Ein Junge schreit in ein Mikrofon.
Einfach so drauflos reden, singen, schreiben - bei einem Schülerradio-Projekt in Rheinland-Pfalz sollen Kinder das angsfrei lernen. © Jason Rosewell/Unsplash
Von Anke Petermann |
Wie nimmt man Sprachförderschülern die Angst sich auszudrücken? Ein Radioprojekt für Grundschüler probiert in Rheinland-Pfalz neue Wege - und baut dabei auf das Engagement einer jungen Frau, die gerade ein "Freiwilliges Soziales Jahr digital" absolviert.
"Es sind 20 bis 25 Grad." - "Es ist sonnig."
Den Wetterbericht präsentieren Sechs- und Siebenjährige. Die Sprachförderschule am Rothenberg im Westerwald hat seit Kurzem ein eigenes Radioprogramm.
"Jetzt kommt ein kleines Rätsel. Hör gut zu."
Mit der Radio-AG für Kinder mit Sprachproblemen setzt Larissa Schneider eine eigene Idee in ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr. Die 20-Jährige wendet sich an die acht Erstklässlern. Die stehen mit Klassenlehrerin Kerstin Schlemper im Kreis.
"Was macht ihr denn immer als Allererstes?"
Schneider: "Lukas"
Lukas: "Die Kerze, zwanzig…"
Schlemper: "Zwanzig Kerzen sollen wir auspusten?!"

Lippengymnastik als Warm-up

Die Kinder halten sich die Finger wie Kerzen einzeln vor den Mund und pusten heftig. Atemübung vorm Moderieren.
Niklas: "Jetzt schmatzen."
Lippengymnastik - das Warm-up entwickelte die Freiwillige gemeinsam mit der Klassenlehrerin:
Schlemper: "Das hat ganz viele Sprachförderaspekte, um die Stimme warm zu machen, um mit der Lautstärke variieren zu können, um Betonungen zu üben."
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Viele der Erstklässler haben als kleine Reporter für ihr Schülerradio die Angst vor dem Sprechen überwunden.© Anke Petermann/Deutschlandradio

Ein Mikrofon für Kinderhände

Die Radio-AG der 1 c experimentiert mit ihrem neuen Digital-Mikrofon. Knallgelber Kunststoff, passendes Format für Kinderhände. Wie es funktioniert?
"Ich weiß es schon!"
Furkan hat es sich gemerkt, er drückt den richtigen Knopf.
"Rot."
Schneider: "Und dann müssen wir warten, bis der …"
Furkan: "… rot ist."
Schlemper: "Da wir sehr viele zurückhaltende Kinder haben, die sehr sprechängstlich sind, die negative Erfahrungen gemacht haben – und im Rahmen des Schulradios werden sie immer mutiger und stacheln sich gegenseitig an, denn jeder möchte dann mal eine Frage im Interview stellen oder einen Beitrag als Moderator leisten."

Das Programm wird per Lautsprecher ausgestrahlt

Ausgestrahlt werden die kurzen Sendungen der 1 c über die Lautsprecheranlage der Schule.
"Die Hemmschwelle war erst sehr hoch. Und dadurch, dass die Kinder selbst entscheiden durften: Welche Sätze und Beiträge von mir gehen auf Sendung – das hat die Kinder total ermutigt, mitzumachen und an ihrer Sprache, an ihren Schwierigkeiten und Baustellen, zu arbeiten. Und sie geben sich richtig viel Mühe, die Buchstaben auszusprechen, die Wörter und die Sätze genau zu sagen."
Nina: "Ich wünsche mir, dass Mama und mein Papa nie krank werden und dass es gutes Wetter wird."
Lukas: "Ich wünsche mir, dass ich mit meiner Mama und Papa auf einen Bauernhof ziehe."

An Neues herantasten durch das FSJ digital

Für ihre Radio-Idee bekam Larissa Schneider Unterstützung vom Kulturbüro Rheinland-Pfalz und Marten Gerdnun. Er koordiniert das FSJ digital und schaut ab und zu nach den Freiwilligen.
Gerdnun: "Was wir tun müssen dabei, ist, die ein bisschen zu bestärken. Die werden jetzt Projektchef von ihren eigenen Projekten, das klappt hervorragend."
Schneider: "Ich war ein paar Tage im Audio-Workshop, konnte für mich viel mitnehmen, für die Schule ein paar neue Ideen sammeln. Das FSJ hat einem ermöglicht, sich an etwas Neues ranzutasten. Also, diese Kombination zwischen ‚Ich tu was für mein Projekt, aber ich lerne auch neue Sachen' - das fand ich total cool an diesen fünf Tagen. Und das auszuprobieren zu dürfen, Fehler zu machen, daraus zu lernen – das war eine große Herausforderung, aber auch eine große Freude."

Bald können die Kinder auch Audios schneiden

- "Ich wünsche mir, dass wir endlich mal wieder in den Urlaub fliegen können. Im letzten Sommer mussten wir nämlich aussetzten, da hatte sich der Papa nämlich den Fuß verletzt." Das Mikro ist Aufnahmegerät und Speicher zugleich, mit Stick am unteren Ende.
Schlemper: "Und wofür brauchen wir dieses Teil? Wo können wir das hinstecken?"
Lukas: "In den Computer – kann die Frau Schneider das schneiden."
Die Aufnahmen am Laptop zu bearbeiten, übernimmt die FSJlerin: "Aber ich gehe davon aus, wenn man das mit denen drei, vier Monate macht, dass man mit denen das Schneiden locker ohne große Probleme hinbekommen kann."
Genau das plant Konrektorin Schlemper fürs kommende Schuljahr: "Larissa war so nett, im Rahmen einer Gesamt-Konferenz das Projekt und die Materialien, mit denen sie arbeitet, vorzustellen und so auch das ganze Kollegium fit zu machen."
Augel: "Und von daher wurde schon einstimmig beschlossen, dass das Schulradio zukünftig ein fester Bestandteil in unserem Konzept bleibt."

Auch der Schulleiter wurde interviewt

Schulleiter Hans-Peter Augel wirft einen Blick ins Klassenzimmer-Studio. Unlängst hat er sich den Fragen der Nachwuchsreporter Nina und Lukas gestellt.
Nina: "Warum der Schulleiter geworden ist."
Lukas: "Und wie schwer die Arbeit ist. Und dann hat er gesagt: 'Meine Arbeit ist gar nicht schwer'."
Digital produziertes Schülerradio eignet sich bestens zur Sprachförderung, hat Larissa Schneider erkannt. Das FSJ hat zudem ihre Entscheidung gefestigt, Förderpädagogik zu studieren.
Alle singen: "Du da im Radio, wie geht’s dir denn heut' Morgen ? Du da im Radio, wie war denn deine Nacht?"
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