Als die Bundesrepublik den Sex entdeckte
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Vor 50 Jahren kam der erste "Schulmädchen-Report" in die Kinos - ein Zuschauererfolg mit zwölf Fortsetzungen. Die Filme prägten die Wahrnehmung der Sexualität in der Bundesrepublik. Allerdings ist die Darstellung heute längst überholt.
Als 1970 der erste "Schulmädchen-Report" in die Kinos kam, lockte er sieben Millionen Zuschauer in Westdeutschland an. Bis heute ist es die erfolgreichste deutsche Kinoproduktion. In zehn Jahren folgten ein Dutzend Fortsetzungen.
Mit dem Untertitel "Was Eltern nicht für möglich halten" sollte der Film angeblich authentische Einblicke in das Liebes- und Sexualleben von Teenagern gewähren. Der Film basiert zumindest vordergründig auf dem gleichnamigen Buch von Günther Hunold, das ebenfalls Sexualaufklärung beanspruchte.
Der Film sei von Menschen aller Generationen gesehen worden, sagt der Filmwissenschaftler Christoph Draxtra.
Sexueller Missbrauch verharmlost
Trotz der Pionierhaftigkeit hatte der "Schulmädchen-Report" seinen Vorläufer: "Vier Jahre zuvor hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den Film 'Helga – Vom Werden des menschlichen Lebens' produziert, der maßgeblich von staatlicher Seite die Welle der Sexfilme angekurbelt hat", sagt Draxtra.
Aus heutiger Sicht vermittle der "Schulmädchen-Report" ein Bild vom bundesdeutschen Umgang mit Sex - und das sei ernüchternd: "Äußerst verklemmt, sehr stark verwurzelt in sexistischen Stereotypen von gestern", sagt der Filmwissenschaflter. Sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt würden verharmlost dargestellt.
Trotzdem seien durch die Filme jugendliche und weibliche Sexualität ins Zentrum der Aufmerksamkeit des Mainstreams gerückt worden. "Auch wenn die Filme nicht progressiv zu nennen sind, haben sie wahrscheinlich ihre Spuren im öffentlichen Diskurs hinterlassen", sagt Draxtra.
(leg)