"Ein zusätzliches Schuljahr können wir uns nicht leisten"
07:29 Minuten
Schulabschlüsse ohne Prüfung? Das ganze Schuljahr streichen? Davon hält der Ausbildungsbeauftragte der Hamburger Handelskammer, Fin Mohaupt, nichts: "Für uns wäre das eine Katastrophe." Er plädiert für so viel Normalität wie möglich.
Kein Schüler soll in diesem Jahr sitzenbleiben, fordert die Bildungsgewerkschaft GEW. Im Gespräch ist auch die Idee, den Schülern Abschlüsse ohne Prüfungen zu geben. Ist das ein guter Weg, mit dem für viele verkorksten Corona-Schuljahr umzugehen?
Nein, findet Fin Mohaupt, Leiter der Ausbildungsberatung der Handelskammer Hamburg. So wie man trotz Coronabeschränkungen dann doch nicht ganz darauf verzichtet habe, Weihnachten zu feiern, solle man auch versuchen, die Prüfungen für die Schüler irgendwie hinzubekommen: "Obwohl uns allen klar ist, dass das natürlich nicht so läuft wie in normalen Jahren."
Einen weiteren Vorschlag, nämlich das gesamte Schuljahr komplett zu streichen und so gewissermaßen alle Schüler sitzenbleiben zu lassen, lehnt der Ausbildungsbeauftragte der Hamburger Handelskammer ebenfalls ab.
"Für uns wäre das eine Katastrophe", betont er: Die Unternehmen seien auf junge Auszubildende angewiesen. "Das können wir uns gar nicht leisten, dass alle jetzt noch ein Jahr weiter zur Schule gehen."
Mit Lehrstellenangeboten halten sich die Unternehmen derzeit zwar noch zurück, räumt er ein. "Aber ich sage Ihnen: Mitte des Jahres, wenn es mit dem Impfen läuft, wird sich auch das eine oder andere Unternehmen noch ganz kurzfristig entscheiden, auszubilden, und dann werden die Leute wieder händeringend gesucht."
Größtes Problem: Keine Berufsorientierungsphase
Mohaupt warnt generell davor, den Faktor Corona im Hinblick auf die Schulleistungen überzubewerten: "Wir haben ja als Wirtschaft schon vielfach die eine oder andere Fertigkeit bemängelt, die unserer Meinung nach bei den Schulabgängern ein bisschen fehlt – ich nenne mal den Klassiker: Abitur wunderbar, aber Dreisatz funktioniert nicht."
Für viel problematischer an der aktuellen Situation hält er die weggefallene Berufsorientierungsphase im vergangenen Jahr, die dazu geführt hat, dass Jugendliche eher wahllos Ausbildungen angefangen hätten. Das müsse dieses Jahr besser werden, fordert Mohaupt.
"In Hamburg sind wir gerade mit der Stadt im Gespräch, dass wir das im März beginnen und dass wir das auch ein bisschen verpflichtender machen. Denn Angebote der IHKs, der Betriebe gab es. Sie sind nur nicht so richtig in Anspruch genommen worden. Da muss mehr Verbindlichkeit rein. Da müssen die Schulen auch mitziehen."
(uko)